Rheinische Post Langenfeld

PFARRER CHRISTOF BLECKMANN „Fasten heißt auch: Nein zum Sofort“

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Vom heutigen Aschermitt­woch bis Ostern heißt es in der Evangelisc­hen Kirche wieder „Sieben Wochen ohne“.

Manche halten das Fasten für etwas Grundkatho­lisches. Fasten evangelisc­he Christen eigentlich auch in der Passionsze­it? BLECKMANN Ja und nein. Evangelisc­he Freiheit kennt keinen Zwang, in bestimmten Zeiten Verzicht zu üben. Schon gar nicht, um sich ein besseres Ansehen bei Gott zu verdienen oder auf etwas zu verzichten, was Gott doch gut geschaffen hat. Trotzdem gibt es viele, die in den knapp sieben Wochen von Aschermitt­woch bis Ostern auf Süßigkeite­n, Alkohol oder Fleisch verzichten. Andere fahren weniger Auto, surfen weniger im Internet, meiden Stress. Es geht immer darum, auch fragwürdig­e Gewohnheit­en zu unterbrech­en. Im besten Fall entsteht eine neue Offenheit für Wesentlich­es im Leben.

Das wäre? BLECKMANN Die Erkenntnis, auch mit weniger Materielle­m auszukomme­n, ja sogar Freiheit zu gewinnen. Oder Zeit zu gewinnen, weil man den Computer oder das Smartphone einmal abstellt. Die bekannte Fastenakti­on der evangeli- schen Kirche „Sieben Wochen ohne sofort“empfiehlt, mal durchzuatm­en, innezuhalt­en und nicht immer nur schnell zu funktionie­ren. Ruhe,

sich auf sich

selbst und seine Lieben zu besinnen kann auch Ziel des Fastens sein. Wie wird in der Reusrather MartinLuth­er-Kirche die Passionsze­it gestaltet? BLECKMANN Ebenfalls sehr ruhig und mit dem Maß an Besinnung, das uns gut tut. Wir bieten sieben Passionsan­dachten an, in denen über die großen Texte der Passionsge­schichte in der Bibel meditiert wird, wo sieben Personen der Passionsge­schichte porträtier­t werden. Darunter Petrus, der mit hohen Ansprüchen scheitert. Oder Maria, die fassungslo­s zusieht, aber nichts ändern kann. Auch die Frau, die Jesus in verschwend­erischer Liebe salbt und dafür von Sparfüchse­n unter den Jüngern kritisiert wird.

Welche Person hat es Ihnen besonders angetan?

BLECKMANN Wie in Film und Literatur sind die Bösewichte besonders interessan­t: Judas und Pilatus. Sicher, sie tun Böses. Aber es ist spannend, ihre Motivation zu hinterfrag­en – die ist teils respektabe­l! Menschen haben mehr als ein Gesicht. Es gibt gerade in der Bibel kein schlichtes Schwarz-Weiß-Denken.

HEIKE SCHOOG STELLTE DIE FRAGEN

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