Kalenderblatt 26. Mai 1954
Für manche Patienten ging die gefürchtete Kinderkrankheit glimpflich aus. Sie mussten nur einige Wochen im Krankenhaus bleiben und litten lediglich unter vorübergehenden Lähmungserscheinungen. Viele allerdings hatten weniger Glück. Poliomyelitis (kurz Polio), besser bekannt als Kinderlähmung, konnte zu lebenslangen Behinderungen führen. Die Krankheit galt als Kinderkrankheit, betraf ab Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch immer öfter auch Erwachsene. Je mehr Menschen in die Städte zogen, desto einfacher konnten die Erreger sich ausbreiten. Immer wieder kam es in den Industrieländern zu Epidemien. Eines der prominentesten Opfer in den 1920er Jahren war der spätere Politiker Franklin D. Roosevelt, der als US-amerikanischer Präsident eine Kampagne gegen Poliomyelitis organisierte und Spenden für die Forschung sammelte. 1954 gelang einem Team aus Wissenschaftlern um den Virologen Jonas Salk (Foto) der Durchbruch. Am 26. Mai 1954 begann ein landesweiter Feldversuch. Mehr als eine Million Kinder erhielten den Impfstoff – oder ein Placebo. Elf Monate später veröffentlichten die Wissenschaftler das Ergebnis: Die Impfung wirkte. Die Krankheit konnte in den Jahren danach in den Industrieländern nahezu ausgerottet werden – auch deshalb, weil Salk seine Erfindung nie patentieren ließ. Eine schnelle Verbreitung des Impfstoffs war ihm wichtiger.