Rheinische Post Krefeld Kempen
Wilderei am Hinsbecker Bruch angezeigt
Eine Anzeige wegen Fischwilderei und Hausfriedensbruch haben sich Männer eingehandelt, die im geschützten Bereich am Hinsbecker Bruch geangelt haben.
HINSBECK Es ist weniger der Fischbestand im Hinsbecker Bruch, um den sich Ansgar Reichmann, Chef der Biologischen Station Krickenbecker Seen, Sorgen gemacht hat. Denn in genau definierten Bereichen des Sees ist Mitgliedern eines Nettetaler Angelvereins das Angeln durchaus erlaubt. Verboten ist es aber in dem Bereich, in dem am Abend des 8. Aprils zwei Männer angetroffen wurden, die ihre Angelruten ausgeworfen hatten. Denn sie hielten sich nach bisherigen Erkenntnissen ohne Angel-Lizenz in einem Naturschutzgebiet auf, das aus gutem Grund nicht betreten werden darf. Und es ist auch nur unter einigen Anstrengungen erreichbar – zumal, wenn man auch noch Angel-Equipment und Ausrüstung für einen mehrtägigen Aufenthalt im Freien dabei hat. In diesem Gebiet nisten in diesen Tagen
Fischadler – und Biologen und Naturschützer hoffen auf baldigen Nachwuchs bei den Vögeln. Es wäre der erste seit langer Zeit, der in Nordrhein-Westfalen schlüpft. Besuch von Anglern in der Nähe des Ortes ist daher zurzeit besonders beunruhigend für die Tiere. „Die Störung ist massiv“, sagt Ansgar Reichmann. Entsprechend sauer war der Biologe, als er von dem Angler-Duo erfuhr.
Für die beiden Männer dürfte das noch ein Nachspiel haben. „Wir können bestätigen, dass es am Montagabend, gegen 20.15 Uhr, einen Einsatz in Hinsbeck gab. Nach Zeugenhinweisen konnten zwei Männer (42, 36 beide aus Wegberg) angetroffen werden, die dort angelten. Gegen beide Männer fertigten unsere Kollegen eine Anzeige wegen Fischwilderei sowie Hausfriedensbruch“, teilte die Polizei auf Anfrage unserer Redaktion mit. Fischwilderei kann in Nordrhein-Westfalen nach Auskunft der Kreisverwaltung mit einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro geahndet werden.
Dass Angler ohne Lizenz auf dem See ihr Glück versuchen und von Booten aus wildern, sei in der Vergangenheit auch gelegentlich schon vorgekommen, sagt Reichmann. Allerdings wurde da nicht durch Eindringlinge der geschützte UferBereich, an dem jetzt der Fischadler nistet, so gestört. In Europa ist der Bestand bis in die 1970-er stark geschrumpft. Durch Bejagung, aber auch durch Gifte wie das Insektizid DDT, das in die Gewässer gelangte, aus denen sich die Tiere von Süßwasserfischen ernährten. Inzwischen haben sich die Bestände wieder etwas erholt. Aber mit – laut Naturschutzbund NABU – 700 bis 750 Brutpaaren, die vor allem in Ostdeutschland vorkommen, ist die Art zumindest in Deutschland immer noch selten und als gefährdet eingestuft.
Kein Wunder also, dass Naturschützer der Fischadler in Hinsbeck sehr am Herzen liegt. Schließlich wurde 2023 den Tieren mit einigem Aufwand dort eigens von Menschenhand ein Horst geschaffen, um sie für das Hinsbecker Bruch als Brutplatz zu erwärmen. Knapp 11.400 Euro kostete die Aktion, finanzielle Unterstützung dafür gab die Sparkassenstiftung. Der Horst-Bau war im ersten Jahr ein Teilerfolg: Die Vögel sahen sich den Horst im April vorigen Jahres auch an, schafften sogar Material dorthin – zu einer Brut kam es aber dann doch nicht. Die Naturschützer setzten ihre Hoffnungen auf das Frühjahr 2024.
Der Fischadler ist allerdings nicht die einzige Art, die Reichmann in diesem Uferbereich gestört sieht, wenn dort Menschen unbefugt eindringen. „Die ganze Ecke dort ist eine Ruhezone, die für viele Vogelarten wichtig ist. Dort halten sich zum Beispiel auch Blaukehlchen und der Schilfrohrsänger auf“, sagt der Biologe. Was an den Krickenbecker Seen und in den Naturschutzgebieten in der Region kreucht und fleucht, wissen die Mitarbeiter der Station ziemlich genau. Denn seit vielen Jahren zählen sie regelmäßig die Bestände der vorkommenden Arten. Zu wissen, wo und in welchem Umfang gefährdete Arten noch auftreten, gehört zum Basiswissen, das für ihren Schutz notwendig ist.