Rheinische Post Krefeld Kempen
Keine Insolvenz und 35.000 Euro hinterlegt
Jahrelang war der KFC Uerdingen Leidtragender der Stadionproblematik. Jetzt könnte er zum Profiteur werden – vorausgesetzt, er meistert seine wirtschaftliche Situation und wird Vizemeister in der Fußball-Oberliga. Spieler und Fans wittern plötzlich doch noch eine Aufstiegschance.
Vier Jahre lang konnte der KFC Uerdingen seine Heimspiele nicht in Krefeld austragen, weil das Stadion Grotenburg nicht zur Verfügung stand. Der Verein musste Stadien in Duisburg, Düsseldorf, Lotte und Velbert anmieten, stieg von der Dritten Liga bis in die Oberliga ab und musst Insolvenz anmelden. Jetzt steht ihm die Grotenburg wieder zur Verfügung und plötzlich darf er sogar wieder vom Aufstieg träumen, weil der souveräne Tabellenführer Sportfreunde Baumberg möglicherweise keine Lizenz für die Regionalliga erhält (siehe unten stehenden Bericht). Laut der Statuten „geht das Aufstiegsrecht nacheinander auf die beiden nächstplatzierten Vereine/ Mannschaften über, soweit sie die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen“. Aktuell belegen Ratingen 04/19 und Uerdingen die Plätze zwei und drei, aber auch Schonnebeck und
Schwarz-Weiß Essen dürften sich noch Hoffnungen machen. Stellt sich die Frage, ob der KFC im Falle einer sportlichen Qualifikation, die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt. Das Stadion ist jetzt zweifellos Regionalliga-tauglich. Aber der klamme Verein? „Wir haben alle Unterlagen für das Verfahren beisammen“, sagt Vorstandsmitglied Sebastian Thißen. „Wir holen gerade nur die notwendigen Originalunterschriften ein und werden die Lizenz Ende der Woche beantragen. Die Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000 Euro haben wir beim Westdeutschen Fußballverband bereits hinterlegt.“
Das ist eine große Überraschung, aber auch ein deutliches Lebenszeichen. Schließlich schwebt seit Monaten das Damoklesschwert einer erneuten Insolvenz über dem Verein, dessen Verbindlichkeiten auf über eine Million Euro geschätzt werden. Aber auch in diesem Punkt sorgt Thißen auf Anfrage unserer Redaktion für Klarheit: „Die Spekulationen in den Internetforen sind völlig aus der Luft gegriffen und entsprechen nicht der Realität. Wir haben nicht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt und haben es auch nicht vor, sondern werden dies verhindern.“
Im Internet war es zu derartuigen Spekulationen gekommen, weil der Verein für Samstag die Mitglieder zu einer Informationsveranstaltung geladen hat. „Es herrschte in den vergangenen Wochen große Unsicherheit und Unruhe“, sagt Thißen. „Deshalb wollen wir informieren und aufklären.“Aber warum erfolgt das nicht auf einer ordentlichen Mitgliederversammlung? „Die wird einberufen, sobald wir einen Abschluss vom Steuerberater mit verlässlichen Zahlen haben.“
Übrigens, dass ein Meister nicht aufsteigt und die Zweit- oder Drittplatzierten davon profitieren, ist keine Seltenheit. Der vielleicht aufsehenerregendste Fall am Niederrhein ereignete sich in der Saison 2003/04, als Velbert Meister wurde, aber die Lizenz nicht beantragt hatte, woraufhin Fortuna Düsseldorf in die 3. Liga aufstieg. 2019/20 wurde der SV Rödinghausen RegionalligaMeister, verzichtete aber, wovon der SC Verl profitierte. Und im Sommer stieg der FC Wegberg-Beeck in die Regionalliga auf, weil der FC Hennef verzichtete.
So dürfen sich die Uerdinger plötzlich wieder Aufstiegshoffnungen machen, vorausgesetzt, sie meistern ihre wirtschaftliche Schieflage und werden Vizemeister.