Rheinische Post Krefeld Kempen
Ohne Urvertrauen geht es nicht
Die Stadt kann juristische Erfolge vermelden: bei der Beschwerde gegen den Oberbürgermeister und bei der Vermutung von CDU und FDP über Rechtswidrigkeiten bei der Ausschreibung für eine Veranstaltungshalle. Was das für das Klima im Rat bedeutet.
Zwei juristische Niederlagen: eine für Ratsmitglied Björna Althoff, die erst Stadtdirektor Markus Schön und dann Oberbürgermeister Frank Meyer Verstöße ihrer Dienstpflichten und sogar Lügen vorgeworfen hat; sodann eine für CDUund FDP-Fraktion, die Rechtsverstöße im Vergabeverfahren für die neue Veranstaltungshalle gewittert haben. Was weiß man, wenn man das weiß?
Man könnte zur Tagesordnung übergehen: Jedem steht der Rechtsweg offen; also beschreitet man ihn und holt sich eine Entscheidung. Doch wenn das zur Regel wird, muss man sich über Konsequenzen im Klaren sein. Ein solches Vorgehen richtet im Ganzen Verwüstungen an, die das politische Klima ebenso belasten wie sie grundsätzlich das Vertrauen in den Rechtsstaat untergraben können. Hört sich vielleicht akademisch an, doch hat diese Strategie der Verachtung des Rechtsstaates mittlerweile bei Rechts- wie Linkspopulisten auf allen politischen Ebenen eine fatale Wirkmächtigkeit erreicht. Deshalb lohnt es sich, einen Moment etwas grundsätzlicher über diese Krefelder Fälle nachzudenken.
Fatal am gesamten Prozess ist, dass Vorwürfe monate-, manchmal jahrelang im Raum stehen und politisch wirken, bevor sie juristisch entschieden werden. So untergraben sie still die Glaubwürdigkeit der öffentlich Angeklagten und nebenbei das Zutrauen in die Institutionen.
Betroffen sind dann allerdings nicht nur die Verwaltung oder die angegriffenen Personen, sondern am Ende auch der Rat selbst, denn auch er gerät unter den Verdacht, ein Gremium zu sein, in dem es nicht mit rechten Dingen zugeht. So befleckt jede Beschwerde auch den Kreis, aus dem sie erwächst.
Nun dürfen die Beobachtung und die Beurteilung des Geschehens im Rat nicht von Naivität geprägt sein. Gesundes Misstrauen in die Verwaltung und die Politik ist geboten, drohen doch beide allzuleicht in die Arroganz der Macht zu verfallen. Wenn es aber überhand nimmt, Entscheidungen, Prozesse und Personen mit Beschwerden zu überziehen, droht so etwas wie ein Urvertrauen in das kommunale Geschehen zu zerbröseln. Ohne dieses Urvertrauen aber funktioniert ein Gemeinwesen nicht. Und je mehr Beschwerden zum Mittel der politischen Auseinandersetzung werden, desto stumpfer wird dieses doch sehr wichtige Instrument.
Insofern tun Politiker gut daran, Beschwerden mit Augenmaß einzusetzen. Und es geht nicht nur um Politiker, sondern auch um Bürger im Konfliktmodus. Es gibt kaum ein Gutachten, das nicht öffentlich als Gefälligkeitsgutachten abgetan, als gefärbt und gekauft diffamiert wird. Auch diese oft mit leichter Hand hingeworfene, in Wahrheit aber schwerwiegende Anklage wirkt unterirdisch zerstörerisch auf jenes Urvertrauen, dass es Menschen gibt, die einfach das rechtlich, fachlich und handwerklich Richtige tun wollen.