Rheinische Post Krefeld Kempen
Wirtschaft warnt vor maroder Infrastruktur
„Der Glaube, dass die Politik die Probleme lösen kann, geht immer mehr verloren“, sagt Jürgen Steinmetz.
KREFELD Die Stimmung in der Wirtschaft ist derzeit schlecht. Das belegt auch die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage. Überbordende Bürokratie, marode Infrastruktur, unsichere Energieversorgung, zunehmende Belastungen – dafür machen Unternehmer vor allem die Politik verantwortlich. Die Frage, wie die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen verbessert werden können, stand im Mittelpunkt eines Austauschs des Präsidiums der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein mit Bijan Djir-Sarai. Mit dem Generalsekretär der FDP diskutierten unter anderem IHK-Präsident Elmar te Neues sowie IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.
Djir-Sarai skizzierte zunächst die großen Herausforderungen der nächsten Zeit: Der russische Angriff auf die Ukraine habe eine neue
Realität geschaffen. „Die Sicherheit Deutschlands und Europas wird viel ernsthafter diskutiert als noch vor einigen Jahren“, meint der Generalsekretär. „In diesem Bereich sind große Investitionen notwendig. Und das ist nur möglich mit einer starken wirtschaftlichen Grundlage.“Gleiches gelte auch für die sozialen Sicherungssysteme. „Wir müssen die entscheidenden wirtschaftspolitischen Parameter verändern, um wieder gute Rahmenbedingungen für private Investitionen zu schaffen“, erklärt Djir-Sarai. Neben den Energiekosten sei die Höhe der Steuern ein gravierendes Problem. „Für die Betriebe und die Menschen sind die Belastungen hierzulande im internationalen Vergleich außerordentlich hoch.“
Mit Blick auf die Debatte um die Schuldenbremse bemerkte der FDP-Bundestagsabgeordnete: „Wir haben kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem.“Zwei Drittel der Bundesausgaben würden für den Sozialbereich verwendet. „Das kann auf Dauer nicht funktionieren“, so der Liberale. „Drei oder vier Jahre keine neuen Sozialleistungen zu beschließen, wäre schon ein großer
Erfolg.“Es gehe nicht darum, Bedürftigen die Unterstützung zu verwehren, aber etwa beim Bürgergeld gebe es Fehlentwicklungen, ergänzt der FDP-Politiker. „Arbeit muss sich lohnen.“
Der Generalsekretär prophezeite für den Sommer eine erneute öffentliche Debatte um das Thema Migration. „Ich kann den demokratischen Parteien nur raten, das Thema ernst zu nehmen“, sagt Djir-Sarai und ergänzte vor dem Hintergrund des gravierenden Fachkräftemangels: „Es ist nach wie vor in Deutschland wahnsinnig leicht, in die sozialen Sicherungssysteme einzuwandern, aber wahnsinnig schwer in den Arbeitsmarkt einzuwandern.“Für die Unternehmen seien die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen inzwischen ein Risikofaktor, so IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz: „Der Glaube, dass die Politik die Probleme lösen kann, geht immer mehr verloren.“