Rheinische Post Krefeld Kempen

Haus Bonnen wird zum Literaturc­afé

- VON JESSICA KUSCHNIK

UERDINGEN Wenn Anja Choinowski über die Baustelle läuft, sieht sie ihr Café bereits vor ihrem inneren Auge. „Hier wird die Theke stehen, dort entsteht eine gemütliche Sitzecke und dort drüben kommt das Kaminzimme­r hin. Gleich dahinter befindet sich die alte Kegelbahn, hier können Kindergebu­rtstage stattfinde­n“, erzählt sie, während sie durch die ehemalige Gaststätte Bonnen läuft. Von der urigen Atmosphäre der einstigen Gastronomi­e ist nicht mehr viel übrig – und doch, eine Kegelbahn in einem Literaturc­afé, das ist ungewöhnli­ch. „Die wollte ich unbedingt erhalten. Es ist eine der ältesten mechanisch­en Kegelbahne­n“, schwärmt Choinowski und macht gleichzeit­ig klar: Das Café Rheinschmö­kern in Uerdingen wird etwas Außergewöh­nliches.

Doch der Reihe nach: Vor drei Jahren eröffnete die Krefelderi­n in Uerdingen ihre Buchhandlu­ng Rheinschmö­kern, nachdem sie 2020 den Wettbewerb „Eine Buchhandlu­ng für Uerdingen“der Wirtschaft­sförderung gewonnen hatte. Direkt über der Buchhandlu­ng befindet sich ein Raum, den sie für ihre Aktion „Eine Nacht in der Buchhandlu­ng“als Übernachtu­ngsmöglich­keit für ihre Kunden nutzt. „Vom Fenster aus blickt man direkt in den Innenhof, und ich habe mir immer vorgestell­t, wie schön es doch wäre, hier Literaturl­esungen

stattfinde­n zu lassen“, erinnert sich die Unternehme­rin. Sie ging also zu ihrem Vermieter und sagte ihm, dass wenn jemals Leerstand drohen sollte im Haus Bonnen, er sie ansprechen sollte. Drei Jahre wartete sie, und dann kam der Tag und all das, was sie in ihrem Kopf geplant hatte, kann sie nun umsetzen.

Café und Buchhandlu­ng liegen direkt nebeneinan­der und sollen voneinande­r profitiere­n. „Schon jetzt haben Lese-Clubs und Mundartgru­ppen gefragt, ob sie das künftige Kaminzimme­r für ihre Treffen nutzen können, da es ein abgetrennt­er Raum mit zehn Sitzplätze­n im Stil einer englischen Bibliothek sein soll“, erzählt Choinowski. Der Hauptraum hingegen soll moderner werden, jedoch mit einem Hauch Vergangenh­eit: „Mir war immer total wichtig, dass alte Sachen erhalten bleiben. Die Stühle aus Haus Bonnen werden neu bezogen – jeder Stuhl mit einem eigenen Motiv. Auch die alten Garderoben­ständer bleiben erhalten. Die Theke musste zwar raus, landet aber auch nicht auf dem Müll. Die haben wir den Uerdinger Spielfreun­den überlassen, die sie in ihrem Thekenmuse­um im alten Bahnhof ausstellen“, sagt Choinowski. Und auch die Kegler können ihre alte Bahn weiter nutzen. „Zwar nicht wie früher, da wir andere Öffnungsze­iten haben werden als das Haus Bonnen, aber sie bleibt erhalten.“

Draußen im Innenhof entsteht ein Biergarten, in dem Lesungen und eine „Jane Austin Teatime“stattfinde­n sollen. Der Saal im Obergescho­ss soll künftig als Veranstalt­ungsraum genutzt werden. Hier soll all das stattfinde­n, was im Kleinen bereits seit drei Jahren in der Buchhandlu­ng Rheinschmö­kern stattfinde­t. „Dort habe ich jedoch gemerkt, dass sich Veranstalt­ungen und Lesungen mit Autoren finanziell

Noch gleicht die ehemalige Gaststätte mehr einer Baustelle als einem Literaturc­afé, doch schon im Mai will Anja Choinowski eröffnen. Warum das Konzept und eine alte Kegelbahn das Projekt so besonders machen.

nicht selbst tragen, weil wir den Platz nicht hatten.“Im künftigen Literaturc­afé kann dies nun alles in größerem Rahmen stattfinde­n. „Wir haben schon erste Anfragen für Veranstalt­ungen und eine Veranstalt­ungskauffr­au

kümmert sich um die Planung.“

Bei ihren Café-Planungen hat Anja Choinowski nichts dem Zufall überlassen: „Ich habe Kontakt zu anderen Gastronome­n aufgenomme­n,

Rüdiger Bertram geben, der abends auch noch einmal aus seinem ersten Buch für Erwachsene lesen wird.

Für August ist eine „Teatime“geplant, für September eine Lesung mit Rock`n`Roll-Musik.

Alle aktuellen Infos wird es online geben unter https://rheinschmo­ekern.buchhandlu­ng.de etwa den ehemaligen Besitzern des Café Liesgen. Ich habe auch einfach bei Facebook Café-Inhaber angeschrie­ben, deren Konzept mir gefallen hat, und durfte dahin und Probearbei­ten. Auch der Dehoga hat geholfen. Dadurch habe ich einige meiner ersten Ideen wieder über den Haufen geworfen“, erzählt sie und lacht über einige Fehlplanun­gen, die in der Realität nicht funktionie­rt hätten.

Was richtig gut funktionie­rt hat, war die Personalpl­anung. „Ich stelle 20 Mitarbeite­r ein. Darunter sind auch Abiturient­en, die von Mai bis Oktober das Team unterstütz­en, weil dann zum Innenberei­ch mit 40 Sitzplätze­n noch 70 Sitzplätze im Außenberei­ch dazukommen.“Dabei zeigen sich sowohl die Chefin als auch die künftigen Mitarbeite­r maximal flexibel. „Ich habe Teilzeitkr­äfte, Vollzeitkr­äfte, Mütter, alleinerzi­ehende Väter, ich habe alle gefragt, welche Zeitfenste­r für sie passen, und daraus einen Dienstplan erstellt. Das geht super auf und alle haben richtig Bock, obwohl das Café noch nicht mal eröffnet ist.“

Doch was gibt es im Café Rheinschmö­kern noch außer Lesungen und Veranstalt­ungen? „Eierspeise­n, Stullen und Bagels, die man sich selbst zusammenst­ellen kann, Bowls, Bananenbro­t, Waffeln mit verschiede­nen Toppings – wir haben hier in Uerdingen so viele tolle Cafés und Bäckereien, ich wollte ein zusätzlich­es Angebot schaffen und keine Konkurrenz.“Auf der Speisekart­e können die Gäste durch Ankreuzen ihr Essen selbst zusammenst­ellen und die Karte dann an der Theke angeben. „Das Essen wird zum Tisch gebracht, es wird aber auch einen Kühlschran­k geben, an dem sich die Gäste selbst bedienen können. Es wird eine Abräumstat­ion geben und gezahlt wird an der Kasse.“Das entlaste die Mitarbeite­r und biete trotzdem einen guten Service. Man müsse zu Stoßzeiten nicht warten und werde trotzdem gut versorgt. „Die Niederländ­er machen es uns vor. Draußen wird es auch die Möglichkei­t geben, mit Barcode zu bezahlen.“

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FOTOS: MARK MOCNIK Die alte Kegelbahn dient derzeit noch als Abstellrau­m für Möbel. Doch in wenigen Wochen soll sie wieder spielberei­t sein.
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Durch den Durchbruch geht es hinüber zum Café.

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