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Papier auf den Tellern zeugen von einem hastigen Mahl. „Wir haben gerade kleine Löcher in den Boden gestampft, damit er ein wenig lüften kann“, erläutert Winkler und freut sich bereits auf den Sommer, wenn endlich die lang ersehnte Rasenheizung installiert wird.
Bis dahin müssen sie aber noch selbst anpacken. Alle zusammen. Das können sie in Lotte besonders gut. So wie zuletzt Anfang des Monats, als vor dem Achtelfinale gegen 1860 München nach einem plötzlichen Wintereinbruch eine zentimeterhohe Schneedecke auf dem Platz lag und ein Spielabbruch drohte. Der Verein rief daraufhin via Facebook um Hilfe, und innerhalb weniger Minuten fanden sich über 100 Freiwillige, die mit Schneeschippen das Spielfeld noch rechtzeitig von der weißen Pracht befreiten. Somit hatten auch sie ihren Anteil am späteren 2:0-Sieg gegen den Zweitligisten.
„Wir sind hier alle Freunde, das muss man einfach mal selbst erleben, um das zu glauben“, be- schreibt Hakki Hamidanoglu und meint damit nicht nur den Zusammenhalt im Dorf, sondern auch die Verbundenheit mit den Spielern. „Jeder kennt jeden – das ist ein Vorteil. Wir haben hier keine Stars, die hohe Ablösen gekostet haben“, erklärt der Pizzabäcker, in dessen Restaurant die Spieler ein- und ausgehen. Das geht sogar so weit, dass einige Spieler regelmäßig am Abend vor Heimspielen bei ihm vorbei- schauen und immer das Gleiche essen – das soll Glück bringen.
Torwart Benedikt Fernandez bestellt sich beispielsweise immer Pizzabrötchen „alla Benne“(gefüllt mit Käse, Zwiebeln, scharfer Peperoni und Schinken) und einen Teller Nudeln, meistens mit Tomatensauce und Hühnerbrust.
Dass Hamidanoglu seinen Verein heiß und innig liebt, verrät nicht nur das Sportfreunde-Trikot, das er während der Arbeit mit stolz trägt. Allein die Inneneinrichtung seines kleinen Lokals erinnert an ein Vereinsmuseum: Schals, signierte Autogrammkarten, ein großes Mannschaftsfoto, dazu noch Wandlampen, die in den Vereinsfarben Blau und Weiß erstrahlen. „Lotte ist neben Fenerbahce Istanbul meine zweite große Liebe“, sagt er und deutet auf den Fernseher gegenüber der Theke, wo gerade der vereinseigene Sender „Fenerbahce TV“läuft. „24 Stunden“, merkt seine Mitarbeiterin Esther Wilhelm mit einem Augenzwickern an.
Heute macht Hamidanoglu allerdings eine Ausnahme. Er erwartet schließlich über 40 Gäste zum Public Viewing. Zeit, um selber ins Stadion zu gehen, bleibt da leider nicht. „Das ist aber kein Problem“, meint Hamidanoglu und zieht entspannt an seiner Zigarette. „Die letzten Male war ich auch immer während der Spiele im Laden, und wir haben jedes Mal gewonnen.“Zur Not hilft aber bestimmt auch ein Teller Nudeln.