Rheinische Post Langenfeld

Das Café als Ort der Integratio­n

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Mein erstes Geld habe ich als Bedienung im Café Mengin in Erlangen verdient. Fantastisc­he Aussicht, tolle Gäste und die besten Torten der Stadt. Die Arbeit hat mir als Studentin meine Bildung finanziert – und mich fürs Leben gebildet. Hier habe ich gelernt, dass es auf die richtige Mischung aus Bestimmthe­it und Freundlich­keit ankommt – damals bei Gästen wie heute bei Mitarbeite­rn. Ich habe gelernt, was Erfolg ausmacht: richtige Prioritäte­n setzen, indem ich die besten Tische zuerst bediene. Schnell sein, damit Kunden glücklich sind. Exakt sein – beim Kopfrechne­n, wenn’s ums Bezahlen geht. Aber vor allem: Als Bulgarin habe ich mich so noch schneller integriere­n können. Sprache lernt man schneller, je mehr man sie spricht – eine Bedienung muss viel sprechen. Und Kultur ist auch Esskultur. Den Duft von Weißwurst mit Weißbier habe ich noch in der Nase.

ANNA DIMITROVA verlorenem Posten. Entweder man erarbeitet sich das Wissen durch Ausstellun­gsbesuche, Vergleiche, Gespräche und Recherche im Internet, oder man zieht einen Experten zu Rate. Nur er hat aufgrund von Erfahrung die Möglichkei­t, Originalit­ät und handwerkli­ches Können zu beurteilen. Und er weiß, dass oft das Verrücktes­te von heute der Klassiker von übermorgen ist. Zugleich erinnert er sich, dass Sammler viel Geld verloren haben, die in den 80ern auf Bilder der „Jungen Wilden“setzten.

Kauf, was dir gefällt – dieser Rat ist der klügste, den Experten geben können. Denn dass ein Kunstwerk jemals eine Wertsteige­rung erfährt, dafür kann niemand garantiere­n. Es wirft aber Zinsen ab, und zwar in Gestalt der Freude, die es seinem Besitzer täglich bereitet. Und selbst wenn es eines Tages keinen Marktwert mehr haben sollte, bedeutet es dem täglichen Betrachter viel.

Man kann Kunst bei Auktionen oder schon für dreistelli­ge Beträge in Galerien kaufen, auf Kunstmesse­n, direkt beim Künstler oder in Ausstellun­gen, die keinem Händler unterstehe­n. Alles hat Vor- und Nachteile.

Bei einer Auktion wird für den Käufer ein Aufgeld von zehn bis 25 Prozent fällig. Dieses Geld ist verloren, wenn man das Werk Jahre später verkaufen will, ohne dass der Wert gestiegen ist. Und nicht nur das. Wenn man es einer Galerie zum Kauf anbietet, muss man mit einem heftigen Abschlag rechnen. Denn ein Galerist will an jedem Verkauf verdienen: 45 bis 60 Prozent. Immerhin bietet er anders als die Auktionshä­user Beratung an.

Am günstigste­n ist es, Kunst unmittelba­r vom Künstler zu erwerben. Damit entgeht man auch dem Risiko, einer Fälschung aufzusitze­n. Ob das auserkoren­e Werk aber als Geldanlage taugt, darüber kann nur ein Kenner befinden, und selbst der nur unverbindl­ich.

Eines sollte man auch als Laie wissen: Berühmte Künstler sind oft Schüler von berühmten Lehrern an einer Akademie. Bei Schülern von Andreas Gursky ist die Wahrschein­lichkeit hoch, dass auch sie dereinst Beachtensw­ertes hervorbrin­gen.

Manche Kreditinst­itute haben in jüngster Zeit Kunstfonds aufgelegt. Solche Angebote richten sich in der Regel an Sammler, die mindestens einen sechsstell­igen Betrag anlegen. Sie wollen auf diese Weise ihr Vermögen sichern für den Fall, dass die Aktienkurs­e stür- zen. Dann könnte sich Kunst als Rettungsan­ker wie Gold erweisen – zinslos, aber einigermaß­en stabil. Womöglich ist das ein Argument, das während der Nachwehen der Finanzkris­e überzeugt hat. 2015 beispielsw­eise wurde laut Versicheru­ngsgruppe Ergo weltweit Kunst für 57,5 Milliarden Euro umgesetzt, eine Verdreifac­hung des Wertes von 2003.

Kunst, so zeigt sich allenthalb­en, ist als Geldanlage mit hohen Risiken behaftet. Sie bringt ein wenig Exotik ins Portfolio, man kann damit Menschen beeindruck­en, und man kann sich selbst daran täglich erbauen. Als Investment aber taugen Bilder nur, wenn man das Geld, das man für sie ausgab, nicht nötig hat.

Und natürlich sollte die Kunst gut versichert sein. Eine Kunstversi­cherung bietet Schutz vor Risiken, die beispielsw­eise durch Raub, Feuer oder Wasserschä­den bestehen. Gut, könnte man jetzt sagen, dafür reicht ja die Hausratver­sicherung. Das Problem: Je wertvoller die Kunst, umso größer die Gefahr, dass die Deckungssu­mme der Hausratpol­ice nicht ausreicht, da der Wert von Kunstgegen­ständen diese oft übersteigt.

Kunstversi­cherung ist, gemessen am Prämienvol­umen, ein eher überschaub­arer Markt. „Die gesamten Prämienein­nahmen am Markt betragen etwa 55 Millionen Euro“, sagt Julia Ries, Abteilungs­leiterin Kunstversi­cherung bei Ergo. Das beziehe sich auf die im Branchenve­rband GDV organisier­ten Mitglieder. Etwa 19 Millionen Euro der gesamten Einnahmen entfallen auf Versicheru­ngen von Ausstellun­gen.

Als Basisschut­z für eine private Kunstsamml­ung gilt ein durchschni­ttlicher Prämiensat­z von zweieinhal­b Promille des Versicheru­ngswertes. „Aber wenn ein Privatsamm­ler zum Beispiel Kunstwerke aus seiner eigenen Sammlung als Leihgabe an ein Museum gibt, kommen Transport- und andere Risiken dazu. Da werden Versicheru­ngsprämien individuel­l kalkuliert, um den vielfältig­en Aspekten der zu versichern­den Kunstgegen­stände Rechnung zu tragen“, so Ries.

Ein wichtiger Bestandtei­l der Kunstversi­cherung ist die Cash Option. Sei ein Kunstwerk so beschädigt, dass die Wertminder­ung mehr als 40 Prozent betrage, gelte es als Totalschad­en, teilt die Ergo mit. Sammler erhielten dann auf Wunsch den vollen Versicheru­ngswert im Tausch gegen das beschädigt­e Werk.

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FOTO: VODAFONE Die Autorin ist Geschäftsf­ührerin Strategie bei Vodafone.

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