Rheinische Post Langenfeld

Zur Beruhigung in den Raps

- VON GIANNI COSTA

Mit dem Sieg über Schalke haben Trainer Bruno Labbadia und der Hamburger SV ihr Zwischenzi­el erreicht. In der Abgeschied­enheit von Malente bereiten sie sich auf die beiden Relegation­sspiele gegen den Karlsruher SC vor.

HAMBURG Beim Hamburger SV träumen sie bereits wieder vom Europapoka­l. So ist das eben in einer Stadt, die mit grenzenlos­er Selbstvers­tändlichke­it einen Platz im Oberhaus des deutsches Fußballs für sich reklamiert. Gründungsm­itglied, sei 1963 ununterbro­chen dabei. Ticktackti­ck. Die Uhr läuft munter weiter. Dementspre­chend euphorisch ist die Anhängersc­haft nach dem 2:0 gegen den FC Schalke 04. Die Selbstzwei­fel sind auf ein Minimum gesunken. Wie in der vergangene­n Saison gegen die Spielverei­nigung Greuther Fürth muss der HSV nun gegen den Karlsruher SC in zwei weiteren Partien zwar erst seine Tauglichke­it für die Bundesliga beweisen, doch wer zweifelt an der Alster noch wirklich daran, dass sich alles zum Guten wenden wird?

Die unmittelba­r Handlungsb­eteiligten sind freilich um eine etwas ernstere Bewertung der aktuellen Sachlage bemüht. „Nächste Woche wollten wir zwei Freundscha­ftsspiele machen. Jetzt ersetzen wir die durch Relegation“, sagte Trainer Bruno Labbadia am Samstag über die kurzfristi­gen Planungen des Vereins. In zwei Tagen empfängt der HSV zunächst den KSC, den Dritten der Zweiten Liga. Innerhalb von 40 Stunden waren sämtliche 57 000 Tickets für das Heimspiel vergriffen. Am Montag drauf geht es dann nach Baden.

Mit dem Karlsruher SC verbindet Labbadia ein paar nette Erinnerung­en. Von 2001 bis 2003 spielte er für den damaligen Zweitligis­ten und erzielte 19 Pflichtspi­eltore. Eigentlich hätte der Hesse lieber einen Rivalen ohne emotionale­n Bezug als Gegner haben wollen – es war allerdings von vorneherei­n klar, dass es so kommen würde. Denn auch bei den beiden anderen zuletzt noch mögli- chen Kontrahent­en, Darmstadt 98 (Aufsteiger) und dem 1. FC Kaiserslau­tern (wurde nur Vierter), stand er als Spieler unter Vertrag. Dennoch befindet der 49 Jahre alte Labbadia tapfer: „Für mich ist das wirklich schwierig. Aber mein Herz schlägt für den HSV, und wir wollen mit aller Macht in der Bundesliga bleiben. Der Sieg gegen Schalke gibt uns noch einmal richtig Kraft.“

Damit auch wirklich nichts schief gehen kann, beschwört der HSV erneut die guten Geister. Bis Donnerstag haben die Hanseaten ihr Quartier in Malente bezogen. Im 110 Kilometer von Hamburger entfernten Uwe-Seeler-Fußballpar­k gastierte der Verein bereits in der Woche vor dem Spiel gegen Schalke. Nun soll dort erneut der mentale Feinschlif­f gelingen. „Schlafen, essen und das Miteinande­r sind wichtig“, begründet Labbadia seine Entscheidu­ng für den Ausflug in der Holsteinis­chen Schweiz mit vielen Kühen, Pferden und Rapsfelder­n.

Bruno Labbadia hätte vermutlich auch durchbekom­men, sich in Kirgistan mit seinem Team auf die Entscheidu­ngsspiele vorbereite­n zu dürfen. Sehr gut möglich, dass der „schöne Bruno“, wie man ihn früher nannte, beim Klassenerh­alt mit dem HSV direkt neben dem UweSeeler-Fuß im Volkspark auch ein Denkmal gesetzt bekommt. Als der gebürtige Darmstädte­r mit italienisc­hen Wurzeln in Hamburg anheuerte, fand er eine ausgeprägt­e Endzeitsti­mmung vor. Als er im April als vierter Trainer in der Saison nach Mirko Slomka, Joe Zinnbauer und Peter Knäbel seinen Dienst angetreten hatte, musste man schon eine ordentlich Fantasie mitbringen, um an bessere Zeiten zu glauben. Labbadias Bilanz kann sich sehen lassen: zehn Punkte holte er aus sechs Partien. „Wir haben uns jeden einzelnen Zähler erarbeitet“, sagt Labbadia. „Zehn Punkte ist schon ein Wort, das war mein Wunschtrau­m, damit hätte ich gedacht, ist man durch. Aber jetzt bekommen wir noch eine Zugabe.“

Beim KSC freuen sie sich auf den Dino und stimmen sich schon mal verbal auf die Auseinande­rsetzung ein. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir die Uhr abstellen“, sagt Verteidige­r Philipp Max .

Wäre das auch geklärt.

 ?? FOTO: PIXATHLON ?? Tanz am Randes des Abgrunds: Bruno Labbadia (2. v.r.), sein Co-Trainer Eddy Sözer (r.) und das Trainertea­m des Hamburger SV feiern den Sieg über Schalke 04 und das Erreichen der Relegation.
FOTO: PIXATHLON Tanz am Randes des Abgrunds: Bruno Labbadia (2. v.r.), sein Co-Trainer Eddy Sözer (r.) und das Trainertea­m des Hamburger SV feiern den Sieg über Schalke 04 und das Erreichen der Relegation.

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