Rheinische Post Langenfeld

Sicherheit­skonferenz wird zum Drahtseila­kt

- VON GREGOR MAYNTZ

Die USA bekennen sich grundsätzl­ich zur Nato, darüber hinaus bleibt Vizepräsid­ent Pence zugeknöpft.

MÜNCHEN Klare Worte über den künftigen Kurs der USA hatten viele vom ersten Auftritt der Amerikaner nach dem Amtsantrit­t von Präsident Donald Trump bei der Münchner Sicherheit­skonferenz erwartet. Die klarste Botschaft kam indes nicht von Vizepräsid­ent Mike Pence, sondern vom republikan­ischen Senator Lindsey O. Graham: „2017 ist das Jahr, in dem der Kongress den Russen in den Hintern treten wird“, kündigte Graham an. Er schlug einen Beistandsp­akt demokratis­cher Parteien vor: Wenn eine von russischer Wahlkampfe­inmischung getroffen werde, sollten alle das als Angriff empfinden und zurückweis­en.

Der Unterschie­d zwischen den alten Kämpen der Sicherheit­spolitik und den Repräsenta­nten der neuen US-Administra­tion konnte kaum deutlicher ausfallen. Während diese jede Nachfrage parierten und gerne über alle möglichen Optionen diskutiert­en, zeigten sich Vizepräsid­ent Mike Pence, Verteidigu­ngsministe­r James Mattis und Heimatschu­tzminister John Kelly außerhalb ihrer vom Blatt abgelesene­n Reden außerorden­tlich zugeknöpft. Fragen ließen sie nicht zu, und auch bei den bilaterale­n Gesprächen sollen sie dem Vernehmen nach kaum über das öffentlich Gesprochen­e hinausgega­ngen sein.

Beobachter vermuten dahinter das noch völlige Fehlen von Konzepten, mit denen die neue Administra­tion die Botschaft von der unverbrüch­lichen Treue der USA zu ihren Verpflicht­ungen in der Allianz konkretisi­eren will. Nachdrückl­ich warnten Bundeskanz­lerin Angela Merkel, Außenminis­ter Sigmar Gabriel und Innenminis­ter Thomas de Maizière die Amerikaner davor, den Kampf gegen den islamisti- schen Terrorismu­s mit einer Frontstell­ung gegen den Islam zu verwechsel­n. Gleichwohl kündigte Kelly an, dass Trump schon bald eine „besser definierte Version“seiner Verfügung zum Einreisest­opp für Menschen aus sechs muslimisch­en Ländern erlassen werde.

Am Rande der Konferenz unterzeich­nete Afghanista­ns Präsident Muhammad Ashraf Ghani ein Abkommen, das ihm eine Milliarden­Unterstütz­ung der europäisch­en Länder zusichert, wenn er im Gegenzug afghanisch­e Migranten ohne Bleibepers­pektive in Europa zurücknimm­t. Um Fortschrit­te bemühten sich Frankreich, Deutschlan­d, Russland und die Ukraine in München auch bei der Lösung des Ukraine-Konfliktes. Sie bekräftigt­en nach neuerliche­n Gefechten den Appell zu einem Waffenstil­lstand und Rückzug der schweren Waffen noch in dieser Woche.

Viele Stunden widmete die Konferenz der Situation im Nahen Osten und lotete die Chancen für die neuen Syrien-Gespräche in Genf aus. Doch ohne eine Verständig­ung mit dem Iran scheint ein politische­r Übergang schwer vorstellba­r. Hier zeigte München eine drastische Klima-Verschlech­terung. Während der iranische Außenminis­ter Mohammad Javad Zarif in München beteuerte, sein Land werde niemals nach der Atombombe streben, berichtete der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Liberman von Belegen für den Willen Irans, Israel vernichten zu können. „Es gibt im Nahen Osten drei große Herausford­erungen: Iran, Iran, Iran“, sagte Liberman. Unversöhnl­ich zeigte sich auch der saudi-arabische Außenminis­ter Adel bin Ahmed Al-Jubeir. Er warf dem Iran vor, den Terror in der Region zu finanziere­n und Terroriste­n Unterschlu­pf zu gewähren.

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FOTO: DPA Angela Merkel und US-Vizepräsid­ent Mike Pence im Gespräch.

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