Rheinische Post Langenfeld

Norwegens König denkt nicht an Rente

- VON ANDRÉ ANWAR

Harald V. wird heute 80 Jahre alt. Lange fiel es ihm schwer, aus dem Schatten seines Vaters zu treten, doch im hohen Alter gelingt ihm dies immer besser. Sein größter Kampf war der für sein persönlich­es Glück.

OSLO Liebenswer­t, volksnah, unprätenti­ös, aber auch ein bisschen langweilig – so sehen viele Norweger ihren König. Harald V. feiert heute im engsten Familienkr­eis seinen 80. Geburtstag. Die große Party folgt im Mai, Königin Sonja wird im Sommer ebenfalls 80.

Aus Liebe zu ihr hat er wohl den größten Kampf seines Lebens ausgefocht­en. Fast ein Jahrzehnt währte der Widerstand seines Vaters, König Olav, gegen die Beziehung zu einer Bürgerlich­en. Harald soll dem Vater einst gedroht haben, nie zu heiraten, wenn er nicht Sonja bekäme. „Eine Kombinatio­n aus Geduld und Hartnäckig­keit“, so hatte er später seine Strategie beim strengen Vater beschriebe­n. 1968 durfte er Sonja heiraten. Seine Ehe mit der kunst- und kulturinte­ressierten Königin ist vielleicht auch wegen der Hürden, die sie zunächst nehmen musste, so bilderbuch­haft geworden. Von einer Journalist­in gefragt, ob er sich manchmal einsam fühle, sagte der Monarch vor kurzem: „Ich habe eine Frau an meiner Seite, mit der ich reden kann.“Gewiss auch deshalb gestattete er seinem Sohn, Kronprinz Haakon (43), die Ehe mit der aus zerrüttete­n Verhältnis­sen stammenden, einst bürgerlich­en Mette-Marit.

Zeitlebens hatte es König Harald aber schwer, aus dem Schatten seines Vaters zu treten. Olav V. gab den Norwegern in der NS-Besatzungs­zeit Halt und Identität. Statt sich Hitler anzuschlie­ßen, kämpfte Ha- ralds Vater als Kronprinz und norwegisch­er Verteidigu­ngschef aus dem Londoner Exil gegen die Nazis. Harald wurde 1991 erst mit 53 sein Nachfolger. Die Beliebthei­t des Vaters nährte die Zweifel des Sohnes. „Ich hab mich gefragt, ob ich das überhaupt annähernd schaffe“, räumte der König kürzlich ein.

„Harald ist viel volksnaher als sein Vater“, sagt Carl-Erik Grimstad, der Vizehofche­f beider Könige war. Er bezweifelt, dass König Harald an der übermächti­gen Vaterfigur leidet. „Harald ist so viel näher am Volke. Diejenigen, die behaupten, er stehe im Schatten seines Vaters, haben nie beide aus der Nähe erlebt“, sagte er der Zeitung „Expressen“.

Die Hofexperti­n Trine Villemann sieht das anders: „Harald wird nie als besonderer König in die Geschichts­bücher eingehen.“Er sei farblos und halte sich stets in der Mitte des Weges. „Er hat seinen Job gemacht, aber an was wird man sich erinnern?“, fragt sie. Zudem sei er kein guter Redner. „Es wirkt immer so, als ob er einschläft, wenn er Reden hält“, bemängeln seine Kritiker.

Erst im September zeigte der König, dass er auch ganz anders kann. Während sein Land erstmals von Rechtspopu­listen mitregiert wird, hielt er beim sommerlich­en Schlossfes­t eine Rede, die in Erinne- rung bleiben wird. Bei der Feier in Oslo, zu der 1500 Gäste aus allen Gegenden des Landes angereist waren, rief der König zu Mitmenschl­ichkeit und Toleranz auf. „Norwegen seid ihr. Norwegen sind wir. (...) Norwegen ist eins“, sagte er. Zu seinem Land zählt er Schwule und Lesben, Christen und Muslime genau wie Einwandere­r. „Norweger sind auch aus Afghanista­n, Pakistan und Polen, Schweden, Somalia und Syrien eingewande­rt“, machte Harald seinen Besuchern klar. „Das, was wir unser Zuhause nennen, ist dort, wo unser Herz ist – und das kann man nicht immer innerhalb von Landesgren­zen einordnen.“Mit dem flammenden Appell an seine Landsleute landete der König einen Erfolg im Netz: Mehr als drei Millionen Menschen teilten seine „King’s Speech“bei Facebook.

Auch zu seinem Geburtstag gibt sich der König deutlich lockerer als früher. Seine Abdankung komme nicht infrage, solange seine Kinder nicht der Auffassung seien, dass es Zeit werde, sagte er. „Aber dann bin ich wohl schon so weit, dass ich es nicht merke“, so der König. Zudem betont er seine Teamarbeit mit dem Kronprinze­npaar. „Wir sind vier Teile in einem Team. Das habe ich eingeführt, weil ich selbst das als Kronprinz vermisst habe.“

Dass er schon 80 werde, fühle sich nicht so an, findet er. „Ich dachte immer, dass 80-Jährige uralt sind. Aber ich fühle mich selbst nicht uralt. Das Alter ist nur eine Zahl, ich fühle mich eher wie in den Fünfzigern.“

 ?? FOTO: DPA ?? König Harald und Königin Sonja von Norwegen feierten Anfang 2015 in Oslo ihre 25-jährige Regentscha­ft. Mittlerwei­le erfahren sie eine große Herzlichke­it durch die Norweger.
FOTO: DPA König Harald und Königin Sonja von Norwegen feierten Anfang 2015 in Oslo ihre 25-jährige Regentscha­ft. Mittlerwei­le erfahren sie eine große Herzlichke­it durch die Norweger.

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