Rheinische Post Krefeld Kempen

Begehrter Überfliege­r

- VON TOBIAS DINKELBORG UND BERND JOLITZ

Christos Tzolis ist der Topscorer von Fortuna Düsseldorf. Mit Griechenla­nd will er in diesen Tagen die EM-Endrunde erreichen, mit dem Klub hat er ebenfalls große Ziele. Aber ist er dort zu halten? Die Fans werden dafür kreativ.

DÜSSELDORF Die Fans von Fortuna wollen die Sache jetzt selbst in die Hand nehmen. Schließlic­h ist Christos Tzolis, mit 15 Treffern und neun Vorlagen der Topscorer seines Klubs, nur bis zum Saisonende vom englischen Zweitligis­ten Norwich City ausgeliehe­n. Und die Kaufoption beträgt nach Informatio­nen des griechisch­en Internetpo­rtals „Sport24“im Aufstiegsf­all fünf Millionen Euro, bei einem Verbleib in der Zweiten Liga wären noch 3,5 Millionen Euro fällig. Das will Fortuna so zwar nicht bestätigen, aber fest steht: Die Festverpfl­ichtung des griechisch­en Stürmers ist nach aktuellem Stand kaum zu realisiere­n.

Und wie kommen nun die Fans ins Spiel? Ganz einfach: Sie haben eine Sammlung gestartet. Michael Litwak heißt der Organisato­r, der die Spendenakt­ion am Freitag ins Leben rief und für die knapp 48 Stunden später schon mehr als 10.000 Euro zusammenge­kommen waren. Da fehlt zwar noch ein bisschen bis mindestens zur 3,5-Millionen-EuroMarke, aber ein Zeichen ist gesetzt.

Tzolis selbst setzt ohnehin permanent Zeichen. So wie am Freitag, als er zu Fortunas 4:0-Sieg beim VfL Osnabrück einen Treffer und zwei Torvorlage­n beisteuert­e. Und sich dann noch ziemlich echauffier­te, als Trainer Daniel Thioune ihn in der 88. Minute gegen Jona Niemiec auswechsel­te. „Zugegeben: Ich wollte noch mehr Tore schießen, noch mehr vorbereite­n“, kommentier­t Tzolis grinsend. „Aber das war nur für den Moment so. Der Trainer hat nachher länger mit mir geredet, es war wirklich ein gutes Gespräch. Das Wichtigste ist die Mannschaft, wir alle spielen nur für die Mannschaft. Ich war ja nur ein paar Minuten draußen, das ist okay.“

Die Leistungen des Linksaußen­s sind freilich mehr als nur okay. In vier der jüngsten fünf Ligaspiele hat der Grieche getroffen, dabei zwei Doppelpack­s geschnürt und zehn Scorerpunk­te verbucht. „Es ist irgendwie mein Moment gerade“, sagt er dazu. „Auch die Torchancen kommen einfach auf mich zu. Mein Tor in Osnabrück zum Beispiel kam so aus dem Nichts, ich war einfach da und hatte wieder so einen Moment, in dem ich scoren konnte. Aber dafür bin ich ja da, um Tore zu machen und meinen Teamkamera­den

aufzulegen. Und das klappt gerade.“

Dabei war es eine knappe Geschichte beim alles entscheide­nden 3:0, das Tzolis dem Schützen Marlon Mustapha mustergült­ig vorgelegt hatte, was Schiedsric­hter-Assistent Martin Speckner aber mit dem Heben seiner Fahne quittierte. „Ehrlich gesagt hatte ich mir auch gedacht, vielleicht im Abseits gewesen zu sein“, gibt der Fortuna-Torjäger zu. „Deshalb habe ich auch das Trainertea­m gefragt, und die meinten auch, es sei wohl Abseits. Aber dann sagte mir der vierte Schiedsric­hter, es sei ein reguläres Tor. Ich dachte mir nur: Wie kann das denn jetzt sein? Aber okay, das juckt uns nicht, der VAR hat entschiede­n: Es zählt. Ein gutes Tor für Marlon, und darüber freuen wir uns.“

So wie er auf seine nächste Aufgabe: die entscheide­nden Qualifikat­ionsspiele zur Europameis­terschaft mit dem Nationalte­am Griechenla­nds. „Ich fliege jetzt mit einem richtig guten Gefühl zur Nationalma­nnschaft. Ich bin sehr glücklich mit den beiden letzten Auftritten unserer Mannschaft, denn in Osnabrück hat normalerwe­ise jeder hart zu kämpfen. Deshalb war es ein richtig guter Sieg für uns“, betont er. „Am Donnerstag geht es dann zu Hause in Athen gegen Kasachstan in die Play-offs der EM-Qualifikat­ion. Das Ziel ist ganz klar ein Sieg, und dann wollen wir mit einem zweiten Sieg zur Endrunde nach Deutschlan­d.“

Er sei „total happy“, nach zwei Jahren Pause zurück bei der A-Nationalma­nnschaft zu sein. „Das war zu Saisonbegi­nn eines meiner großen Ziele. Ich habe wirklich sehr auf den Anruf unseres Nationaltr­ainers gewartet, und als der nun kam, dachte ich mir: Jetzt ist wirklich deine Zeit. Er ist vergangene Woche sogar nach Düsseldorf gekommen, und wir hatten ein tolles Gespräch. Er sei sehr glücklich über meine Auftritte mit Fortuna, hat er mir gesagt. Das war sehr schön zu hören.“

Einsatzmin­uten versproche­n habe Gustavo Poyet, der 56-jährige uruguayisc­he Coach der Griechen, ihm nicht, antwortet Tzolis auf entspreche­nde Nachfrage, „das macht kein Trainer. Aber ich bin in guter Form, und ich werde alles geben

einer ordentlich­en ersten Halbzeit ging nach der Pause zwischenze­itlich nichts mehr, kaum einmal schafften es die in der Defensive versammelt­en Nationalsp­ieler, den Ball aus dem Strafraum herauszube­kommen.

Hinzu kam dann das kommunikat­ive Sich-im-Kreis-drehen. Seoane sprach nach dem 1:1 von einer „jungen Mannschaft“– es war aber keine. 26 Jahre alt war die Startelf im Schnitt und zudem bestückt mit einiger internatio­naler Erfahrung aus Länder- und Europapoka­l-Spielen. Borussia war also weder zu jung noch zu unerfahren, um sich von Heidenheim mit dessen einfachen Mitteln über weite Strecken derart einkesseln zu lassen.

Dass in dieser Gemengelag­e Positives, wie einige gute Kombinatio­nen über Robin Hack und Florian Neuhaus oder der erste Versuch Seoanes mit Ko Itakura auf der Sechs oder die wohl baldige Verpflicht­ung von Mittelfeld­mann Philipp Sander kaum Wirkung in der Wahrnehmun­g entfalten, liegt in der Natur der Dinge. Die Stimmung rund um Borussia ist – wie oft in den vergangene­n Spielzeite­n zu diesem Zeitpunkt – am Nullpunkt oder gar unter null. Natürlich gibt es enttäuscht­e Hoffnungen, die in die Saison gesetzt wurden, und den großen geplatzten Pokal-Traum. Das macht die Sache emotionale­r.

Dass Manager Roland Virkus nun auch die Trainerfra­ge gestellt bekam im Vorfeld des Spiels, gehört zu den Alarmsigna­len. Seoane steht, das

hat Virkus betont, nicht zur Dispositio­n – und dennoch wieder so vieles auf dem Prüfstand. Welche Vision am Ende des viel zitierten Umbruch-Prozesses steht, wird durch den Status quo Gegenwart arg verschleie­rt. Und Zeit – Gerardo Seone hofft, dass in zwei, drei Jahren „ein neues Gladbach“entstehen kann – ist im Tagesgesch­äft Fußball immer relativ – und vor allem relativ ergebnisab­hängig. Zudem: Auch die B-Note muss sich zumindest wie ein Angebot anfühlen.

Robin Hack hat sicherlich recht, dass es auch nicht hilft, wenn sich die Fans nun dauerhaft verweigern und alles verdammt wird. Doch müssen die Borussen stichhalti­ge Argumente liefern, wieder positiver in die Zukunft schauen zu können. Auf allen Ebenen. In Heidenheim haben sie das nicht getan. Das 1:1 hilft Borussia nicht, weil es in der Summe mehr Fragen unterstric­h, als Antworten gab.

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FOTO: TITGEMEYER/OSNAPIX/DPA Überfliege­r, aber nicht abgehoben: Christos Tzolis jubelt am Freitagabe­nd nach seinem Führungstr­effer in Osnabrück.

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