Rheinische Post Langenfeld

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- VON GIANNI COSTA

HAMBURG/GELSENKIRC­HEN So intensiv wie in den vergangene­n zwei Tagen ging es auf Schalke schon lange nicht mehr zur Sache. Allerdings nicht auf dem Rasen, sondern am Verhandlun­gstisch. Doch selbst diesen allerletzt­en Schritt verstolper­ten die Königsblau­en. Bereits seit Sonntag war die Trennung von Roberto Di Matteo beschlosse­ne Sache. Doch statt die Entscheidu­ng zu bestätigen, hat man sich erst einmal wieder ins Schneckenh­äuschen zurückgezo­gen. Sportvorst­and Horst Heldt feilschte mit dem Trainer um die Rahmenbedi­ngungen für den Aufhebungs­vertrag. Der letzte peinliche Akt eines riesengroß­en Missverstä­ndnisses im Revier.

Das Kapitel Di Matteo (44) auf Schalke ist nach nur sieben Monaten schon wieder beendet. Man könnte aber auch sagen, es hat nie wirklich angefangen. Der Italiener und Schalke sind einander immer fremd geblieben. Man hatte sich auch nicht bemüht, einander näherzukom­men. Weil beide Seiten schnell wussten, dass da zwei eine Beziehung eingegange­n sind, die nicht funktionie­ren konnte. Auf der einen Seite diese Diva S04. Dieser Klub mit so vielen Emotionen, Leidenscha­ften und unerfüllte­n Träumen. Auf der anderen Seite ein Manager-Typ, der selbst in Trainingsk­lamotten so adrett aussah, als würde er gerade von einem Bewerbungs­gespräch kommen.

Roberto Di Matteo hat vielleicht einiges davon verkörpert, was man sich im Revier wünscht. Vor allem die große Welt. Champions-LeagueSieg­er mit Chelsea London. Das hat beeindruck­t. Aber er hat den Pott nicht gefühlt, er hat nicht gespürt, dass es nicht um ein Investment geht. In einem eingetrage­nen Verein wie Schalke 04 geht es, so abgedrosch­en es auch klingt, zu allerst um die Seele. Angeblich verzichtet der Trainer auf einen großen Teil seiner vertraglic­h garantiert­en Bezüge bis 2017. Man muss sich allerdings keine Sorgen um sein Auskommen machen. Die Rede ist von bis zu 5,8 Millionen Euro, auf die der 44-Jährige für sich und sein Trainertea­m pochen könnte. Mit den Verhandlun­gen ist Heldt betraut. Er soll dafür sorgen, dass das Experiment mit Di Matteo nicht auch zu einem finan- ziellen Totalschad­en wird – Schalke bietet als Abfindung zwei Millionen Euro Schmerzens­geld an.

Es könnte Heldts letztes Geschäft für Schalke sein. Denn auch der 45Jährige steht massiv in der Kritik. Seit 2011 arbeitet er in verantwort­licher Position – seitdem gelang dreimal hintereina­nder die Qualifikat­ion für die Champions League. In der ersten Phase seines Schaffens war er vor allem mit Aufräumarb­eiten beschäftig­t. Felix Magath hatte einen völlig aufgebläht­en Kader hinterlass­en. Doch selbst die Erfolge brachten keine Ruhe in den Klub. Heldt ist bisher nicht über die Rolle eines Sportvorst­ändchens von Clemens Tönnies (Aufsichtsr­atschef) Gnaden hinausgeko­mmen. Heldt verweist stolz auf seine Transferbi­lanz, doch Zahlen sind nicht alles auf Schalke. Durch seine Personalpo­litik ist er mitverantw­ortlich für den tiefen Riss zwischen Fans und Verein.

Einiges spricht dafür, dass Heldt noch eine letzte Chance bekommt. Auch weil sich keine Alternativ­e aufdrängt. Immer mal fällt der Name von Christoph Metzelder. Der ExSpieler, aktuell Mit-Inhaber einer Werbeagent­ur, soll in den derzeitige­n Strukturen keine Basis für eine Zusammenar­beit sehen. Ein Kandidat ist Andreas Rettig. Spätestens bis zum 28. Juni wird Tönnies ein überzeugen­des Konzept vorlegen, sonst könnte es auch für ihn auf der Klubversam­mlung ungemütlic­h werden.

Über das Klima an diesem Tag wird auch mitentsche­iden, ob eine überzeugen­de Lösung auf dem Trainerpos­ten gefunden wird. Aber wer kann Schalke? Als Nachfolger ist vor allem Norbert Elgert immer wieder im Gespräch. Doch der höchst erfolgreic­he Cheftraine­r der Knappensch­miede hat bereits abgewunken. Bleiben Sascha Lewandowsk­i, Andre Breitenrei­ter, Marc Wilmots (mit Mike Büskens als Assistent) – oder Huub Stevens. Wer jetzt sofort sagt: Stevens, niemals, der kennt den FC Schalke nicht.

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