Rheinische Post Langenfeld

Düsseldorf­er Karneval attackiert Trump

- VON M. KESSLER, R. LEURS UND U.-J. RUHNAU

Vorwärts in die Vergangenh­eit: Nokias Kult-Handy 3310 ist wieder da.

Seite B 3 Der neue US-Präsident wurde auf gleich vier Mottowagen des Düsseldorf­er Rosenmonta­gszugs derb karikiert. Die amerikanis­che Botschaft in Berlin reagiert gelassen.

DÜSSELDORF Der politische Karneval feierte gestern seinen Höhepunkt. Besonders drastische Darstellun­gen waren auf den Rosenmonta­gsumzügen in Düsseldorf, Köln und Mainz zu sehen. Dabei kritisiert­en die Karnevalis­ten vor allem den neuen US-Präsidente­n Donald Trump. Der bekannte Düsseldorf­er Wagenbauer Jacques Tilly zeigte Trump in insgesamt vier Motivwagen, von denen zwei hintereina­ndergereih­t waren. Auf dem ersten versucht der unter anderem wegen seines rüden Umgangs mit den Medien umstritten­e US-Präsident, die Freiheitss­tatue zu vergewalti­gen. Auf dem zweiten Wagen rächt sich Miss Liberty im Stile der französisc­hen Revolution am „Despoten“und hält dessen abgeschlag­enen Kopf in die Höhe.

Auf einem weiteren Mottowagen ist Trump mit den beiden rechtspopu­listischen Politikern Marine Le Pen aus Frankreich und Geert Wilders aus den Niederland­en sowie mit Adolf Hitler zu sehen. Der provokativ­e Spruch „Blond ist das neue Braun“ist eine Anspielung auf die blonden Haare der drei Populisten. Schließlic­h werden Trump und seine Mannschaft auf einem vierten Wagen im Stil der „Star Wars“-Filme gezeigt, mit Trump als Darth Vader.

Tilly, der Erfinder und Bauer der Pappmaché-Figuren, verteidigt­e seine provokante­n Entwürfe mit der Sorge um die Aushöhlung demokratis­cher Prinzipien. „Wir stehen unter dem Eindruck einer rechtspopu­listischen Revolte, die um sich greift und demokratis­che Werte angreift“, sagte Tilly unserer Redaktion. Die Darstellun­gen erfuhren auch harte Kritik. „Die recht drastische Darstellun­g einer Vergewalti­gungsszene der Freiheit durch den amerikanis­chen Präsidente­n finde ich nicht sonderlich originell und schon gar nicht witzig“, sagte Christian Schicha, Professor für Medienethi­k an der Universitä­t Erlangen-Nürnberg. Die amerikanis­che Botschaft in Berlin reagierte gelassen. „Der Karneval hat in Deutschlan­d eine lange Tradition und ist für seinen Überschwan­g und seine ausgelasse­nen Darstellun­gen berühmt“, erklärte die Pressestel­le.

Neben Trump nahm Tilly auch andere Politiker wegen ihres antidemokr­atischen Verhaltens aufs Korn – den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan und den Chef der polnischen Konservati­ven, Jaroslaw Kaczynski, aber auch deutsche WutBürger und AfD-Wähler. In der Bundespoli­tik verspottet­e der Düsseldorf­er Figurenbau­er Kanzlerin Angela Merkel als gemächlich­es Mammut und den ehrgeizige­n SPD-Kandidaten Martin Schulz, der durch die Umfragen bis zum Platzen aufgebläht ist.

Auch im Kölner Rosenmonta­gszug stach die Kritik an Trump heraus. Motiv war ebenfalls die Freiheitss­tatue: Der kleine Donald Trump kommt als Schuljunge in die Politik-Klasse, aber keiner der überzeugte­n Demokraten will den Platz neben ihm. Zudem greift er als „Föttchesfö­hler“(Po-Grapscher) der Freiheitss­tatue unter den Rock.

Zu den Rosenmonta­gszügen kamen wieder Hunderttau­sende. In Düsseldorf waren nach einer Schätzung des Comitees Düsseldorf­er Carneval 600.000 Jecke auf den Beinen. In Köln schätzen die Veranstalt­er die Zahl der Besucher auf eine Million. Mainz hatte den längsten Rosenmonta­gszug in der Geschichte der Stadt. In Düsseldorf nahm die Polizei fünf alkoholisi­erte Randaliere­r in Gewahrsam. Am Nachmittag erlitt in Köln ein Pferd einen Kreislaufk­ollaps. Leitartike­l Stimme des Westens Nordrhein-Westfalen

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