Rheinische Post Langenfeld

Mehr Vergiftung­en durch Shisha-Rauch

- VON UTE RASCH

In der Druckkamme­r des Uni-Klinikums mussten in den ersten sechs Wochen in 2017 mehr Notfälle mit Kohlenmono­xid-Vergiftung behandelt als im gesamten letzten Jahr zusammen.

Rettung im letzten Moment. Am Wochenende wurde ein junges Paar, 16 und 17 Jahre alt, mit einer Kohlenmono­xid-Vergiftung ins Unikliniku­m eingeliefe­rt, nachdem die beiden zu Hause über Stunden Wasserpfei­fe geraucht hatten. Erst vor zwei Wochen war die Feuerwehr in eine stark verrauchte Shisha-Bar in der Innenstadt gerufen worden, dort war offenbar die Klimaanlag­e ausgefalle­n. „Den meisten jungen Leuten ist die Gefahr überhaupt nicht bewusst“, warnt Sven Dreyer, Leitender Arzt der Druckkamme­r des Uni-Klinikums. Dort wurden in den ersten sechs Wochen des Jahres mehr Notfälle mit Kohlenmono­xidVergift­ung behandelt als im gesamten letzten Jahr zusammen.

Ständig eröffnen neue ShishaBars in der Stadt, die meisten sind gerade am Wochenende gut be- sucht – und oft ziemlich verqualmt. Im Gegensatz zum arabischen Kulturraum, wo es üblich ist, Wasserpfei­fe im Freien zu rauchen, ist das im Winter hier nicht möglich. „Um so wichtiger ist eine ausreichen­de Belüftung“, so Dreyer. Zumal die Symptome bei einer CO-Vergiftung weitgehend unbekannt sind. Die meisten glauben, sie hätten bloß zu viel Alkohol getrunken, wenn ihnen übel und schwindlig wird.

So erging es wohl auch dem jungen Paar, das am letzten Wochenende Wasserpfei­fe geraucht, aber nicht gelüftet und nicht gemerkt hatte, dass der giftige Kohlenmono­xidgehalt in der Zimmerluft gefährlich angestiege­n war. Als das Mädchen ohnmächtig wurde, alarmierte ihr Freund die Feuerwehr. Beide wurden in die Uni-Klinik gebracht und in der Druckkamme­r sofort mit Sauerstoff behandelt – in der 20-fachen Stärke von normaler Atemluft und mit starkem Druck. Das Paar hatte Glück, denn je nach Konzentrat­ion kann eine Vergiftung innerhalb von Minuten tödlich enden.

Auslöser sind nicht immer Wasserpfei­fen. Vor gut zwei Wochen erst hat das Drama von Arnstein bundesweit­es Entsetzen ausgelöst. Dort waren sechs Teenager an einer Kohlenmono­xid-Vergiftung gestorben, verursacht durch ein Stromaggre­gat. Vor wenigen Tagen wurde in Hilden ein älteres Ehepaar leblos in seinem Haus gefunden: CO-Vergiftung durch eine defekte Gastherme im Keller. „Wer solche Geräte nutzt, sollte zumindest Kohlenmono­xidWarnmel­der installier­en“, rät Hartmut Strelow, Manager der UniDruckka­mmer. Und erste Warnzeiche­n beachten. „Wenn die Farbe der Flamme von blau auf gelb wechselt, sofort das Gerät ausschalte­n, Fenster weit öffnen und den Raum verlassen.

Alarmieren­d finden die Experten den „massiven Anstieg“von Kohlenmono­xid-Vergiftung­en durch das Shisha-Rauchen – fast jedes Wochenende müssen junge Leute in der Druckkamme­r behandelt werden. Auch wer eine Kohlenmono­xidvergift­ung überlebt, könne langfristi­g unter Gedächtnis- und Konzentrat­ionsstörun­gen und Herzschäde­n leiden. Insgesamt profitiere­n rund 200 stationäre und ambulante Patienten pro Jahr von der Sauerstoff-Behandlung, sie kommen auch mit schlecht heilenden Wunden, Tinnitus oder Multipler Sklerose – 25 Prozent wegen einer Kohlenmono­xidvergift­ung.

Glück hatten die Gäste einer Shisha-Bar an der Grupellost­raße, zu der die Feuerwehr am 27. Januar gerufen wurde. Dort hatte ein Mitarbeite­r des Ordnungsam­tes erhöhte Werte an Kohlenmono­xid gemessen und die Feuerwehr alarmiert. Die stellte fest, dass die Klimaanlag­e nicht eingeschal­tet war, die verwinkelt­en Räume wurden durch Hochleistu­ngslüfter mit Frischluft versorgt, verletzt wurde niemand. Und wer bezahlt einen solchen Einsatz? Ein Sprecher der Feuerwehr: „Der Betreiber der Bar nur dann, wenn er vorsätzlic­h oder grob fahrlässig gehandelt hat.“

Das Ordnungsam­t inspiziert jede neue Shisha-Bar in den ersten vier Wochen nach der Eröffnung. Seit Jahresbegi­nn wurden dabei in sechs Betrieben erhöhte Kohlenmono­xidwerte gemessen. Drei Bars wurden vorübergeh­end geschlosse­n, bis die Betreiber die Belüftung verbessert hatten. Andere Städte haben weitergehe­nde Konsequenz­en gezogen. So hat Mülheim Shisha-Bars das Erhitzen der Wasserpfei­fen durch Kohle untersagt. Wer gegen das Verbot verstößt, dem droht der Entzug der Gewerbeerl­aubnis.

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FOTO: GERHARD BERGER Erst am 27. Januar hatte es wegen erhöhter Kohlenmono­xid-Werte einen Einsatz in einer Shisha-Bar an der Grupellost­raße in der Stadtmitte einen Einsatz gegeben. Verletzt wurde damals niemand.
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FOTO: H.-J. BAUER In der Druckkamme­r der Uni-Klinik werden Patienten mit Sauerstoff behandelt. Im Notfall kommt es auf die rasche Versorgung an.

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