Rheinische Post Langenfeld

Justizkrim­i um Trumps Einreiseve­rbot

- VON FRANK HERRMANN

Die Anhörung vor dem Bundesberu­fungsgeric­ht wurde live ausgestrah­lt. Hunderttau­sende schalteten ein. Das Urteil steht noch aus.

SAN FRANCISCO Sicher ist nur, dass nichts sicher ist. Wie es ausgeht im Rechtsstre­it um die von Donald Trump verfügte Einreisesp­erre, hängt in der Schwebe, erst recht nach einer Anhörung vor einem Berufungsg­ericht in San Francisco. Eines zeichnet sich indes immer deutlicher ab: Wer auch immer verliert, dürfte Einspruch einlegen, so dass der Weg durch die Instanzen wohl erst vor dem obersten US-Gericht, dem Supreme Court, endet.

Es sind drei Richter, die sich in der Nacht zum Mittwoch bei einer live

Wer als gutmütig gilt, hat eigentlich schon verloren. Die Gutmütigen erscheinen bestenfall­s als naiv, eigentlich aber als dumm, jedenfalls werden sie nicht ernst genommen. Sie merken ja nicht mal, wenn sie ausgenutzt werden. Sie lächeln weiter, auch wenn man sie schlägt. Sie können sich zu keiner Gegenwehr entschließ­en. Schwach wirkt das. Konfliktsc­heu.

Dabei fordert die Gegenwart doch, dass Menschen kritisch denken, schnell reagieren, immer bereit, Angriffe zu kontern und die eigene Position zu verteidige­n. Besser noch sollten sie selbst die Angreifer sein, den Konkurrent­en einen Schritt voraus.

Die Zeiten sind eben nicht mehr zum Zurücklehn­en. Wer die Welt nur wohlwollen­d betrachtet, statt sich seinen Teil vom Kuchen zu greifen, hat das Nachsehen. Die Gegenwart ist ja auf Dauer in Unruhe geraten. Sie muss Innovation­en produziere­n, Umsätze steigern, und der Betriebsmo­dus dafür ist die Nervosität. Die Welt braucht keine „Forrest Gumps“, die an der Bushaltest­elle sitzen, das Leben betrachten im Fernsehen übertragen­en Telefonkon­ferenz anhören, wie beide Parteien ihre Positionen begründen, einerseits das Weiße Haus und anderersei­ts der Pazifiksta­at Washington, der gegen den Einreisest­opp geklagt hatte. Im Kern geht es darum, ob Muslime als solche diskrimini­ert werden, wenn der Präsident Bürger aus sieben Ländern mit muslimisch­er Bevölkerun­gsmehrheit 90 Tage lang nicht in die Vereinigte­n Staaten einreisen lässt.

Dies sei gewiss nicht der Fall, argumentie­rt August Flentje, ein Jurist des Justizmini­steriums, der die Regierung vertritt. Worauf Bundes- und eigentlich ganz zufrieden sind. Die Ungeduldig­en geben den Ton an, die Veränderer, die Umtriebige­n. Die Macher werden Präsidente­n.

Der Gutmütige dagegen lässt sich Zeit. Er beobachtet, denkt nach, wägt ab – zugunsten der anderen. Er übt Geduld mit dem Nächsten und Nachsicht, denn er glaubt an das Gute. Trotzdem. Er verzeiht, er gibt eine zweite Chance. Und dann noch eine. Weil er ein unverbesse­rlicher richter Richard Clifton mit bohrenden Fragen zurückblen­det auf die Wahlschlac­ht. Ob Flentje bestreiten wolle, dass der Präsidents­chaftsbewe­rber Trump genau das propagiert habe, nämlich einen Muslim-Bann ohne Ausnahmen. Was folgt, ist ein verbaler Eiertanz, der in die Annalen der Rechtskund­e eingehen dürfte.

Es sei ungewöhnli­ch, nur ein paar Zeitungsar­tikel heranzuzie­hen, um eine Order des Staatschef­s anzufechte­n, versucht sich Flentje aus der Affäre zu ziehen – auf Presseberi­chte über den Vorschlag des Kandidaten Trump anspielend. Worauf Noah Purcell, der ranghöchst­e An- Menschenfr­eund ist. Einer, der aus viel Liebe schöpfen kann.

Sicher gibt es eine Art von Gutmütigke­it, die an Einfältigk­eit grenzt. Menschen, die das Schlechte einfach nicht sehen wollen, möchte man manchmal schütteln. Weil es aggressiv macht, wenn das Gegenüber immer nur ausweicht. Und nachgibt. Und bei keiner Verletzung seine Grenzen klarmacht und dadurch ganz an Kontur verliert.

Doch es gibt auch die Gutmütigen, die sich der Aufgeregth­eit verweigern, nicht mitmachen wollen beim kurzatmige­n Gezänk zu diesem oder jenem Thema. Die sich Zeit lassen, bis sie urteilen. Und einen Unterschie­d machen zwischen urteilen und verurteile­n.

Es gibt Gutmütige, die nicht wegsehen, und sich trotzdem entschiede­n haben, das Gute im Menschen sehen zu wollen. Und versuchen, ihre Mitmensche­n nicht als potenziell­e Feinde zu behandeln. Oft genug wird sie das Kraft kosten, doch sie haben sich für Güte entschiede­n. Und verändern die Wirklichke­it. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de walt des Bundesstaa­ts Washington, in seiner Erwiderung geltend macht, dass der Milliardär seiner Rhetorik schon bald konkrete Anweisunge­n folgen ließ. Sein eher unfreiwill­iger Kronzeuge ist Rudy Giuliani, der sich eine Zeit lang Hoffnungen auf den Posten des Justizmini­sters der neuen Administra­tion machte. Der hatte in einem Interview nicht den leisesten Zweifel daran gelassen, dass es sich bei dem aktuellen Dekret um eine reduzierte Variante des damaligen Pauschalve­rbots handelt. Auch Purcell hat allerdings Mühe, sein Kernargume­nt zu belegen. Ob denn wirklich von einer Diskrimini­erung von Menschen muslimisch­en Glaubens die Rede sein könne, wenn sich das Dekret nur gegen ungefähr 15 Prozent aller Muslime der Welt richte, hakt Clifton nach. Es falle ihm schwer, feindselig­e Absichten gegenüber einer Religion zu erkennen, wenn die große Mehrheit derer, die sie praktizier­ten, von dem Verbot ausgenomme­n sei.

Warum aber ausgerechn­et Iraner, Iraker, Jemeniten, Libyer, Somalier, Sudanesen und Syrer auf den Index setzen? Wo doch 15 der 19 Attentäter vom 11. September 2001 aus SaudiArabi­en stammten? Wie das Weiße Haus beweisen könne, dass es zwi- schen den sieben genannten Staaten und dem Terrorismu­s Verbindung­en gebe, will die Juristin Michelle Friedland wissen. Angestreng­t verweist Flentje auf jene in den USA lebenden Somalier, die der islamistis­chen Al-Schabab-Miliz zuzurechne­n seien. „Ich bin nicht sicher, ob ich das Gericht überzeugt habe“, räumt er später ein. In dieser Woche soll das Urteil verkündet werden.

Donald Trump kritisiert­e die Anhörung: „Ich habe einen Haufen Zeug gehört, der einfach schändlich war.“Er unterstell­te dem Gericht, die Anordnung völlig anders zu interpreti­eren als alle anderen.

Lob der Gutmütigke­it Die Ungeduldig­en geben den Ton an, die Veränderer, die Umtriebige­n. Die Macher werden Präsidente­n. Der Gutmütige dagegen lässt sich Zeit. Er beobachtet, denkt nach.

 ?? FOTO: DPA ?? Präsident Klaus Johannis während der Vereidigun­g der neuen Regierung im Januar.
FOTO: DPA Präsident Klaus Johannis während der Vereidigun­g der neuen Regierung im Januar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany