Rheinische Post Krefeld Kempen
Forum vocale begeistert mit Trauermusik
Mit einem einzigen Satz aus seinem Sterbelied hat Knut Nysted seinem Komponistenkollegen Johann Sebastian Bach ein musikalsiches Denkmal gesetzt. Es wra nicht das einzige tief bewegende Werk im Konzert in der Alten Kirche.
KREFELD Dass Kirchenmusik für viele Musikfreunde immer noch einen hohen Stellenwert besitzt, zeigt namentlich in der Fastenzeit das große Interesse an Konzerten wie dem am vergangenen Sonntag in der angenehmen Atmosphäre der St. Clemenskirche. Bereits beim ersten Vortrag des Chor- Solo- und Orgelkonzertes – der vermutlich für eine Begräbnisfeier komponierten Motette „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“(BWV 159-Anhang) - zeigte das aus 19 Sängerinnen und Sängern bestehende „Forum vocale Krefeld“seine vokalen und interpretatorischen Qualitäten.
Die ohne Ausnahme stimmlich vorgebildeten Vokalisten, die von der Mezzosopranistin Dorothee Wohlgemuth regelmäßig geschult werden, zeichnen sich bei aller klanglicher Homogenität durch beachtliche Eigenständigkeit aus. So war die Doppelchörigkeit dieses eingängigen, bezüglich seiner Urheberschaft nicht ganz geklärten Werkes an keiner Stelle ein Problem. Aus der Bach-Schemelli-Sammlung sang Erika Paetzholdt, Schülerin von Dorothee Wohlgemuth, mit glasklarem, intonationssicherem Sopran „Was bist du doch, o Seele, so betrübet“. Ihre Kollegin Lara van Offern hatte sich für ein Lied aus dem Notenbüchlein der Anna Magdalena Bach entschieden: „Gib dich zufrieden und sei stille“wusste die junge Sängerin gesammelt und mit feinem, sich bruchlos zur Tiefe hin öffnendem, samtigem Mezzo zu gestalten.
Friederike Braun steuerte aus Bachs „3. Teil der Clavierübungen“(BWV 669-671) mit „Kyrie, Gott Vater in Ewigkeit“, „Christe, aller Welt Trost“und „Kyrie, Gott heiliger Geist““willkommene Orgelzwischenspiele
bei. Die Willicher Kantorin rückte in diesen Choralbearbeitungen mit eindrucksvoller Registerwahl die Klangvielfalt der Martin-Scholz-Orgel ins beste Licht. Besonders markant das Soloregister im zweiten Choralvorspiel.
Mit Knut Nysteds „Immortal Bach = Der unsterbliche Bach“hatten Scholz und seine Vokalformation sich eine anspruchsvolle Aufgabe gestellt. Das 1988 entstandene Opus besteht ausschließlich aus der ersten Zeile des Sterbeliedes Johann Sebastian Bachs: „Komm, süßer Tod, komm, sel‘ge Ruh, komm‘, führe mich in Frieden“. Die Choristen an vier Stellen in der Kirche verteilt - sind angehalten, nur diese Zeile immer wieder, aber in individuellem Tempo, zu wiederholen. So entstehen eindrucksvolle Klangcluster, die in St. Clemens teils wie verhaltener Glockenklang anmuteten.
Das anspruchsvolle Hauptwerk der kirchenmusikalischen Stunde war die Motette „Jesu, meine Freude“(BWV 227). Die komplizierte und kräftezehrende Komposition gilt ebenfalls als Trauermusik. Bach hat sie vermutlich im Jahre 1723 zum ersten Mal in Leipzig aufgeführt. Die sechs Strophen des bekannten Kirchenliedes „Jesu meine Freude“nach einer Melodie von Johann Crüger wechseln ab mit Vertonungen
einiger Texte aus dem Römerbrief. Christoph Scholz, der unauffällig, aber suggestiv und sehr genau leitete, wählte belebte, bei einigen Sätzen allerdings etwas zu rasche Tempi. Namentlich bei solistisch besetzten Passagen („Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht“) erschien die Interpretation ein wenig atemlos. So waren manche musikalischen Wendungen für die Zuhörer leider kaum wahrzunehmen. Die Solistinnen sowie einige Damen und Herren aus dem Chor bewährten sich stimmschön und bewundernswert sicher in den zahlreichen solistischen Partien. Dadurch gewann die ausgedehnte Motette zusätzlich an Spannung und Frische. Besonderen Eindruck machten der füllige, doch immer durchsichtige Gesamtklang des Forums, die sorgfältige Artikulation und die makellose Diktion.
Friederike Braun begleitete mit brillanter Technik, stets mitatmend und auf den Punkt genau, an der wohlklingend-dezenten Truhenorgel. Das Publikum feierte zum Schluss alle Mitwirkenden.