Russland will WM-Stadien von 40 000 Häftlingen bauen lassen
MOSKAU (dpa/RP) Beim Stadionbau für die Fußball-WM 2018 sollten nach Willen der Kremlpartei Geeintes Russland auch verstärkt Sträflinge eingesetzt werden. Der Abgeordnete Alexander Chinstejn habe eine Gesetzesnovelle in der Staatsduma eingebracht, die die kostenpflichtige Arbeit von bis zu 40 000 Häftlingen etwa im Wald oder auf Baustellen der Weltmeisterschaft erlauben soll, berichtete die Zeitung „Kommersant“(Montag). Im Durchschnitt erhalten Häftlinge derzeit etwa 220 Rubel (rund fünf Euro) täglich für solche Arbeiten.
Ein Sprecher der Strafvollzugsbehörde lobte Chinstejns Initiative. „Regelmäßige Arbeit kann Häftlingen die Wiedereingliederung in die Gesellschaft erleichtern“, sagte er. Die Stadtverwaltung von Moskau nannte den Vorstoß „unnötig“. Falls die Metropole zur WM-Vorbereitung zusätzliche Kräfte brauche, stelle sie lieber Arbeitslose ein, sagte Vizebürgermeister Marat Chusnullin. Kritik kam von dem russischen Menschenrechtler Wladimir Ossetschkin. „Häftlinge müssen solche Arbeiten ablehnen dürfen, sonst grenzt das an Sklaverei“, sagte er. Chinstejns Novelle soll es vor allem ermöglichen, Sträflinge an anderen bewachten Orten als in Gefängnissen unterzubringen, sollte sich der „Arbeitsplatz“viele Kilometer entfernt befinden. Die Initiative erlaubt zudem Privatfirmen, Häftlinge einzustellen.
Die Fifa hat zuletzt Vorwürfe aus einer ARD-Dokumentation über die WM-Gastgeberländer Russland und Katar zurückgewiesen. Es sei nicht korrekt, dass Russland als Ausrichter der Weltmeisterschaft 2018 sein Arbeitsgesetz zuungunsten der Arbeiter ändern musste, teilte FifaKommunikationsdirektor Walter De Gregorio mit.
Die Aufhebung des Arbeitsgesetzes betreffe ausschließlich Fifa-Angestellte. „Es geht in keiner Weise um die Aushebung der Arbeitsbedingungen und den Schutz der Bauarbeiter respektive der Arbeiter in Russland allgemein“, heißt es weiter. Das Gesetz schränke fundamentale Arbeitnehmerrechte ein, kritisierte der Internationale Gewerkschaftsbund in dem Bericht.
Man habe einen Fragenkatalog erhalten, auf den man schriftlich geantwortet habe, erklärte der Weltverband. Fifa-Präsident Josef Blatter wollte sich nach ARD-Angaben nicht in einem Interview zu den Vorwürfen äußern.
Blatter hat Forderungen nach einem Boykott der WM 2018 in Russ- land bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin erneut zurückgewiesen. Wer nicht glücklich sei mit dem Austragungsort, solle daheimbleiben, sagte der Chef des Fußball-Weltverbands im russischen Schwarzmeerkurort Sotschi. Er sei sicher, dass die Veranstaltung in drei Jahren ein „Fünf-Sterne-Turnier“werde. Die WM findet vom 14. Juni bis 15. Juli 2018 in elf Städten statt. Die Qualifikationsgruppen werden am 25. Juli in Putins Heimatstadt St. Petersburg ausgelost.