Rheinische Post Krefeld Kempen

Missstände in Flüchtling­sunterkunf­t?

- VON ULI RENTZSCH

Die Sitzung des Grefrather Sozialauss­chusses fand im Gemeinscha­ftsraum der neuen Flüchtling­sunterkunf­t am Reinerbach statt. In der Fragestund­e kam es zu einer Auseinande­rsetzung zwischen Bürgern und der Gemeindeve­rwaltung.

GREFRATH Es kommt nicht allzu oft vor, dass Grefrather Bürgerinne­n und Bürger ihr Recht nutzen, im Rahmen der Fragestund­e in den Ausschusss­itzungen ein Anliegen vorzutrage­n. Im jüngsten Ausschuss für Jugend, Soziales und Senioren, der dieses Mal in der neuen Flüchtling­sunterkunf­t am Reinersbac­h stattfand, kam es jedoch zu einer engagierte­n Auseinande­rsetzung zwischen zwei Bürgern und einer Bürgerin auf der einen und der Gemeindeve­rwaltung auf der anderen Seite. Thema: die von der Gemeinde angemietet­e Flüchtling­sunterkunf­t an der Lobberiche­r Straße, Ecke Am Nordkanal. Dort seien die Verhältnis­se, mit denen die Flüchtling­en klar kommen müssen, nicht mit den Mindeststa­ndards vereinbar, die das Bundesmini­sterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Juli 2023 veröffentl­icht hatte.

Die Bürger hatten noch unmittelba­r vor der Sitzung die Unterkunft besucht: keine festen Bodenflies­en in der Küche, kein ausreichen­des Geschirr für die Bewohner, ein Tisch und vier Stühle für 20 Bewohner, ein freistehen­der, wackliger Herd, auf dem vier heiße Gerichte zubereitet wurden, dort spielende Kinder, in der Küche kein warmes Wasser – um nur einige Missstände zu nennen. Man sei bereits mehrfach mit der Gemeinde ins Gespräch gekommen, geändert habe sich bislang nichts. Stephan Röttges, Fachbereic­hsleiter für Soziales, führte an, dass sich neben der Gemeinde auch weitere Einrichtun­gen und Verbände um die Geflüchtet­en kümmerten. Während einer Sitzungsun­terbrechun­g suchte Bürgermeis­ter Stefan Schumecker­s (CDU) das Gespräch, um einen Gesprächst­ermin

zu vereinbare­n. „Wir müssen im Interesse der Flüchtling­e unbedingt und kurzfristi­g nach Lösungen suchen“, sagte eine Anwohnerin.

Stand jetzt sei Integratio­n aufgrund der Umstände faktisch nicht möglich. Doch es sei immens wichtig, mit allen Beteiligte­n ständig zu kommunizie­ren, auch, um den geflüchtet­en Menschen ein menschenwü­rdiges Leben zu ermögliche­n.

Röttges nannte konkrete Zahlen: Stand 22. Februar lebten in Grefrath 400 geflüchtet­e Personen (zum 10. Oktober 2023 noch 365). Damit erfülle Grefrath die Quote zur Verteilsta­tistik zu rund 87 Prozent, 32 weitere geflüchtet­e Menschen müssten also bis zum 100-prozentige­n Soll noch aufgenomme­n werden. Die meisten Flüchtling­e kommen aktuell aus der Ukraine (142/Oktober 2023: 133), gefolgt von Syrien (92/80), Afghanista­n

(26/23) und der Türkei (25/22). 66 (58) Geflüchtet­e aus der Ukraine leben in Privatunte­rkünften. Insgesamt betrachtet sind von den Geflüchtet­en 164 (152) weiblich und 236 (213) männlich, 178 (147) sind Alleinsteh­ende, 46 (60) Paare, 48 (49) Alleinerzi­ehende, und 132 (109) besitzen den Status Familie.

Die Ausschussv­orsitzende Elisabeth Lehnen (CDU) unterbrach die Sitzung für eine kurze Zeit, um nerin und jede Bewohner kann so die gemeinscha­ftliche Eingangstü­r als auch die zur individuel­len Wohnung öffnen.

Abriss Mit dem Rückbau der alten Unterkunft am Reinersbac­h 13 und 15 werde erst in einigen Wochen begonnen, führte Bürgermeis­ter Stefan Schumecker­s aus.

den Ausschussm­itgliedern eine Besichtigu­ng der Räumlichke­iten in der neuen Unterkunft am Reinersbac­h zu ermögliche­n. Bürgermeis­ter Schumecker­s erklärte, man habe dem Thema Nachhaltig­keit besondere Beachtung geschenkt, was sich beispielsw­eise in der Holzbauwei­se zeige.

Im Erdgeschos­s befinden sich neben dem Gemeinscha­ftsraum drei Wohnungen und ein Raum für

Sozialarbe­it. Mit einem Einzugster­min der etwa 40 Personen werde in etwa acht Wochen gerechnet. Auf eine Gasheizung wurde verzichtet, stattdesse­n kommt eine Wärmepumpe zum Einsatz. Noch müssen einige Innenarbei­ten erledigt werden, die gärtnerisc­he Gestaltung rund um die Unterkunft soll ebenfalls bald erfolgen. Mit dem Konzept „Hilfe zur Selbsthilf­e“will die Gemeinde bei der Pflege der Unterkunft unterstütz­end anleiten, regelmäßig soll ein Hausmeiste­r vor Ort sein, ebenso das Kommunale Integratio­nszentrum. „So kann hier in der Unterkunft eine Gemeinscha­ft entstehen“, erklärte Röttges. Bürgermeis­ter Schumecker­s wies darauf hin, dass eine Prognose hinsichtli­ch der Flüchtling­szahlen unmöglich sei, da man keinerlei Handreichu­ng von Land oder Bund erhalte: „Gar nicht, noch weniger als nichts“, sagte Schumecker­s.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Wilde Diskussion­en gab es zwischen Verwaltung und Bürgern im Sozialauss­chuss in Grefrath. Dieser fand in den Räumen der neuen Flüchtling­sunterkunf­t am Reinersbac­h statt.

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