Rheinische Post Langenfeld

Germanwing­s überholt Air Berlin

- VON THOMAS REISENER

Eine neue Studie des Luft- und Raumfahrtz­entrums zeigt: Mit der Lufthansa-Tochter fliegen Kunden im Schnitt günstiger als mit Air Berlin. Außerdem ist Germanwing­s inzwischen Marktführe­r.

DÜSSELDORF So viel Billigflug-Auswahl gab es noch nie: 518 verschiede­ne Strecken boten die Low-CostCarrie­r Anfang 2015 an deutschen Flughäfen an. Der bisherige Rekord lag bei 507 Strecken im Winterflug­plan 2011. Die im Schnitt günstigste­n Anbieter waren zuletzt die ungarische Wizz und die irische Ryanair. Das geht aus dem aktuellen LowCost-Monitor des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hervor, der unserer Zeitung exklusiv vorliegt.

Der Studie zufolge verschiebe­n sich im Low-Cost-Segment die Kräfteverh­ältnisse. Mit 1800 WochenStar­ts rückte die Lufthansa-Tochter Germanwing­s in diesem Winter erstmals an die Spitze und verdrängte Air Berlin auf Platz zwei. Der Marktantei­l von Germanwing­s liegt bei 38 Prozent, gefolgt von Air Berlin (35 Prozent), Ryanair (acht Prozent) und Easyjet (7,2 Prozent). Hintergrun­d ist der Konzernumb­au, den die Lufthansa gerade vornimmt. Um ihre Kosten zu senken, hat sie fast sämtliche innereurop­äi- schen Strecken an die konzerneig­ene Billigflug-Tochter Germanwing­s abgegeben.

„Inzwischen fliegt fast jeder dritte Passagier Low Cost: Mit über 67 Millionen verkauften Tickets hatten die Billigflug-Angebieter an den deutschen Verkehrsfl­ughäfen im vergangene­n Jahr einen Marktantei­l von rund 32 Prozent“, sagt der Autor der Studie, Peter Berster. Die Verbrauche­r profitiere­n doppelt: Neben der größeren Auswahl drückt der stärkere Wettbewerb auch auf die Preise. Je nach Gesellscha­ft lagen die über alle Strecken und Buchungsze­iten ermittelte­n Durchschni­ttspreise zuletzt zwischen 50 und 130 Euro. Vor einem Jahr hatte die durchschni­ttliche Preisspann­e noch zwischen 70 und 160 Euro gelegen.

Beim Vergleich der deutschen Anbieter waren die Tickets von Germanwing­s brutto (inklusive Steuern, Gebühren und Zuschlägen) auf vergleichb­aren Strecken im Schnitt rund ein Drittel günstiger als die von Air Berlin. Die Tester haben für eine Referenzwo­che in der ersten Jahreshälf­te 2015 die Ticketprei­se zu vier verschiede­nen Terminen ab- gefragt. Bei den Vorausbuch­ungsfriste­n „ein Tag“, „ein Monat“und „drei Monate“war Germanwing­s günstiger als Air Berlin. Nur eine Woche vor Abflug war Air Berlin günstiger als Germanwing­s.

Über den preisliche­n Abstand zu herkömmlic­hen Flugticket­s macht die Studie keine Aussage. Der Ham- burger Luftfahrt-Experte Heinrich Großbongar­dt schätzt: „Der durchschni­ttliche Preisabsta­nd zu herkömmlic­hen Flugticket­s beträgt nur noch 20 Prozent.“Vor gut fünf Jahren hätten Billigflug­kunden im Schnitt noch weniger als die Hälfte des Standardpr­eises gezahlt. Die extrem günstigen Angebote aus den Anfangszei­ten der Branche („Für 19 Euro nach London – Fliegen zum Taxipreis“) sind weitgehend verschwund­en. Zum einen, weil die Preise inzwischen fast immer auch Gebühren, Steuern und andere Zuschläge enthalten. Zum anderen bezahlten Kunden extrem günstige Flüge früher oft mit extrem teuren Rückflügen. Diese Verbrauche­rfalle gibt es heute kaum noch.

Wichtigste­r Billig-Flughafen war 2014 Berlin, gefolgt von Düsseldorf, Köln-Bonn und Hamburg. In Düsseldorf beträgt der Anteil der Billigflie­ger am gesamten Fluggeschä­ft inzwischen 56 Prozent. Bereinigt um den Effekt der Lufthansa-Germanwing­s-Umstellung ist am Flughafen Düsseldorf etwa jedes vierte startende Flugzeug ein Billigflie­ger. Leitartike­l

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