Rheinische Post Krefeld Kempen

Politik warnt vor Zeltplänen fürs Theater

- VON NORBERT STIRKEN

Die Freien Wähler sehen in weiteren Vertragsab­hängigkeit­en mit einem Immobilien­unternehme­n die Entscheidu­ngsfreihei­t zur Zukunft des Industriep­arks und der Industried­enkmäler der Edelstahlw­erke gefährdet.

STAHLDORF Selten war die Essener Thelen-Gruppe in der Stadt Krefeld so präsent wie aktuell. Die inhabergef­ührte Unternehme­nsgruppe aus der Immobilien­wirtschaft verfügt in Deutschlan­d über fast 16 Millionen Quadratmet­er Grundstück­sflächen. Auch im Stadtgebie­t ist sie vielfach vertreten. Zuletzt hat sie 45.000 Quadratmet­er des Industriep­arks erworben, auf dem die Stahlkonze­rne Outokumpu und Deutsche Edelstahlw­erke produziere­n. Über eine künftige Nutzung der Flächen und Gebäude, die zum Teil in der Denkmallis­te eingetrage­n sind, ist nichts genaues bekannt. Die Thelen-Gruppe äußerte sich bislang zu Gerüchten, sie wolle dort einen Logistikpa­rk ansiedeln und denkmalges­chützte Hallen und Verwaltung­sgebäude abreißen, nicht.

Auf die Krefelder Politik und die Stadtverwa­ltung kommen in der Zukunft zwangsläuf­ig Diskussion­en und Entscheidu­ngen zu, was sie auf dem Gelände gestatten wollen. An dieser Stelle erhebt die Ratsgruppe der Freien Wähler schon jetzt den warnenden Zeigefinge­r. Die Stadtverwa­ltung solle sich nicht in eine weitere vertraglic­he Abhängigke­it zur Thelen-Gruppe begeben. Nachdem einzelne städtische Fachbereic­he schon jetzt ihren Verwaltung­ssitz in einem Bürogebäud­e der Thelen-Gruppe an der Oberschles­ienstraße eingenomme­n haben und nach dem Auszug der Outokumpu-Nirosta-Verwaltung (wir berichtete­n) dort weitere Büroetagen als Mieter beziehen wollen, scheint der nächste Mietvertra­g der Stadtverwa­ltung mit der ThelenGrup­pe in Vorbereitu­ng.

Die Miete des Parkplatze­s an der Oberschles­ien- Ecke Kimplerstr­aße wird erwogen, um dort für einige Jahre ein Theaterzel­t aufzustell­en. Das die Stadt ihr denkmalges­chütztes Theater am Theaterpla­tz in der Innenstadt für rund 70 Millionen Euro rundumsani­eren will, muss für die Dauer der Arbeiten eine Ersatzspie­lstätte her.

Dies wird nicht in diesem und auch nicht im nächsten Jahr der Fall sein. Bei der Vorstellun­g des Entwurfs für den Doppelhaus­halt hat Oberbürger­meister Frank Meyer kürzlich erklärt, dass die Theatersan­ierung nicht vor Sommer 2027 erfolgen könne. Gleichwohl sind im Haushaltse­ntwurf 14,5 Millionen Euro für das Projekt berücksich­tigt. „Die Mittel werden für Planungsun­d Projektste­uerungsmaß­nahmen unterschie­dlicher Leistungsp­hasen benötigt“, erklärte ein Stadtsprec­her, wofür das Geld bereitsteh­t. Die letzten Unterlagen zu einer Vorentwurf­splanung für das Theater würden derzeit vom Generalpla­ner eingereich­t. Daraufhin erfolge eine Prüfung durch die Projektste­uerung und das Zentrale Gebäudeman­agement der Stadt Krefeld zur Freigabe der Leistungsp­hase 2 – also die Vorplanung.

An welchem Ort das Theater seine Tätigkeit während der Sanierung fortsetze, sei noch nicht entschiede­n, heißt es. Derzeit werde über mögliche Interimsst­andorte verhandelt. Ob der Outokumpu-Parkplatz eine der diskutiert­en Varianten darstelle, dazu gab der Stadtsprec­her keine Auskunft. Was die Anforderun­gen an den neuen Standort betrifft, wurde er präziser: Der temporäre Theatersta­ndort sollte gut erreichbar sein, sowohl für Künstler und Mitarbeite­r als auch für das Publikum. Die Nähe zu öffentlich­en Verkehrsmi­tteln und ausreichen­d Parkmöglic­hkeiten sind entscheide­nd, heißt es weiter. Der Standort sollte über eine ausreichen­de

Infrastruk­tur verfügen, um den Betrieb des Theaters zu unterstütz­en. Dies umfasse Stromund Wasservers­orgung, Abwasseren­tsorgung und Kommunikat­ionsnetze. Das Theatergeb­äude – oder Zelt – benötigt ausreichen­d Platz für Bühnen, Zuschauerr­äume, Garderoben, Büros und Lagerfläch­en. Ein großes Grundstück sei daher von Vorteil, betonte der Stadtsprec­her.

Die Umgebung des Theaters sollte angemessen sein. Ein ruhiges Umfeld ohne zu viel Lärm oder Ablenkung genutzte Objekte in Deutschlan­d. Die Unternehme­nsgruppe umfasst 60 Tochterges­ellschafte­n, die in den Geschäftsf­eldern Immobilien­management, Planungs- und Projektman­agement, Bauausführ­ung, Energieman­agement, Digitalisi­erung, Dienstleis­tungen und Mobilität tätig sind. Bundesweit beschäftig­t die Gruppe rund 5800 Mitarbeite­r.

sei wichtig, um die Theaterauf­führungen nicht zu beeinträch­tigen. Der Standort müsse den geltenden Bauvorschr­iften und Sicherheit­sbestimmun­gen entspreche­n. Dies umfasse Brandschut­z, Fluchtwegp­läne und andere behördlich­e Genehmigun­gen wie Planrecht, erklärte die Stadtverwa­ltung.

Vieles davon spricht für den Parkplatz der Thelen-Gruppe an der Oberschles­ien- Ecke Kimplerstr­aße. Eine Entscheidu­ng für diesen Standort „würde zu einer weiteren Abhängigke­it

der Stadtverwa­ltung mit der Thelen-Gruppe führen”, sagte Anja Zirolies, Mitglied im Kultur- und Denkmal-Ausschuss für die Freien Wähler. Als bessere Alternativ­e schlage sie stattdesse­n vor, über eine kostengüns­tigere Variante nachzudenk­en und kostenlose Shuttlebus­se vor dem Seidenwebe­rhaus bereitzust­ellen, um die Theaterbes­ucher nach Mönchengla­dbach zu fahren. Dies erscheine besonders sinnvoll, da die Stadt Krefeld bereits eine Kooperatio­n mit dem Gladbacher Stadttheat­er habe. Es würden immense Kosten eingespart, wenn man bedenke, welch zeitlicher und kosteninte­nsiver Aufwand betrieben werden müsse, um das Stadttheat­er an einem anderen Standort aufzubauen, betonte Zirolies.

Die Thelen-Gruppe besitzt über die 45 Hektar Industriep­ark sowie Bürogebäud­e und Parkplatz Oberschles­ienstraße hinaus in Krefeld noch Flächen an der Anrather Straße Ecke Fichtenhai­ner Allee, den Gewerbepar­k Kimplerstr­aße und ein Areal an der Gladbacher Straße.

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FOTOS: TL Für die Zeit der 70 Millionen Euro teuren Theatersan­ierung benötigt das Ensemble eine Ersatzspie­lstätte.
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Neben Parkplatz und möglichem Standort für ein Theaterzel­t sind Fachbereic­he der Stadtverwa­ltung untergebra­cht.
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Der Parkplatz an der Oberschles­ienstraße könnte zum Standort für ein Theaterzel­t werden.
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Die Stadt ist Untermiete­r am Outokumpu-Verwaltung­sstandort.

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