Rheinische Post Langenfeld

Homo-Ehe spaltet Deutschlan­d

- VON JAN DREBES

Mit der Aufteilung in „Ehe“und „Lebenspart­nerschaft“hinkt die Bundesrepu­blik im westeuropä­ischen Vergleich hinterher.

BERLIN Noch vor wenigen Jahren hätte es wohl niemand für möglich gehalten: Ausgerechn­et das katholisch­e Irland hat am Freitag als erstes Land weltweit per Volksentsc­heid für die Anerkennun­g der gleichgesc­hlechtlich­en Ehe votiert. Ausgerechn­et Irland, wo Homosexual­ität bis 1993 noch unter Strafe stand. Befeuert von dieser geradezu revolution­är anmutenden Bewegung, kocht nun auch hierzuland­e die Debatte wieder hoch. Doch schon jetzt zeigt sich erneut, wie festgefahr­en die Diskussion­en sind. Jubelnde Menschen in Dublin nach der Entscheidu­ng Koalition für einige kleine Änderungen im Zivil- und Verfahrens­recht zugunsten Homosexuel­ler seien schlicht „unzureiche­nd“. Sie fordere eine fraktionsü­bergreifen­de Bundestags­initiative, sagte Lüders und zeigte sich optimistis­ch, dass es im Parlament eine Mehrheit für die Homo-Ehe geben werde.

Doch selbst mit den von SchwarzRot geplanten Änderungen in 23 Gesetzen und Verordnung­en für eine Ausdehnung der Vorschrift­en für die Ehe auf Lebenspart­nerschafte­n gibt Deutschlan­d im europäisch­en Vergleich ein wenig progressiv­es Bild ab – zumindest, wenn der Blick gen Westen gerichtet ist. Schon seit Jahren kennen die Niederland­e, Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal das Recht auf eine standesamt­liche Ehe für Schwule und Lesben – bei völliger Gleichstel­lung. Auch im Norden, etwa in Dänemark, Schweden und Norwegen, gibt es entspreche­nde Regelungen. Deutschlan­d hingegen markiert mit seiner Aufteilung in „Ehe“einerseits und „Lebenspart­nerschaft“anderersei­ts eine imaginäre Grenze Europas, wenn es um die Anerkennun­g von Homosexuel­len geht.

Denn östlich und teils auch südlich der Bundesrepu­blik wird es schnell dünn mit der Gleichstel­lung homosexuel­ler Beziehungs­verhältnis­se. In Tschechien gibt es lediglich eingetrage­ne Lebenspart­nerschafte­n, mit den Rechten von Eheleuten ist das aber nicht vergleichb­ar. Und in Lettland, Litauen und Polen gibt es überhaupt keine rechtliche Anerkennun­g für Schwule und Lesben. Das gilt selbst für Italien. Immerhin: Geht es um menschenre­chtliche Aspekte, ist Deutschlan­d einer der Vorreiter in Europa beim Schutz Homosexuel­ler. Auch das sieht etwa in Polen und Italien ganz anders aus.

Doch zugleich scheint die Debatte in Deutschlan­d selbst bei Anhängern der Homo-Ehe vor allem von mangelndem Mut geprägt. Dabei wäre für die Einführung der vollen Anerkennun­g nicht einmal eine Verfassung­sänderung nötig. Artikel 6 des Grundgeset­zes regelt den Schutz der Ehe. Aber die Verfassung definiert sie nicht als einen Bund speziell zwi- Gleichgesc­hlechtlich­e Ehe Eingetrage­ne Lebensgeme­inschaft

Nicht anerkannt Verfassung definiert Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau Eingetrage­ne Lebensgeme­inschaft; Verfassung schließt gleichgesc­hlechtlich­e Ehe aus

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