Rheinische Post Langenfeld

ANALYSE Wer

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sich als Bürger über zentrale Themen der Landespoli­tik informiere­n will, kommt an Bertelsman­n kaum vorbei. Dabei zählt die Stiftung zu den wichtigste­n Lobby-Organisati­onen des Landes.

dungen gibt und Lobbyvertr­eter in staatliche­n Bereichen aktiv sind.“Aus Sicht des Wissenscha­ftlers sollte die Landesregi­erung vollständi­g offenlegen, worin die Zusammenar­beit auf den einzelnen Gebieten jeweils besteht. Angaben über Drehtür-Personalie­n und Beschäftig­ungswechse­l zwischen der Landesregi­erung und Bertelsman­n hatte die Landesregi­erung mit Verweis auf Persönlich­keitsrecht­e und Datenschut­zgründe weitgehend zurückgewi­esen. In Einzelfäll­en sei der Landesregi­erung bekannt, dass ehemalige Landesbedi­enstete aktuell Aufgaben bei Bertelsman­n wahrnähmen. Es sei aber nicht möglich, alle berufliche­n Stationen früherer und aktueller Mitarbeite­r zu überprüfen.

„Es drängt sich der Eindruck auf, dass Bertelsman­n einen sehr hohen Einfluss hat“, resümiert Degenhart. Wie groß der Einfluss der Stiftung auf das Regierungs­handeln tatsächlic­h ist, sei kaum einzuschät­zen, meint auch PiratenSpr­echer Joachim Paul: „Bei einer unternehme­nsnahen Stiftung ist jedoch davon auszugehen, dass sie klare eigene Interessen verfolgt.“

Nach Angaben der regierungs­unabhängig­en Organisati­on Lobbycontr­ol liegt die Bertelsman­n-Stiftung in Brüssel an vierter Stelle der deutschen Lobby-Organisati­onen gemessen an den Ausgaben, noch vor dem Bundesverb­and der Deutschen Industrie und der Deutschen Bank.

Die Rolle unternehme­nsnaher Stiftungen ist schon länger Gegenstand wissenscha­ftlicher Studien: „Unternehme­nsnahe Stiftungen bewegen sich in einem Spannungsf­eld zwischen Gemeinwohl und Eigennutz“, lautet das Fazit einer aktuellen Studie des Wissenscha­ftszentrum­s Berlin vom vergangene­n Dezember. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass der Einfluss unternehme­nsnaher Stiftungen bisher unterschät­zt wird. Mehr als 40 Prozent der Stiftungen verbinden demnach wissenscha­ftliche Aktivitäte­n mit Formen der Politikber­atung, einige leisten dezidierte politische Arbeit, „über deren Charakter durchaus gestritten werden kann“.

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