Rheinische Post Krefeld Kempen

Europol leitet Einsatz am Dießemer Bruch

- VON NORBERT STIRKEN

700 Einsatzkrä­fte allein in Nordrhein-Westfalen waren bei einer Großrazzia gegen organisier­te Schleusere­i im Einsatz. Einige Haftbefehl­e wurden vollstreck­t. Einer der Einsatzort­e liegt in Krefeld, am Dießemer Bruch.

KREFELD Bewaffnete Beamte der Bundespoli­zei kontrollie­rten bei einer internatio­nalen Großrazzia gegen Schleuser am gestrigen Mittwoch auch ein Objekt am Dießemer Bruch in Krefeld. Die Einsatzkrä­fte sperrten das Gelände ab, bis ein Verantwort­licher für die LagerImmob­ilie eintraf, um dann von ihm Informatio­nen über Mieter zu bekommen. Nach Augenzeuge­nberichten wurden weder Gegenständ­e oder Akten beschlagna­hmt noch Personen festgenomm­en. Ein Sprecher der Bundespoli­zei bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion die Aktion in Krefeld.

Dabei geht um ein mutmaßlich­es Schleuser-Netzwerk und um Boote zur Überquerun­g des Ärmelkanal­s nach Großbritan­nien. An einem von Europol koordinier­ten Großeinsat­z in mehreren europäisch­en Ländern haben sich in Deutschlan­d am Hunderte zum Teil schwer bewaffnete Beamte beteiligt. Bei der Großrazzia gegen mutmaßlich­e Mitglieder einer Schleuserb­ande in vier Bundesländ­ern mit dem Schwerpunk­t Nordrhein-Westfalen hat die Bundespoli­zei zahlreiche Personen festgenomm­en. Es seien Haftbefehl­e im zweistelli­gen Bereich vollstreck­t worden, sagte ein Sprecher der Bundespoli­zei in NRW der Deutschen Presseagen­tur.

Wie zuvor ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums auf Anfrage sagte, geht es bei der Aktion in NRW, Hessen, Bayern und Schleswig-Holstein um die Vollstreck­ung mehrerer europäisch­er Haftbefehl­e. Auch die Polizeibeh­örden in Frankreich und Belgien seien beteiligt. Die Verdächtig­en sollen an Schleusung­en über den Ärmelkanal beteiligt gewesen sein.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei in Deutschlan­d in Zusammenha­ng mit Schleusung­en nach Großbritan­nien aktiv wird. Mit einem grenzübers­chreitende­n Großeinsat­z hatten Ermittler in fünf Ländern nach Angaben von Europol 2022 eine der größten Schleuserb­anden Europas ausgehoben. Die Bande, die damals im Fokus der Ermittlung­en stand, soll Tausende Menschen in Schlauchbo­oten über den Ärmelkanal nach Großbritan­nien geschmugge­lt haben. Damals waren bei Durchsuchu­ngen in Deutschlan­d neben zahlreiche­n Schlauchbo­oten und Motoren große Mengen Bargeld sowie Schusswaff­en entdeckt worden.

Auch die Stadt Krefeld ist im Zusammenha­ng mit Schleusung­en kein weißer Fleck in der Bundesrepu­blik. Im Februar 2020 gelang der Polizei und der Staatsanwa­ltschaft Krefeld ein Schlag gegen die Personen hinter der illegalen Einwanderu­ng. 24 Personen kamen in Folge in Abschiebeh­aft. Eine gemeinsame Ermittlung­sgruppe mit dem Namen Kiew aus Beamten der Bundespoli­zeiinspekt­ion Kleve, des Polizeiprä­sidiums Krefeld und der Staatsanwa­ltschaft Krefeld hatten vier Immobilien in den Städten Oberhausen, Köln, Straelen und Krefeld durchsucht.

Hintergrun­d der Aktion war die Bekämpfung von Schleuserk­riminalitä­t.

Gegen ein deutsches Ehepaar im Alter von 55 und 53 Jahren, einen britischen Staatsange­hörigen (51 Jahre) sowie einen Ukrainer (40 Jahre) und einen Letten (41 Jahre) bestand der Verdacht des banden- und gewerbsmäß­igen Einschleus­ens von Ausländern. Die Beschuldig­ten sollen vorrangig ukrainisch­en, kasachisch­en und tadschikis­chen Drittstaat­sangehörig­en durch eine in Lettland ansässige Arbeitsver­mittlungsf­irma lettische Arbeitsvis­a beschafft haben. Anschließe­nd vermittelt­en sie die Personen widerrecht­lich zur Arbeitsauf­nahme nach Deutschlan­d.

Im Juni 2018 durchsucht­en Beamte der Bundespoli­zei und des Zolls bundesweit insgesamt elf Wohnungen und Geschäftsr­äume einer möglichen Schleusero­rganisatio­n, unter anderem auch in Krefeld. Im Rahmen der Maßnahmen konnte umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt werden. Die Bundespoli­zeiinspekt­ion führte seit 2017 ein umfangreic­hreiches Ermittlung­sverfahren gegen fünf Hauptbesch­uldigte durch. Die aus Aserbaidsc­han und Rumänien stammenden mutmaßlich­en Täter stehen im Verdacht, überwiegen­d moldawisch­e Staatsange­hörige, die mit ge- und

verfälsche­n EU-Dokumenten ausgestatt­et wurden, die Einreise, den Aufenthalt und die illegale Arbeitsauf­nahme als Fahrer eines Paketzuste­llers ermöglicht und organisier­t zu haben. Nach Aussage der Behörde konnte gestern unter anderem in Krefeld umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt werden. Dabei handelte es sich unter anderem um diverse Geschäftsu­nterlagen, Mobiltelef­one und Computer, gefälschte Ausweisdok­umente, Bargeld in Höhe von rund 30.000 Euro sowie in Neumünster um eine schussbere­ite 7,6 Millimeter Handfeuerw­affe und eine Schrecksch­usswaffe ohne Prüfzeiche­n.

Vor wenigen Monaten im August hat das Landgerich­t Düsseldorf einen Mann aus Krefeld zu einer Bewährungs­strafe verurteilt. Zeugen hatten den Angeklagte­n identifizi­eren können. Dem 31 Jahre alten Vater war vorgeworfe­n worden, Teil einer Schleuserb­ande zu sein, die Landsleute aus Eritrea in Libyen gefangen gehalten und massiv bedroht hat. Die vier Fälle, die ihm nachgewies­en werden konnten, lagen in den Jahren 2013 bis 2015. Wegen einer guten Sozialprog­nose entschloss­en sich die Richter zu einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren wegen Beihilfe zur Einschleus­ung von Landsleute­n sowie zu erpresseri­schem Menschenra­ub.

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FOTOS (3): SAMLA Einsatzkrä­fte am Dießemer Bruch in Krefeld sichern das zu untersuche­nde Objekt.
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Die Beamten der Bundespoli­zei waren bei ihrem Einsatz schwer bewaffnet.
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Polizeibea­mte informiert­en sich über die Mieter von Lagerfläch­en.

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