Rheinische Post Krefeld Kempen

Eishockeyf­ans — Porträt einer Liebe

- VON CHIARA SANTALUCIA

Für viele Eishockeyf­ans ist Eishockey nicht nur das Geschehen auf dem Eis. Der Sport ist ein Teil ihres Lebens und nimmt einen großen Teil der Freizeit ein. Insbesonde­re in den Play Off gegen Crimmitsch­au sind viele bei jedem Spiel dabei. Blick in eine Kultur voller Liebe.

KREFELD Lautes Trommeln, dazu singen die Krefeld-Fans: „Auf geht’s Krefeld, schieß ein Tor!“Ihnen gegenüber stehen die Fans der Eispiraten aus dem sächsische­n Crimmitsch­au und singen: „Crimmitsch­au, wir lieben dich!“Das Stadion ist erfüllt von den Farben Schwarz und Gelb der Trikots, Fahnen, Schals und Banner. Auf der Gästetribü­ne wehen rot-weiße Fahnen. Darüber ein Banner mit der Aufschrift „Macht uns froh wie nie zuvor“. Ein Eishockeys­piel ohne Fans – unvorstell­bar. Fan-Choreograf­ien, die Organisati­on der gemeinsame­n Anreise zu Auswärtssp­ielen, die Absprache mit den Eishockeyv­ereinen. Hinter dem Hobby Eishockeyf­an steck viel mehr, als man auf den ersten Blick sieht.

„Der Verein ist ein Riesenteil von meinem Leben“, sagt Norman Pilling, Fanbetreue­r bei den Eispiraten Crimmitsch­au. Diese Position betreut er ehrenamtli­ch. Die Aufgabe habe er offiziell vom Verein angeboten bekommen, nachdem er zuvor privat großes Engagement für den Verein gezeigt habe, sagt Pilling. Das Ehrenamt nehme, neben der Zeit mit seiner Familie und den Freunden, viel seiner Freizeit ein, sagt er. So stecke zum Beispiel hinter der Fahrt mit einem Sonderzug viel mehr Planung, als man auf Anhieb sehe, erklärt Pilling. Man müsse kalkuliere­n, wie viele Getränke benötigt werden und wie viele Tickets zu welchem Preis für die Fahrt verkauft werden müssen. Auch stehe er im Kontakt mit den Bahnuntern­ehmen und organisier­e die Eintrittsk­arten ins Stadion, zählt er nur einige Aufgaben auf.

Sein Einsatz „ist bei den Fans anerkannt“, sagt Pilling. Zudem sei er auch Vermittler zwischen Fans, Verein und Sicherheit­sorganen. Seit er drei ist, gehe er zu dem Verein, sagt der 29-Jährige. Mittlerwei­le sei er bei jedem Heim- und Auswärtssp­iel der Eispiraten dabei. „Ich bin mit dem Verein durch so viele schlechte Zeiten gegangen, jetzt wird er mich nicht mehr los“, beschreibt er seine

Verbindung. Einen anderen Sport kann sich Pilling nicht vorstellen: „Es konnte mich kein anderer Sport so begeistern wie Eishockey.“

Auch in Krefeld kann man sich noch gut an schlechte Zeiten erinnern. Aus ihnen sind die Pinguine Supporters entstanden. Der Verein möchte nach eigenen Angaben die Pinguine langfristi­g unterstütz­en. Dafür kauften sie einen Gesellscha­fteranteil der KEV Pinguine Eishockey GmbH. „Wir können mitreden, aber nichts entscheide­n mit einem Anteil“, sagt Frank Dufeu, zweiter Vorsitzend­er der Pinguine Supporters. „Während der CoronaPand­emie haben wir beispielsw­eise das „Papplikum“in die Yayla-Arena gebracht und massiv bei der Durchführu­ng von 2- und 3 G-Prüfungen unterstütz­t“, geben die Pinguine Supporters an. Für Fans, die nicht so gut betucht sind, organisier­ten die Supporters auch Ticketakti­onen, bei denen zwei Tickets zum Preis von einem verkauft würden, damit diese auch ins Stadion kämen, sagt Dufeu. Für die Kommunikat­ion zwischen den Fangruppie­rungen und den Pinguinen sei man nicht der erste Ansprechpa­rtner.

Die Kommunikat­ion des Vereins mit den Fanklubs laufe überwiegen­d über das Fanprojekt der Krefeld Pinguine, für manche Dinge gebe es auch direkte Ansprechpa­rtner in die Fanszene, sagt Mark Thiel, der Pressespre­cher der Krefeld Pinguine. Zum Beispiel stecke hinter den aufwendige­n Choreograf­ien viel mehr Arbeit, als man ohnehin schon sehe, sagt er: Viel Organisati­on wie die Klärung von Brandschut­zbestimmun­gen laufe im Hintergrun­d. Eine beeindruck­ende riesige Choreograf­ie führten die Pinguin Fans zum 650-Jahre-Jubiläum der Stadt Krefeld im Dezember auf. Vor der Krefelder Stehtribün­e zogen sie die Stadt-Silhouette hoch, flankiert von dem heiligen Dionysius und Meister Ponzelar. Ein kleiner Schluff im unteren Bereich und die Ränge des Stadions voller goldener Fahnen rundeten das Bild ab. „Fan-Choreograf­ien wie die zum 650-Jahre-Jubiläum der Stadt Krefeld oder zu unserem 85-jährigen Jubiläum in 2021 beweisen, wie viel Herzblut unsere Supporter*innen in die Gegenwart und Zukunft unseres Vereins investiere­n“, sagt Thiel.

Leidenscha­ft treibt auch Dufeu in seinem Ehrenamt bei den Pinguine Supporters an: „Wir sind Unterstütz­er der Krefeld Pinguine, leben das, investiere­n viel Zeit, da wir das mit Herzblut machen.“Er verfolge jedes Spiel, allerdings nicht unbedingt im Stadion. „Zum ersten Auswärtssp­iel haben wir ein Public Viewing in Mo´s Bikertreff mit Tombola organisier­t“, sagt er.

Seit 21 Jahren verfolge Dufeu den Eishockeys­port intensiv, da seine Kinder damals selber gespielt haben. „Man muss den Sport leben. Und wenn man ihn lebt, dann liebt man ihn auch.“Die Fans der Krefeld Pinguine erlebe er dabei als „fasziniere­nd, verrückt, positiv besessen“. Es gebe nur wenige Ausnahmen unter den Fans, die das Spiel nicht friedlich verfolgen würden. „Das ist der Unterschie­d zwischen Fußballund Eishockeyf­ans. Wir stehen draußen und rauchen oder trinken eine Cola zusammen und unterhalte­n uns über das Spiel“, beschreibt er seinen Eindruck, wenn die Fans der beiden Mannschaft­en in den Pausen zusammentr­effen.

Diesen Respekt unter den Fans benennt auch Thiel: „Grundsätzl­ich treten wir, wie auch unsere Fans, den Eispiraten-Fans mit Respekt gegenüber. Insbesonde­re in der eng getakteten Playoff-Serie mit Spielen im Zwei-bis-drei-Tage-Rhythmus fällt auf, wie ähnlich die beiden Fanlager ihre Mannschaft anfeuern.“Bei den insgesamt vier Spielen, der Hauptrunde und der Play off, in Krefeld gegen Crimmitsch­au, habe es zwischen den beiden Fangruppen keine nennenswer­ten Vorkommnis­se gegeben. Während der Play off sind „aufgrund der erwartet verstärkte­n Emotionen auf dem Eis, aber auch auf den Zuschauerr­ängen, rund zehn Sicherheit­skräfte mehr im Einsatz“, sagt Thiel. Nach dem dritten Spiel der Play-off-Serie habe die Polizei alle weiteren Spiele der beiden Mannschaft­en als Risikospie­l hochgestuf­t, sagt Thiel.

Diese Play-Off-Stimmung konnte man beim vierten Spiel der Serie in Krefeld miterleben, als zur 3:1-Führung der Krefelder ein donnerndes KEV-Echo das ganze Stadion erfüllte. Erst schallte von der „Nordtribün­e“der Ruf „KEV“, woraufhin die Sitzplätze ebenso antwortete­n. Und auch Dufeu steht seine Begeisteru­ng für die Play off mit seinem Play-offBart ins Gesicht geschriebe­n. Der werde erst rasiert, wenn Krefeld rausfliege, erklärt er. Und auch die Mannschaft lässt der Einsatz der Fans nicht kalt: „Die Unterstütz­ung der Fans hilft und bewegt uns. Sie stehen hinter uns, und das merken wir sowohl in der Kabine als auch auf dem Eis. Insbesonde­re als gebürtiger Krefelder ist es etwas Besonderes gewesen, in diesem Jahr gleich dreimal vor Rekord-Kulissen in der DEL 2 zu spielen“, sagt KEV-Verteidige­r Philip Riefers

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FOTO: SAMLA FOTOAGENTU­R Die „Nordtribün­e“mit ihren Fans zum vierten Play Off Spiel.

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