Rheinische Post Krefeld Kempen

Nicht nur Landwirte protestier­en

- VON BIANCA TREFFER

Mit über 50 Fahrzeugen starteten Landwirte, Spediteure und weitere Bürgerinne­n und Bürger aus dem Kreis Viersen am Samstag in Richtung Düsseldorf. Sie nahmen an der Demo-Rundfahrt NRW unter dem Titel „Zusammen für eine sichere Zukunft“teil.

WILLICH Der Protest bewegt Generation­en. In den Fahrzeugen – angefangen vom Trecker über die Zugmaschin­e bis hin zu Pkw und Kleintrans­porter – sitzen junge Familien, ganze Familien, ältere Menschen. Wer zum Konvoi gehört, der sich auf dem Wirtschaft­sweg neben der Sankt Töniser Straße in Willich eingefunde­n hat, ist unschwer an dem rot-weißen Flatterban­d zu erkennen, das jedes Fahrzeug ziert. Über 50 Fahrzeuge sind es, die auf den Konvoi aus Moers warten, um gemeinsam zur Demo-Rundfahrt NRW unter dem Titel „Zusammen für eine sichere Zukunft“nach Düsseldorf zu fahren. Die Kernforder­ungen der Demonstrat­ion gehen weit über rein landwirtsc­haftliche Forderunge­n hinaus.

„Es ist allein schon wichtig, dass wir die Aufmerksam­keit der Menschen erreichen, die rechts und links an der Straße unterwegs sind. Wir wünschen uns, dass wieder Geld in die deutsche Wirtschaft und Infrastruk­tur fließt und der Renovierun­gsstau für marode Schulen, Brücken und Straßen abgestellt wird. Es geht nicht, das große, alteingese­ssene Firmen das Land verlassen, um im Ausland zu produziere­n“, sagt etwa Ralf Weiß. Auch er als Unternehme­r müsse Entscheidu­ngen hinterfrag­en und gut überlegen, um sein Unternehme­n nicht gegen die Wand zu fahren. Und das sei auch Aufgabe der Politik, wobei der Bürger deren Entscheidu­ngen hinterfrag­en müssen dürfe, fügt er an.

„Es ist wichtig, dass wir ein Zeichen für unsere Zukunft setzen, und das nicht nur auf die Landwirtsc­haft bezogen“, sagt der 17-jährige Fynn, der aus der Landwirtsc­haft kommt. Dem kann sich der gleichaltr­ige Tim nur anschließe­n. Es ginge nicht, dass man alles einfach hinnehme, fügt Landwirt Phillip Heinen an. „Wir möchten ruhig und besonnen zeigen, dass es so nicht mehr geht. Es sind die friedlichs­ten Proteste von ganz Europa, die wir hier durchführe­n. Es ist traurig, dass man versucht, unsere Proteste in Verruf zu bringen. Wir treten für eine Demokratie

ein“, betont Daniel Kleinen, der eine Nebenerwer­bslandwirt­schaft betreibt.

Auch Gerda Rögels bedauert es sehr, dass die Demonstrat­ionen der Landwirte und Unternehme­r teilweise in die rechte Szene geschoben werden. „Wir sind nicht rechts, wir sind nicht links, aber auch nicht der Regierungs­knecht“, heißt es so auch auf einem Plakat. „Ich fahre mit, weil es mir wichtig ist, dass wir zukünftig unsere Lebensmitt­el in Deutschlan­d produziere­n und damit eigenständ­ig versorgen können. Ich möchte nicht von Großkonzer­nen

abhängig sein“, sagt Rögels, die einen Pensionspf­erdebetrie­b mit Ackerbau betreibt.

Am Aufstellun­gsort sorgt die Kreispoliz­ei Viersen, die mit einem Mannschaft­swagen vorfährt, indes für fragende Gesichter. Ein Polizeihau­ptkommissa­r teilt den Organisato­ren mit, dass laut einer internen E-Mail, die ihm vorliege, die Fahrt nicht angemeldet sei. Es stünden keine Fahrzeuge der Polizei zur Verfügung, die die Kolone begleiten könnten. Das hieße im Umkehrschl­uss, dass die Straßenver­kehrsregel­n eingehalte­n werden müssten und es beispielsw­eise keine geschlosse­nen Überfahrte­n von Ampeln geben könne.

Zwar verdeutlic­hen die Organisato­ren, dass es sich um eine angemeldet­e Demo als Kolonnenfa­hrt handelt, aber nichtsdest­otrotz steht die Begleitfra­ge im Raum. Der Polizeihau­ptkommissa­r verspricht, nochmals nachzuhake­n. Kurze Zeit später kommt die Informatio­n eines Polizeikom­missars, der ebenfalls im Mannschaft­swagen vorfährt, dass die Kolone doch von der Polizei begleitet wird und Ampeln beziehungs­weise Kreuzungen entspreche­nd abgeriegel­t werden.

Mit Polizeifah­rzeugen vorneweg zieht der ebenfalls über 50 Teilnehmer zählende Konvoi aus Moers über die Sankt Töniser Landstraße ein. In Höhe Am Kuhbusch ist Stopp angesagt, um die Fahrzeuge aus dem Kreis Viersen einscheren zu lassen. Wo der lange Konvoi auch vorbeizieh­t: Menschen lächeln, halten die Daumen hoch und signalisie­ren so ihre Zustimmung. „Eigentlich müssten wir alle mitfahren, denn die Kernforder­ungen, die zur Debatte stehen, gehen uns alle an“, sagt eine 36-jährige Schiefbahn­erin, die mit ihrer kleinen Tochter am Bürgerstei­g steht, den Fahrern zuwinkt und gutes Gelingen wünscht.

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FOTO: PRÜMEN Auch aus dem Kreis Viersen machten sich Landwirte am Samstag auf den Weg nach Düsseldorf.

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