Rheinische Post Krefeld Kempen
Haus Bonnen wird zum Literaturcafé
UERDINGEN Wenn Anja Choinowski über die Baustelle läuft, sieht sie ihr Café bereits vor ihrem inneren Auge. „Hier wird die Theke stehen, dort entsteht eine gemütliche Sitzecke und dort drüben kommt das Kaminzimmer hin. Gleich dahinter befindet sich die alte Kegelbahn, hier können Kindergeburtstage stattfinden“, erzählt sie, während sie durch die ehemalige Gaststätte Bonnen läuft. Von der urigen Atmosphäre der einstigen Gastronomie ist nicht mehr viel übrig – und doch, eine Kegelbahn in einem Literaturcafé, das ist ungewöhnlich. „Die wollte ich unbedingt erhalten. Es ist eine der ältesten mechanischen Kegelbahnen“, schwärmt Choinowski und macht gleichzeitig klar: Das Café Rheinschmökern in Uerdingen wird etwas Außergewöhnliches.
Doch der Reihe nach: Vor drei Jahren eröffnete die Krefelderin in Uerdingen ihre Buchhandlung Rheinschmökern, nachdem sie 2020 den Wettbewerb „Eine Buchhandlung für Uerdingen“der Wirtschaftsförderung gewonnen hatte. Direkt über der Buchhandlung befindet sich ein Raum, den sie für ihre Aktion „Eine Nacht in der Buchhandlung“als Übernachtungsmöglichkeit für ihre Kunden nutzt. „Vom Fenster aus blickt man direkt in den Innenhof, und ich habe mir immer vorgestellt, wie schön es doch wäre, hier Literaturlesungen
stattfinden zu lassen“, erinnert sich die Unternehmerin. Sie ging also zu ihrem Vermieter und sagte ihm, dass wenn jemals Leerstand drohen sollte im Haus Bonnen, er sie ansprechen sollte. Drei Jahre wartete sie, und dann kam der Tag und all das, was sie in ihrem Kopf geplant hatte, kann sie nun umsetzen.
Café und Buchhandlung liegen direkt nebeneinander und sollen voneinander profitieren. „Schon jetzt haben Lese-Clubs und Mundartgruppen gefragt, ob sie das künftige Kaminzimmer für ihre Treffen nutzen können, da es ein abgetrennter Raum mit zehn Sitzplätzen im Stil einer englischen Bibliothek sein soll“, erzählt Choinowski. Der Hauptraum hingegen soll moderner werden, jedoch mit einem Hauch Vergangenheit: „Mir war immer total wichtig, dass alte Sachen erhalten bleiben. Die Stühle aus Haus Bonnen werden neu bezogen – jeder Stuhl mit einem eigenen Motiv. Auch die alten Garderobenständer bleiben erhalten. Die Theke musste zwar raus, landet aber auch nicht auf dem Müll. Die haben wir den Uerdinger Spielfreunden überlassen, die sie in ihrem Thekenmuseum im alten Bahnhof ausstellen“, sagt Choinowski. Und auch die Kegler können ihre alte Bahn weiter nutzen. „Zwar nicht wie früher, da wir andere Öffnungszeiten haben werden als das Haus Bonnen, aber sie bleibt erhalten.“
Draußen im Innenhof entsteht ein Biergarten, in dem Lesungen und eine „Jane Austin Teatime“stattfinden sollen. Der Saal im Obergeschoss soll künftig als Veranstaltungsraum genutzt werden. Hier soll all das stattfinden, was im Kleinen bereits seit drei Jahren in der Buchhandlung Rheinschmökern stattfindet. „Dort habe ich jedoch gemerkt, dass sich Veranstaltungen und Lesungen mit Autoren finanziell
Noch gleicht die ehemalige Gaststätte mehr einer Baustelle als einem Literaturcafé, doch schon im Mai will Anja Choinowski eröffnen. Warum das Konzept und eine alte Kegelbahn das Projekt so besonders machen.
nicht selbst tragen, weil wir den Platz nicht hatten.“Im künftigen Literaturcafé kann dies nun alles in größerem Rahmen stattfinden. „Wir haben schon erste Anfragen für Veranstaltungen und eine Veranstaltungskauffrau
kümmert sich um die Planung.“
Bei ihren Café-Planungen hat Anja Choinowski nichts dem Zufall überlassen: „Ich habe Kontakt zu anderen Gastronomen aufgenommen,
Rüdiger Bertram geben, der abends auch noch einmal aus seinem ersten Buch für Erwachsene lesen wird.
Für August ist eine „Teatime“geplant, für September eine Lesung mit Rock`n`Roll-Musik.
Alle aktuellen Infos wird es online geben unter https://rheinschmoekern.buchhandlung.de etwa den ehemaligen Besitzern des Café Liesgen. Ich habe auch einfach bei Facebook Café-Inhaber angeschrieben, deren Konzept mir gefallen hat, und durfte dahin und Probearbeiten. Auch der Dehoga hat geholfen. Dadurch habe ich einige meiner ersten Ideen wieder über den Haufen geworfen“, erzählt sie und lacht über einige Fehlplanungen, die in der Realität nicht funktioniert hätten.
Was richtig gut funktioniert hat, war die Personalplanung. „Ich stelle 20 Mitarbeiter ein. Darunter sind auch Abiturienten, die von Mai bis Oktober das Team unterstützen, weil dann zum Innenbereich mit 40 Sitzplätzen noch 70 Sitzplätze im Außenbereich dazukommen.“Dabei zeigen sich sowohl die Chefin als auch die künftigen Mitarbeiter maximal flexibel. „Ich habe Teilzeitkräfte, Vollzeitkräfte, Mütter, alleinerziehende Väter, ich habe alle gefragt, welche Zeitfenster für sie passen, und daraus einen Dienstplan erstellt. Das geht super auf und alle haben richtig Bock, obwohl das Café noch nicht mal eröffnet ist.“
Doch was gibt es im Café Rheinschmökern noch außer Lesungen und Veranstaltungen? „Eierspeisen, Stullen und Bagels, die man sich selbst zusammenstellen kann, Bowls, Bananenbrot, Waffeln mit verschiedenen Toppings – wir haben hier in Uerdingen so viele tolle Cafés und Bäckereien, ich wollte ein zusätzliches Angebot schaffen und keine Konkurrenz.“Auf der Speisekarte können die Gäste durch Ankreuzen ihr Essen selbst zusammenstellen und die Karte dann an der Theke angeben. „Das Essen wird zum Tisch gebracht, es wird aber auch einen Kühlschrank geben, an dem sich die Gäste selbst bedienen können. Es wird eine Abräumstation geben und gezahlt wird an der Kasse.“Das entlaste die Mitarbeiter und biete trotzdem einen guten Service. Man müsse zu Stoßzeiten nicht warten und werde trotzdem gut versorgt. „Die Niederländer machen es uns vor. Draußen wird es auch die Möglichkeit geben, mit Barcode zu bezahlen.“