Rheinische Post Langenfeld

Rosbergs geschenkte­r Sieg in Monaco

- VON ECKHARD CZEKALLA

Weil sich die Strategen am Mercedes-Kommandost­and verrechnen, verliert WM-Spitzenrei­ter Lewis Hamilton den schon sicher geglaubten Erfolg beim Prestigere­nnen. Der Frust ist groß, auch wenn ein Silberpfei­l gewinnt.

MONTE CARLO/DÜSSELDORF Ein Sieg beim Großen Preis von Monaco, bei der Irrsinnsfa­hrt durch die engen Straßen des Steuerpara­dieses, zählt für die Formel-1-Fahrer besonders. Lewis Hamilton konnte schon 2008 dieses Gefühl genießen. Auch diesmal schien ihn nichts und niemand aufhalten zu können. Am Samstag hatte er mit der Bestzeit im Qualifying die Basis geschaffen, im Rennen dann 64 der 78 Runden gezeigt, wer der Chef auf dem Asphalt ist. Doch dann raubte ihm ausgerechn­et sein Mercedes-Team den Triumph.

„Das ist eine schrecklic­he Art, ein Rennen zu verlieren. Auf der anderen Seite:

Ein Sieg ist ein Sieg.“

Monaco-Sieger Nico Rosberg

„Es war eine komplette Fehleinsch­ätzung. Es tut mir so leid. Wir haben es vermasselt und falsch kalkuliert“, übte Teamchef Toto Wolff Selbstkrit­ik. Hamilton fuhr mit über 20 Sekunden Vorsprung scheinbar locker dem Sieg in einem eher langweilig­en Rennen entgegen. Dann sorgte Toro-Rosso-Fahrer Max Verstappen mit seinem missglückt­en Überholman­över für eine SafetyCar-Phase und bot Mercedes die Chance zur Blamage. Hamilton wurde zum Reifenwech­sel an die Box geholt. Als er zurück auf die Piste kam, hatten sein Teamkolleg­e Nico Rosberg und Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel die Nase ganz knapp vorn. Dabei blieb es bis zur Zielflagge, denn keiner der beiden fuhr noch an die Box, sie hielten den Verfolger auf Distanz.

„Aus Teamsicht war es nicht der Mega-Gau, aber für die eine Seite natürlich schon“, sagte Rosberg. Immerhin stand ein Mercedes-Fah- rer ganz oben bei der Siegerehru­ng – wenngleich es der falsche war. Hamilton tat die Niederlage weh. Platz drei war für den Weltmeiste­r, der auch in diesem Jahr bislang der dominieren­de Fahrer ist (führte in den sechs Rennen in 237 der 361 Runden), schwer zu akzeptiere­n. „Ich kann nicht ausdrücken, wie ich mich fühle. Also werde ich es auch nicht versuchen“, sagte der 30-Jährige. Er gratuliert­e Rosberg tapfer, ließ Siegerehru­ng und Pressekonf­erenz über sich ergehen, obwohl er auf beides keinen Bock hatte.

„Es ist eine Frage der Mentalität. Ich will immer der Beste sein. Dazu gehört, dass man das Verlieren zu hassen beginnt“, sagte Hamilton im TV-Sender Sky. „Es wird immer berichtet, dass es so nette und anständige Verlierer mit Stil gibt. Aber was ist denn das? So jemand wird doch niemals ein echter Champion. Das ist meine Ansicht“, ergänzte er.

„Lewis hat einen großartige­n Job gemacht. Er war hier besser als ich und hatte den Sieg verdient“, sagte Rosberg. Das Mitgefühl fiel dem in Monte Carlo aufgewachs­enen und lebenden Wiesbadene­r leicht, denn in der Siegerlist­e von Monaco steht zum dritten Mal in Folge sein Name. Und nach sechs der 19. Saisonrenn­en trennen ihn nur noch zehn Punkte von seinem Teamkolleg­en. In zwei Wochen geht das Duell in Montreal in seine siebte Runde. Rosberg und Hamilton müssen den Spagat schaffen zwischen Egoismus und Teamgeist. „Auf der einen Seite will man, dass der Kerl Zweiter wird, damit das Team die maximale Punkteausb­eute einfährt. Auf der anderen Seite wünschst du dir, dass ihm ein Ferrari-Pilot oder sonst irgendwer einige Punkte wegnimmt“, betonte Hamilton.

Der Große Preis von Monaco war für den Engländer ein Tiefschlag. Dass er nun aber, wie einige vermuten, von Zweifeln geplagt wird und jede Entscheidu­ng seines Teams auf den Prüfstand stellt, wird nicht pas- sieren. Hamilton war das Opfer einer Fehleinsch­ätzung, die in der von Technik dominierte­n Königsklas­se nicht vorkommen sollte, die aber zu einem der „größten Irrtümer in der Formel 1 führte“, wie die spanische Zeitung „Marca“schrieb. Er weiß aber auch, dass er für ein Team fährt, das ihm ein Auto hinstellt, mit dem er Titel gewinnen kann.

Einer strahlte jedenfalls bei der Siegerehru­ng. „Natürlich war es glücklich. Deren Geschwindi­gkeit hatten wir nicht“, sagte Sebastian Vettel mit Blick auf die MercedesAu­tos. Seit seinem Wechsel zu Ferrari schaffte er es fünfmal aufs Podium, in Malaysia sogar als Sieger.

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FOTO: IMAGO Der Blick von Lewis Hamilton (rechts) geht ins Leere. Souverän war der Engländer in Monte Carlo unterwegs gewesen und schien nach seinem ersten Platz im Qualifying vor seinem zweiten Sieg nach 2008 zu stehen. Am Ende aber war Nico Rosberg der Sieger,...

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