Rheinische Post Krefeld Kempen
Aufstand in der JU gegen den Vorsitzenden
Es ist der zweite Machtkampf im christdemokratischen Kosmos von Krefeld: Nicht nur in der CDU, auch in der Jugendorganisation Junge Union rumort es. Jetzt haben Mitglieder zum schärfsten Schwert gegriffen, das die Satzung hergibt.
KREFELD Nicht nur in der Mutterpartei, auch in der Jugendorganisation der Christdemokraten in Krefeld hat die Führung ein Problem: Eine Reihe von Mitgliedern der Jungen Union strebt ein Misstrauensvotum gegen den JU-Vorsitzenden Marc Julia van Oirschot an. „Als Mitglieder der Jungen Union sind wir verpflichtet, die Integrität und Effektivität unserer Organisation zu wahren“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. In vier Punkten wird dann ausführlich begründet, warum die Unterzeichner dem amtierenden Vorsitzenden diese Effektivität nicht mehr zutrauen. Van Oirschot greift den Fehdehandschuh auf: „Ich trete von dem Amt nicht zurück“, sagte er auf Anfrage. Das Schreiben ist von 13 Personen unterschrieben.
Seine Kritiker werfen ihm zum einen fehlende Führung vor. Er habe mehrere strategische Möglichkeiten verpasst, neue Mitglieder zu gewinnen, was zu Stagnation und einem Rückgang der Mitgliederaktivität geführt habe. „Schlechte Diskussionsführung und fehlende Sitzungsleitung hätten die Mitgliedergewinnung unmöglich gemacht. Van Oirschot wird auch eine „schlechte Außenwirkung“bei Veranstaltungen oder in den Sozialen Medien angekreidet, die der JU und der CDU schadeten.
Unter Punkt drei ist von „fehlendem Kurs und Rückhalt“die Rede: „Der Vorsitzende bringt keine Ideen ein, um die Junge Union voranzubringen“, heißt es. Ihm fehle der Rückhalt in der Basis und im Vorstand.
Im letzten Punkt geht es um den Mangel an Transparenz. So soll van Oirschot berichtet haben, ihm seien in Mails Klagen vorgetragen worden, es gebe „Probleme bezüglich Sexismus und Diversität“in der JU; er habe jedoch trotz wiederholter Nachfragen nie eine solche Mail vorgelegt, auch als es zu einer Sondersitzung des Vorstands wegen des Themas gekommen sei. Van Oirschot habe die Mails vielmehr „mit fadenscheinigen Argumenten zurückgehalten“.
Van Oirschot weist die Vorwürfe
zurück. Seit er den Vorsitz vor einem Jahr in der schwierigen Nach-Corona-Zeit übernommen habe, habe sich der Kreis der Aktiven fast verdoppelt. Probleme mit der Mitgliedergewinnung habe die Union überall am Niederrhein und auf NRW-Landesebene; die Verluste bei der JU Krefeld seien geringer als bei anderen JU-Verbänden im Land, machte er geltend.
Was die Mail mit den Klagen über Sexismus angehe, habe er sie aus Datenschutzgründen nicht veröffentlicht; eine Person habe nicht die Zustimmung zur Veröffentlichung gegeben. Daher habe er nur die Inhalte, aber keine Namen transportiert; er habe sich darüber beim Justiziar der Landes-JU von NRW rückversichert; der habe ihn in seinem Verhalten gestützt. Van Oirschot betonte auch, dass er in dem Jahr, in dem er Vorsitzender sei, eine Kultur der Offenheit für jeden Vorschlag befördert und alle JU-Mitglieder eingeladen habe, neue Vorschläge in die gemeinsame
Arbeit mit einzubringen. Unterm Strich macht er den Eindruck, dass er die Wucht der Kritik nicht nachvollziehen kann. So gehe es in der Politik eben manchmal zu“, sagte er, so etwas müsse man auch mal durchstehen.
Wie geht es weiter? Zunächst wird Ende der Woche die Zulässigkeit des Misstrauensvotums bei einer Kreisvorstandssitzung geprüft. Wie Georg Alfes, Kreisgeschäftsführer der CDU, auf Anfrage erläutert, muss entschieden werden, ob die 13 Unterschriften reichen. Ein Misstrauensvotum muss von 20 Prozent der Mitglieder unterstützt werden; die JU hat zwar rund 140 Mitglieder, doch sind viele im Verzug mit den Mitgliederbeiträgen. Daraus resultiert die Frage, ob nur die zahlenden oder auch die nicht zahlenden Mitglieder für die 20-Prozent-Regel angerechnet werden. Die 13 Unterschriften reichen nur für den ersten Fall, wenn also die zahlenden Mitglieder als 100 Prozent gelten. Alfes vermutet, dass doch die Zahl der
Mitglieder unabhängig vom Stand der Beitragszahlungen zählt, ist sich aber nicht sicher. „Wenn sich das nicht klären lässt, wird man die Sache an den Landesvorstand weiterleiten“, sagt er.
Wird das Misstrauensvotum anerkannt, muss eine außerordentliche Kreismitgliederversammlung einberufen werden. Dort kommt es zur Aussprache und dann zur Abstimmung, ob dem Misstrauensantrag stattgegeben wird. Kommt es dazu, gibt es eine Vorsitzendenwahl. In diesem Fall läuft es dann auf eine Kampfabstimmung hinaus.
Das bedeutet auch, dass es zwingend einen Gegenkandidaten gegen van Oirschot geben muss. Van Oirschot sagte dazu, er habe gerüchteweise einen Namen gehört, wolle aber keinen Gerüchten Vorschub leisten, und schwieg. Auch aus der JU verlautete, dass man noch keine Namen offiziell nennen wolle; da man ja noch nicht wisse, wo die Reise hingehe.
Van Oirschot folgte in der JU auf Ole Lueg, der aus beruflichen Gründen aufgehört hatte und von Oirschot als Nachfolger ins Gespräch gebracht habe, wie von Oirschot berichtete. Für Krefeld wollte der JU-Chef die Themen Innere Sicherheit, Wirtschaft und Lebensqualität voranbringen.