Rheinische Post Krefeld Kempen
EU-Wahl: Infoprogramm für Erstwähler
Acht Prozent der Wahlberechtigten zur Europawahl sind Erstwähler, in Deutschland dürfen erstmals auch die 16- und 17-Jährigen wählen. Die Stadt hat jetzt ein auf Jugendliche abgestimmtes Programm zur Information gestartet.
KREFELD Stadtdirektor Markus Schön hat ein flammendes Plädoyer für die Europäische Union gehalten und bezog sich auf das wohl meistdiskutierte politische TV-Ereignis der vergangenen Tage: das Duell zwischen dem thüringischen CDU-Politiker Mario Voigt und dem AfD-Politiker Björn Höcke. Es sei „gruselig“gewesen, was Höcke dort über die EU behauptet habe. „Wer die Europäische Union als ,Büroktratiemonster’ bezeichnet, hat nicht verstanden, dass die EU ein Friedensprojekt ist und ein Projekt der Freiheit, dem gerade die Deutschen auch ihren Wohlstand verdankten.“Es liege an uns allen, Europa gerade gegenüber jungen Leuten zu erklären, warum Europa als Friedens- und Wertegemeinschaft nicht selbstverständlich sei. „Dass wir heute mal eben nach Venlo ’rüberfahren können, ohne auf einen Grenzzaun zu stoßen, ist eine Errungenschaft der letzten Jahrzehnte – das dürfen wir uns nicht madigmachen lassen.“
Anlass für diese Liebeserklärung an Europa ist zum einen selbstredend die Europawahl am 9. Juni, zum anderen aber auch, dass in Deutschland eine durchaus wahlentscheidende Wählergruppe erstmals dabei ist: Die Zahl der Erstwähler in Deutschland liegt bei 5,1 Millionen. Erstmals dürfen die 16- und 17-Jährigen in Deutschland wählen; und zusammen mit den 18- bis 22-Jährigen, die ebenfalls erstmals zu EU-Wahl aufgerufen sind, ist diese Wählergruppe erheblich: Sie liegt bei acht Prozent aller Wähler.
Schön wies auf die Bedeutung der EU-Wahl hin: Sie sei die „zweitgrößte demokratische Wahl der Welt“, den Wählern nach ist nur noch die Wahl in Indien größer. Gerade mit Blick auf politische Kräfte, die Stimmung machen gegen die EU, ist es Schön wichtig, die jungen Leute über die Bedeutung der EU zu informieren. Die Stadt hat dazu jetzt ein Bildungspaket gestartet, das an Schulen und in Jugendeinrichtungen läuft. Die Federführung liegt bei Mathias Hoeps, Sachgebietsleiter Kinder- und Jugendarbeit; inhaltlich und konzeptionell hat Lara
Oberdieck, Fachkraft für politische Bildung und Jugendbeteiligung, das Paket erarbeitet. Wichtig: Die Stadt sammelt auf einer Internetseite auch die Angebote anderer Einrichtungen und Verbände zur Europawahl. Ziel ist es, möglichste viele junge Leute bis zum Wahltermin zu erreichen.
Beispiel Basis-Informationen über die EU in fünf Stationen: Die Stationen lauten „Organe der EU“, „Gefährdung der Demokratie“(durch Fake News, also Falschnachrichten zum Beispiel), “Was juckt mich die EU“(in dieser Einheit geht es um Lebensbereiche, die von der EU beeinflusst werden), „Wer steht zur Wahl“(mit der Vorstellung der sechs im EU-Parlament vertretenen Parteien
CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke und AfD). Schlusspunkt bildet ein unterhaltsames Quiz zu Europa.
Es gibt eine zweieinhalbtägige Politische Reise nach Brüssel zu den EU-Institutionen (sie ist ausgebucht; ausgewählt wurden Jugendliche aus Familien, die sich eine solche Reise nicht unbedingt leisten können), es gibt mehrere Podiumsdiskussionen (in der Kulturfabrik und im Südbahnhof ), es gibt ein „Speed-Debating im K3 -City oder einen lockeren Grillabend mit Politikern. EU-Politiker werden wohl nicht präsent sein, aber Krefelder Politiker aus den Parteien, die den jungen Leuten Rede und Antwort stehen.
Wichtig ist Oberdieck: Die Online-Plattform der Stadt „wwwjungeskrefeld.de/events“
versammelt die städtischen Angebote, aber auch die nicht-städitischen aus allen möglichen Verbänden; so soll diese Adresse immer über alle Info-Termine zur Europawahl informieren. Als Einübung in die echte Wahl ist auch die U16-Wahl an Schulen und Jugendeinrichtungen ins Programm eingebunden.
Die Jugend sei nach ihren Erfahrungen nicht europaskeptisch, betont Oberdieck. Sie stellt nur fest, dass es bei den jungen Wählern schlicht wenig Informationen über Europa gebe; das Thema sei abstrakt und weit weg. Eben deshalb könnten Anti-EU-Populisten Erfolg haben. Das Bildungsprogramm Krefelds ist ein Mittel dagegen.