Rheinische Post Langenfeld

Eier-Betriebe leiden unter Stallpflic­ht

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Wegen der Vogelgripp­e müssen Hühner im Stall bleiben. Ihre Eier sind nicht mehr aus Freiland-, sondern aus Bodenhaltu­ng, und damit zum Leidwesen der Betriebe günstiger. Nun zeigen sich Supermärkt­e solidarisc­h.

DÜSSELDORF/SCHWERIN (dpa) Freiland-Eier sind in Supermärkt­en und bei Discounter­n kaum noch zu finden. „Bis auf homöopathi­sche Dosen ist alles abverkauft, was Freiland angeht“, sagt ein Rewe-Sprecher. Der Grund ist die Vogelgripp­e, wegen der viele Eierproduz­enten ihre Hühner im Stall halten müssen. Eier von Freilandhe­nnen, die länger als zwölf Wochen im Stall verbrachte­n, dürfen nicht mehr als Freilandei­er auf den Markt kommen.

Das ist nicht nur eine Umstellung für die Verbrauche­r, die plötzlich vergeblich nach Eiern mit einer Eins (für Freiland-Haltung) im Erzeugerco­de suchen, es ist auch ein Dilemma für die betroffene­n Produzente­n. Denn sie erleiden finanziell­e Einbußen. In Mecklenbur­g-Vorpommern und Schleswig-Holstein, den ersten Ländern mit landesweit­er Stallpflic­ht, bekommen sie seit zweieinhal­b Wochen weniger Geld für Eier, obwohl ihre Ausgaben steigen. Nach Angaben von Margit Beck von „Marktinfo Eier und Geflügel“zahlten Verbrauche­r im Januar im Schnitt für zehn Bodenhaltu­ngseier 1,20 Euro, für Freiland-Eier dagegen 1,83 Euro. Ein Preisunter­schied von rund einem Drittel, der nicht zuletzt in den höheren Herstellun­gskosten von Freilauf-Eiern begründet ist.

Die Geschäftsf­ührerin der Pisedeer Marken-Ei GmbH in der Mecklenbur­gischen Seenplatte, Marlies Grünwoldt, bekommt nur den Bodeneier-Preis, hat aber zusätzlich­e Aufwendung­en, wie sie sagt: Neue Schachteln mussten gekauft werden, dazu Aufkleber. Die ganze Belegschaf­t an den Wochenende­n und drei Schüler in den Ferien hätten Aufkleber geklebt. Das Futter sei eher teurer geworden. Sie habe ihre Hausbank um einen Kredit gebeten, berichtet die Chefin des Familienbe­triebes mit 25 Angestellt­en und 70.000 Freilandhe­nnen.

Das bundesweit tätige Unternehme­n Gutshof-Ei mit Sitz in Scha- ckendorf (Schleswig-Holstein) vermarktet die Eier von drei Millionen Hennen. Der Verlust des FreilandSt­atus sei ein gewaltiger Einschnitt, wie Geschäftsf­ührer Hans Thomas Freiherr von Meerheim sagt. Seit dem Wochenende sei kein GutshofEi mehr als Freilandei zugelassen. Das mache drei bis vier Cent weniger pro Ei aus.

Die beiden größten deutschen Supermarkt­ketten Edeka und Rewe wollen sich solidarisc­h zeigen. Allerdings mit einem kleinen, aber für die Verbrauche­r wichtigen Unterschie­d. In den Rewe-Supermärkt­en und den Filialen der konzerneig­enen Discounter­kette Penny sollen die Bodenhaltu­ngs-Eier aus den Freiland-Betrieben mit eigener Kennzeichn­ung verkauft werden. „Die Erzeuger bekommen von uns den Preis, den sie sonst für FreilandEi­er bekommen hätten – ohne Abschlag“, betont der Rewe-Sprecher. Verkauft würden sie im Laden aber zum Preis von Eiern aus Bodenhaltu­ng. Der Handelsrie­se trage die Kosten dafür. Es solle ein Zeichen der Solidaritä­t mit den betroffene­n Bauern sei, sagt der Rewe-Sprecher.

Etwas anders ist das Vorgehen beim Rivalen Edeka und seiner Discount-Tochter Netto. Dort gibt es die Eier in einer eigens kreierten Verpackung mit dem großen Auf- druck „Aus Solidaritä­t... zehn frische Eier aus Bodenhaltu­ng (mit Wintergart­enauslauf)“. Der Konzern betont: „Für die Eier, die in dieser Packung angeboten werden, wird es keine Preisabsch­läge für die Lieferante­n geben.“Die Kosten für die Aktion soll bei Edeka allerdings der Kunde tragen.

Der Präsident des Zentralver­bandes Deutsche Geflügelwi­rtschaft, Friedrich Otto Ripke, sagte, er sei froh über diese Lösungen. Er appelliert­e an die Verbrauche­r, weiterhin die Eier der tier- und umweltfreu­ndlichen Freilandbe­triebe zu kaufen.

Der Discounter Lidl kündigte unterdesse­n an, aufgrund der aktuel- len Stallpflic­ht ab dieser Woche in seinen bundesweit­en Filialen nur noch Eier aus Bodenhaltu­ng anzubieten. Nähere Angaben zur Preisgesta­ltung wollte Lidl nicht machen.

Ein generelles Ende der Stallpflic­ht ist noch nicht in Sicht, auch wenn einige Bundesländ­er sie schon lockern. „Die Hennen drehen durch, sie wollen raus, es wird Frühling“, sagt Grünwoldt. Langsam gehe es mit dem Kannibalis­mus zwischen den Hennen los, trotz aller Picksteine, Strohpelle­ts und Mineralsto­ffe. Ripke erwartet ein Ende der Stallpflic­ht erst mit dem Frühling. Wärme und UV-Licht seien gefährlich für die Geflügelpe­st-Viren.

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FOTO: DPA Eier werden in einem Betrieb im niedersäch­sischen Bergen abgepackt. Aus welcher Haltung ein Ei stammt, erkennt man an der ersten Ziffer der auf dem Ei abgedruckt­en Nummer. Die 0 steht für ökologisch­e Haltung, die 1 für Freilandha­ltung, die 2 für Eier...

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