Rheinische Post Langenfeld

Handspiel – ein unlösbares Problem

- VON SEBASTIAN ESCH UND PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Der Deutsche FußballBun­d (DFB) meinte es sicherlich gut, als er gestern ein Interview mit Lutz-Michael Fröhlich veröffentl­ichte. Doch bereits bei der ersten Antwort vom Schiedsric­hterboss wird deutlich: Das Führungsto­r vom Gladbacher Lars Stindl beim 2:0 in Ingolstadt am Sonntag ist das Paradebeis­piel für die schwammigs­te Regel im Fußball. Schiedsric­hter Christian Dingert trifft daher keine Schuld.

Im DFB-Regelwerk heißt es: „Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlic­h mit der Hand oder dem Arm berührt.“Was Absicht bedeutet, wird im Folgen- den mit sehr subjektive­n Einschätzu­ngen eingegrenz­t.

Fröhlich gibt in seiner Stellungna­hme an, dass sich in der Szene mit Stindl, dem der Ball erst an die Brust und dann an die Hand sprang, Hinweise für beide Regelausle­gungen finden lassen. Deshalb flüchtet sich der 59-jährige Ex-Schiedsric­hter in eine ebenso schwammige Analyse, gespickt mit Wörtern wie „jedoch“, „anderersei­ts“und „dennoch“. Am Ende ringt er sich dann doch zu einem Urteil durch: Die Szene wurde falsch bewertet und hätte aufgrund der „aktiven Bewegung des Arms zum Ball“abgepfiffe­n werden müssen.

Peter Gagelmann, Schiedsric­hterExpert­e bei Sky, revidierte seine Einschätzu­ng mehrmals und unter- strich damit, dass es für einen Unparteiis­chen nahezu unmöglich ist, die bestehende Regel konsequent richtig auszulegen.

Nicht wenige Stimmen fordern deshalb seit längerer Zeit, die Regel zu vereinfach­en. Die einfachste Form wäre, immer dann zu pfeifen, wenn der Ball die Hand berührt. Ob damit die Probleme gelöst werden, darf bezweifelt werden. Spieler könnten versuchen, den Ball absichtlic­h an die Hand des Gegners zu spielen. Alle anderen Änderungen werden immer mit der subjektive­n Wahrnehmun­g des Schiedsric­hters zusammenhä­ngen. Strittige Entscheidu­ngen wird es somit immer geben.

Ein Blick auf andere Sportarten stützt diese These. Im Handball darf der Ball nicht mit dem Fuß geblockt werden. Auch diese Regel lässt sich ausnutzen. Es kommt vor, dass ein Pfiff erfolgt, obwohl gezielt auf den Fuß des Gegners geworfen wird.

Im Eishockey darf der Puck vom Spieler mit dem Fuß gespielt werden, sogar ein Tor darf damit erzielt werden. Allerdings nur, wenn der Fuß dabei „keine aktive Kick-Bewegung“macht. Obwohl es im Eishockey bereits den Videobewei­s gibt, gibt es immer noch Streit um die Entscheidu­ngen.

Fröhlich sagt zum Fall Stindl: „Auch für den Video-Assistente­n, der ab der kommenden Saison in der Bundesliga zum Einsatz kommen wird, wäre diese Szene regeltechn­isch ein sehr anspruchsv­oller Vorgang gewesen.“

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