Digitalisierung kostet 600 Jobs bei Techem
Der Immobiliendienstleister, der sich auf die Erfassung von Nebenkosten spezialisiert hat, baut sein Geschäft um. Vielfach können die Heizungen schon per Funk abgelesen werden. Das macht viele Arbeitsplätze überflüssig.
DÜSSELDORF Der Immobiliendienstleister Techem streicht in den kommenden vier Jahren voraussichtlich jede vierte Stelle in Deutschland. Das bestätigte das Unternehmen unserer Redaktion auf Anfrage. Wie Techem mitteilte, gehe man zur Zeit davon aus, dass das Unternehmen bis 2021 600 Arbeitnehmer in Deutschland weniger beschäftigen werde.
Techem ist neben Ista einer von zwei großen Dienstleistern in Deutschland, die sich auf das Erfassen von Immobilien-Nebenkosten spezialisiert haben. Die Firma beschäftigt weltweit rund 3540 Mitarbeiter; davon zwischen 2100 und 2400 in Deutschland.
Darüber, welche Standorte und wie viele Stellen in NRW von dem Stellenabbau betroffen sein werden, wollte das Unternehmen gestern keine Auskunft geben. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, das wir zur Zukunft einzelner Standorte oder Regionen keine Angaben machen können“, teilte das Unternehmen mit.
Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ist der Grund für den geplanten Stellenabbau die Digitalisierung des Kerngeschäfts. „Um veränderten Marktanforderungen gerecht zu werden und wettbewerbsfähig zu bleiben, setzt Techem zunehmend auf digital gestützte Prozesse. Diese wurden seit einigen Jahren sukzessive aufgebaut, während parallel dazu die alten Arbeitsabläufe weiterliefen“, sagte eine Unternehmenssprecherin der Zeitung. Dazu habe es aber einer „temporär größeren Personalstärke“bedurft – „teils auch, weil die Einführung neuer Prozesse einer Übergangsphase bedarf.“Bei den Arbeitsplätzen, die nun gestrichen werden sollen, handele es sich deshalb vornehmlich auch um Stellen von Zeitarbeitern und befristete Verträge. Die alten Abläufe würden nun wegfallen „und dadurch über mehrere Jahre hinweg ein schrittweiser Rückbau der befristet aufgebauten personellen Kapazitäten und der mit Zeitarbeitsverträgen nötig“. Es seien „leider zusätzlich auch betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen“.
Techem erfasst die Mietshäusern anfallenden Heizkosten und berechnet diese pro Wohnung. Der Vermieter zahlt, lässt sich die Kosten aber von seinen Mietern erstat- ten. Die Ableser, die früher in die Wohnungen kamen, um den Stand der Verdunsterröhrchen an den Heizkörpern zu erfassen, werden zunehmend durch Systeme auf Funkbasis ersetzt. Nach Angaben des Unternehmens laufe heute bereits weit mehr als 60 Prozent des Geschäfts per Funk. Darüber hinaus gebe es aber auch noch andere Prozesse, die durch die Digitalisierung eine Effizienzsteigerung erfahren hätten. Als Beispiel führt Techem die Kundenkommunikation an. Die digitale Kommunikation erleichtere die individuelle Terminvereinbarung mit den Mietern, sagte eine Unternehmenssprecherin unserer Redaktion. Deshalb träfen die Monteure heute häufig schon beim ersten Besuch jemanden in der Wohnung an und könnten ihren Montageauftrag sofort durchführen. Früher hätten die Monteure häufig mehrmals anfahren müssen, womit ein höherer Arbeitsaufwand und damit auch ein höherer Personalbedarf verbunden gewesen sei.
Die Branche ist im Umbruch. Und mit dem Stellenabbau bereitet sich Techem möglicherweise auch auf einen Verkauf vor. Das Unternehmen gehört dem australischen Finanzinvestor Macquarie. Der hat bereits vor Monaten seine eigene Investmentbanksparte und JP Morgan damit beauftragt, den Markt zu sondieren.