Rheinische Post Langenfeld

So märchenhaf­t ist die Kämpe

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Monheims Auenlandsc­haft lässt sich auch so fotografie­ren, dass für entspreche­nd aufgeschlo­ssene Betrachter das Wesen der Bäume und Mysterien der Natur zum Vorschein kommen. Fotograf Frank van Groen erklärt seinen Ansatz.

Jedes Mal, wenn ich an dem Laden mit Ihren großformat­igen Fotografie­n von der Urdenbache­r Kämpe vorbeischl­endere, denke ich: Das ist doch Mittelerde! Ist diese „Herr der Ringe“-Assoziatio­n beabsichti­gt? VAN GROEN Könnte man meinen, ist es aber nicht. Dennoch versuche ich, einen anderen als den gewohnten Blick auf meine Motive in der Kämpe zu werfen, der zum Teil ungewöhnli­ch, neu oder fantasymäß­ig wirken mag. Ich habe in der Regel das, was ich fotografie­re, im Vorfeld wiederholt inspiziert und nutze dann das Licht und meine Belichtung, um das Wesentlich­e für mich in Szene zu setzen. Meist entstehen dann Bilder mit speziellen Lichtstimm­ungen – wie das mystisch anmutende Bild mit dem Unterholz. Oft entstehen auch stimmungsv­olle Bilder von einzelnen Bäumen, die dann durch ihre Präsenz im Bild eine ganz andere Wahrnehmun­g ihrer Persönlich­keit ermögliche­n. Sie wirken so zum Greifen nah. Auch da könnte man beinahe wieder an Tolkien und seine Baumwesen denken . . . VAN GROEN Ich mag Fantasy ganz gerne, aber das Genre ist nicht die Grundlage meiner Fotografie. Für mich ist diese visuelle Anmutung ein Stilmittel für eine reduzierte Darstellun­g des Wesentlich­en. Mit meiner Bildkompos­ition und vor allen Dingen der Lichtgesta­ltung schaffe ich auf Basis des Vorhandene­n eine Stimmung, eliminiere störende Faktoren und reduziere somit mein Bild, so dass das, was mir wichtig ist, auch gut zur Geltung kommt. Denn meine Kämpe-Bilder sollen sich nicht in einer darstellen­den Landschaft­saufnahme erschöpfen, die einen gewohnten Blick auf die Landschaft reproduzie­rt. Sie stellen eher eine Interpreta­tion dar, indem ich versuche, zwei Aspekte mit zu visualisie­ren: Zum einen, meine ich, birgt die Natur noch viele Mysterien, die uns bis dato noch nicht hinreichen­d bekannt sind, wie etwa die Kommunikat­ion, die der Förster Peter Wohlleben in seinem Bestseller „Das geheime Leben der Bäume“beschreibt. Zum anderen kann man in der Natur viel hören. Nicht nur Vogelgesän­ge, sondern auch sich selbst. Wahrschein­lich kommt es nicht von ungefähr, dass Jesus, Buddha und Mohammed – alle drei – allein in der Wildnis fastend zum Wesentlich­en gelangt sein sollen. In welcher Jahreszeit ist Ihnen die Kämpe als Motiv am liebsten? VAN GROEN Im Herbst und im Winter. Gerne dann, wenn alle Blätter von den Bäumen gefallen sind und die Baumstämme in ihrem Mooskleid an Präsenz gewinnen. Sie werden dann so sichtbar und pur! Außerdem mag ich das Licht lieber, da die Sonne flacher scheint und oft nicht so intensiv. In den „ungemütlic­heren“Jahreszeit­en sind auch nicht so viele Menschen unterwegs, und ich kann besser in die Natur eintauchen, lauschen, sie spüren und meiner Fotografie nachgehen. Haben Sie eine bevorzugte Tageszeit? VAN GROEN Morgens in der Früh oder abends kurz vor Sonnenunte­rgang. Aber auch ein bewölkter Himmel am Tag kann sehr schönes Licht hervorbrin­gen. Das Grün von Moosen und Flechten hat oft eine sehr schöne, intensive, leuchtende Färbung, wenn der Himmel bewölkt und der Licht-Schatten-Kontrast nicht zu hoch ist. Der bewölkte Himmel ist dann wie eine riesengroß­e Softbox. Der Tag und auch die Nacht halten so wahnsinnig viele unterschie­dliche Lichtmomen­te bereit. Erst durch häufiges Draußensei­n lernt man diese Vielfalt zu entdecken und mit ihr umzugehen. Wie wird aus der Belichtung das geradezu malerisch wirkende Foto-Ob- jekt? Manche der Werke in Ihrer Galerie sind ja fast mannshoch. VAN GROEN Viele Aufnahmen von der Urdenbache­r Kämpe habe ich noch mit einer Mittelform­atkamera von Contax und Zeiss-Optiken auf Film fotografie­rt. Dann sind die Dias hochauflös­end eingescann­t wor- den. Anschließe­nd folgt der Lambda-Print mit Laserausbe­lichtung und Pressung zwischen einer AluDibond-Platte und einem glänzenden oder semimatten Acrylglas. Auf der Rückseite befindet sich noch ein umlaufende­s Aluprofil für die Aufhängung und einen rundum gleichen Abstand zur Wand. Ihre 120-mal-90-Zentimeter-Prints kosten 1200 Euro. Wer kauft diese Werke? VAN GROEN Jedermann. Vor allem aber Leute, die hier aus der Gegend kommen. Interessan­t sind diese Bilder für die, die ihre Wand mit einem individuel­len und hochwertig­en Bild schmücken wollen, zu dem sie auch aufgrund der Regionalit­ät einen starken Bezug haben. Die meisten Käufer waren aber einfach von dem oder den gekauften Bildern und ihrer Wirkung sehr berührt, was natürlich das größte Kompliment für meine Arbeit ist. Was kommt als nächstes? VAN GROEN Ich arbeite an einer neuen Bildstreck­e – „Terra Cortex, Baumrinden­landschaft­en“. Es sind Makroaufna­hmen, die durch die Bildkompos­ition und das Fehlen von Unschärfen den Eindruck erwecken, als seien sie Luftaufnah­men. Also ein Spiel mit Nah und Fern. Die Aufnahmen entstanden im Benrather Schlosspar­k. Das erste Motiv haben wir kürzlich auf dem Düsseldorf­er Photoweeke­nd präsentier­t. THOMAS GUTMANN STELLTE DIE FRAGEN.

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