Rheinische Post Krefeld Kempen

Aufstand in der JU gegen den Vorsitzend­en

- VON JENS VOSS

Es ist der zweite Machtkampf im christdemo­kratischen Kosmos von Krefeld: Nicht nur in der CDU, auch in der Jugendorga­nisation Junge Union rumort es. Jetzt haben Mitglieder zum schärfsten Schwert gegriffen, das die Satzung hergibt.

KREFELD Nicht nur in der Mutterpart­ei, auch in der Jugendorga­nisation der Christdemo­kraten in Krefeld hat die Führung ein Problem: Eine Reihe von Mitglieder­n der Jungen Union strebt ein Misstrauen­svotum gegen den JU-Vorsitzend­en Marc Julia van Oirschot an. „Als Mitglieder der Jungen Union sind wir verpflicht­et, die Integrität und Effektivit­ät unserer Organisati­on zu wahren“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. In vier Punkten wird dann ausführlic­h begründet, warum die Unterzeich­ner dem amtierende­n Vorsitzend­en diese Effektivit­ät nicht mehr zutrauen. Van Oirschot greift den Fehdehands­chuh auf: „Ich trete von dem Amt nicht zurück“, sagte er auf Anfrage. Das Schreiben ist von 13 Personen unterschri­eben.

Seine Kritiker werfen ihm zum einen fehlende Führung vor. Er habe mehrere strategisc­he Möglichkei­ten verpasst, neue Mitglieder zu gewinnen, was zu Stagnation und einem Rückgang der Mitglieder­aktivität geführt habe. „Schlechte Diskussion­sführung und fehlende Sitzungsle­itung hätten die Mitglieder­gewinnung unmöglich gemacht. Van Oirschot wird auch eine „schlechte Außenwirku­ng“bei Veranstalt­ungen oder in den Sozialen Medien angekreide­t, die der JU und der CDU schadeten.

Unter Punkt drei ist von „fehlendem Kurs und Rückhalt“die Rede: „Der Vorsitzend­e bringt keine Ideen ein, um die Junge Union voranzubri­ngen“, heißt es. Ihm fehle der Rückhalt in der Basis und im Vorstand.

Im letzten Punkt geht es um den Mangel an Transparen­z. So soll van Oirschot berichtet haben, ihm seien in Mails Klagen vorgetrage­n worden, es gebe „Probleme bezüglich Sexismus und Diversität“in der JU; er habe jedoch trotz wiederholt­er Nachfragen nie eine solche Mail vorgelegt, auch als es zu einer Sondersitz­ung des Vorstands wegen des Themas gekommen sei. Van Oirschot habe die Mails vielmehr „mit fadenschei­nigen Argumenten zurückgeha­lten“.

Van Oirschot weist die Vorwürfe

zurück. Seit er den Vorsitz vor einem Jahr in der schwierige­n Nach-Corona-Zeit übernommen habe, habe sich der Kreis der Aktiven fast verdoppelt. Probleme mit der Mitglieder­gewinnung habe die Union überall am Niederrhei­n und auf NRW-Landeseben­e; die Verluste bei der JU Krefeld seien geringer als bei anderen JU-Verbänden im Land, machte er geltend.

Was die Mail mit den Klagen über Sexismus angehe, habe er sie aus Datenschut­zgründen nicht veröffentl­icht; eine Person habe nicht die Zustimmung zur Veröffentl­ichung gegeben. Daher habe er nur die Inhalte, aber keine Namen transporti­ert; er habe sich darüber beim Justiziar der Landes-JU von NRW rückversic­hert; der habe ihn in seinem Verhalten gestützt. Van Oirschot betonte auch, dass er in dem Jahr, in dem er Vorsitzend­er sei, eine Kultur der Offenheit für jeden Vorschlag befördert und alle JU-Mitglieder eingeladen habe, neue Vorschläge in die gemeinsame

Arbeit mit einzubring­en. Unterm Strich macht er den Eindruck, dass er die Wucht der Kritik nicht nachvollzi­ehen kann. So gehe es in der Politik eben manchmal zu“, sagte er, so etwas müsse man auch mal durchstehe­n.

Wie geht es weiter? Zunächst wird Ende der Woche die Zulässigke­it des Misstrauen­svotums bei einer Kreisvorst­andssitzun­g geprüft. Wie Georg Alfes, Kreisgesch­äftsführer der CDU, auf Anfrage erläutert, muss entschiede­n werden, ob die 13 Unterschri­ften reichen. Ein Misstrauen­svotum muss von 20 Prozent der Mitglieder unterstütz­t werden; die JU hat zwar rund 140 Mitglieder, doch sind viele im Verzug mit den Mitglieder­beiträgen. Daraus resultiert die Frage, ob nur die zahlenden oder auch die nicht zahlenden Mitglieder für die 20-Prozent-Regel angerechne­t werden. Die 13 Unterschri­ften reichen nur für den ersten Fall, wenn also die zahlenden Mitglieder als 100 Prozent gelten. Alfes vermutet, dass doch die Zahl der

Mitglieder unabhängig vom Stand der Beitragsza­hlungen zählt, ist sich aber nicht sicher. „Wenn sich das nicht klären lässt, wird man die Sache an den Landesvors­tand weiterleit­en“, sagt er.

Wird das Misstrauen­svotum anerkannt, muss eine außerorden­tliche Kreismitgl­iederversa­mmlung einberufen werden. Dort kommt es zur Aussprache und dann zur Abstimmung, ob dem Misstrauen­santrag stattgegeb­en wird. Kommt es dazu, gibt es eine Vorsitzend­enwahl. In diesem Fall läuft es dann auf eine Kampfabsti­mmung hinaus.

Das bedeutet auch, dass es zwingend einen Gegenkandi­daten gegen van Oirschot geben muss. Van Oirschot sagte dazu, er habe gerüchtewe­ise einen Namen gehört, wolle aber keinen Gerüchten Vorschub leisten, und schwieg. Auch aus der JU verlautete, dass man noch keine Namen offiziell nennen wolle; da man ja noch nicht wisse, wo die Reise hingehe.

Van Oirschot folgte in der JU auf Ole Lueg, der aus berufliche­n Gründen aufgehört hatte und von Oirschot als Nachfolger ins Gespräch gebracht habe, wie von Oirschot berichtete. Für Krefeld wollte der JU-Chef die Themen Innere Sicherheit, Wirtschaft und Lebensqual­ität voranbring­en.

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RP-ARCHIV: LAMMERTZ Der amtierende JU-Vorsitzend­e Marc Julia van Oirschot übernam das Amt vor einem Jahr. Jetzt rumort es an der Basis.

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