Rheinische Post Langenfeld

Trumps Rechtsauße­n

- VON FRANK HERRMANN

Steve Bannon ist Chefstrate­ge im Weißen Haus und der Meinung, man müsse die globale Elite entmachten. Der neue US-Präsident hört auf ihn.

WASHINGTON Es ist ein Film voller apokalypti­scher Bilder. Dunkle Sturmwolke­n ziehen auf, gläserne Bürotürme stürzen ein, ganze Straßenzüg­e stehen in Flammen. „Es muss Phasen geben, in denen wir uns des Alten entledigen“, kommentier­t ein Sprecher die Szenen der Verwüstung.

Als Steve Bannon den Streifen mit dem Titel „Generation Zero“drehte, waren seit der Finanzkris­e gerade mal zwei Jahre vergangen. Die Pleite von Lehman Brothers, so lautete die Kernbotsch­aft seines Films, bedeute viel mehr als einen Crash an der Wall Street, nämlich einen Wendepunkt der Geschichte, ebenso chaotisch wie notwendig. Nach Bannons Theorie wiederhole­n sich alle 80 bis 100 Jahre Momente, in denen die alte Ordnung zertrümmer­t und zugleich der Grundstein für eine neue gelegt wird. Amerikas Unabhängig­keitskrieg­e, der Bürgerkrie­g zwischen Nord- und Südstaaten, die große Depression: Um einen Einschnitt ähnlicher Größenordn­ung habe es sich bei der Finanzkris­e gehandelt.

Als der düstere Film produziert war, wurde er zum ideologisc­hen Rüstzeug der Tea-Party-Bewegung, jener rechten Rebellen, die in ihrer Analyse bisweilen ganz ähnlich klangen wie linke Kritiker des Systems. Vom Sozialismu­s für Reiche und Kapitalism­us für den großen Rest ist in „Generation Zero“die Rede: Verantwort­ungslose Banker hätten am Glücksrad gedreht, wohl wissend, dass der Steuerzahl­er mit Rettungspa­keten einspringe­n würde, falls es schiefging. Schon damals prägte Bannon die Metapher von den vergessene­n Männern und Frauen, die Donald Trump später in seine Wahlkampfr­eden einflechte­n sollte. Nur war er damals noch ein obskurer Populist. Heute ist er Chefstrate­ge im Weißen Haus, ein Strippenzi­eher, der den ersten Amtswochen des Präsidente­n Trump seinen Stempel aufdrückt.

Nicht nur, dass Bannon zum ständigen Mitglied im Nationalen Si- cherheitsr­at ernannt wurde, was George W. Bush seinem Politikstr­ategen Karl Rove ebenso verwehrte wie Barack Obama seinem Vordenker David Axelrod. In einem Duell mit dem Minister für Heimatschu­tz, schreiben amerikanis­che Zeitungen, hat er seine Macht bereits spüren lassen. Als Trump verfügte, Bürger aus sieben Ländern mit muslimisch­er Bevölkerun­gsmehrheit vorläufig nicht mehr einreisen zu lassen, wies Bannon den verunsiche­rten Ex-General John Kelly an, den Bann auch dann anzuwenden, wenn einer der Betroffene­n eine unbefriste­te Aufenthalt­sgenehmigu­ng (Green Card) besitzt. Worauf Kelly erwidert haben soll, dass er einer Order nur Folge leiste, wenn sie vom Präsidente­n selber komme.

Es ist eine Episode, die zweierlei deutlich macht. Zum einen den Machtanspr­uch des Strategieb­eraters, zum anderen die Grenzen, an die er irgendwann stoßen könnte. Besonnener­e Köpfe wie Rex Tillerson und James Mattis, der Außenund der Verteidigu­ngsministe­r, dürften dem Brandstift­er Paroli bieten. Wann sie es tun und ob sie die Kraftprobe gewinnen, gehört zu den spannendst­en Fragen, über die das politische Washington diskutiert.

Typisch für die Seiteneins­teiger, die mit Trump die große Bühne betraten, ist die Biografie des Mannes, der nichts dagegen hat, wenn man ihn mit der finsteren Kinofigur des Darth Vader vergleicht. In ein Elternhaus geboren, in dem der Demokrat John F. Kennedy verehrt wurde wie ein Idol, kreuzt Bannon auf Zerstörern der Marine auf den Weltmeeren, bevor er aus Enttäuschu­ng über Jimmy Carters IranPoliti­k an die Wall Street wechselt. Dort heuert er bei Goldman Sachs an, ehe er mit anderen GoldmanAus­steigern eine kleine Investment­bank gründet, die sich aufs Filmgeschä­ft spezialisi­ert. Eher unverhofft scheffelt er mit Anteilen an der TVSitcom „Seinfeld“ein Vermögen. Später lernt er Andrew Breitbart kennen, den Gründer der gleichnami­gen Internet-Plattform. Nach Breitbarts Tod übernimmt er dessen Website, die er im Wahlkampf 2016 zu einem Propaganda-Instrument in Diensten Trumps umfunktion­iert. Zum Lohn dafür holt ihn der Tycoon in sein Team.

Wie Bannon die Welt sieht, hat er selten so klar formuliert wie 2014 auf einer Konferenz des Vatikan. Früher, dozierte er, habe der Westen aus einer Ansammlung judäochris­tlich geprägter Nationalst­aaten bestanden, die eine humane Form des biblischen Kapitalism­us praktizier­t und kulturell homogene Gemeinwese­n gefördert hätten. Dann aber habe die „Partei von Davos“, wie er sie nach dem Austragung­sort des Weltwirtsc­haftsforum­s nannte, Globalisie­rung, Multilater­alismus und Vielfalt gepredigt und damit die moralische­n Fundamente jener Welt untergrabe­n. Ergo komme es beim fälligen Umsturz darauf an, die globale Elite zu entmachten und sich von Neuem auf den Nationalst­aat zu besinnen.

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