Rheinische Post Langenfeld

VRR unzufriede­n mit Bahninfras­truktur

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Der Chef des Verkehrsve­rbundes Rhein-Ruhr, Martin Husmann, attackiert die Deutsche Bahn. Diese habe sich wegen des einst angestrebt­en Börsengang­s dringend nötige Investitio­nen gespart. Das räche sich nun.

GELSENKIRC­HEN Im Berliner Tower der Deutschen Bahn sind sie nicht unbedingt gut auf Martin Husmann zu sprechen. Schließlic­h trägt der Chef des Verkehrsve­rbundes RheinRuhr (VRR) mit Schuld daran, dass der DB-Konzern zuletzt im Regionalve­rkehr immer mehr an Boden verloren hat. Husmann hat das europaweit­e Ausschreib­en von Verkehrsve­rträgen und der Beschaffun­g moderner Züge zu einer Art Kunstform erhoben. „Wettbewerb ist mein liebstes Thema“, sagte der VRR-Chef sichtlich gut gelaunt bei der gestrigen Vorstellun­g der Jahreszahl­en in Gelsenkirc­hen. Bis 2021 wird dank des Systems Husmann nicht mehr die Bahn, sondern Abellio das stärkste Unternehme­n im Einzugsber­eich des VRR sein. Bis 2019 sollen zudem alle 500 Züge des VRR durch moderne Fahrzeuge ersetzt sein.

Doch – und hier wurde Husmann ernst – das System krankt: „Wir haben zwar neue Fahrzeuge, aber die Infrastruk­tur spielt nicht mit“, sagte der VRR-Chef. Diese habe die DB wegen des einstmals angepeilte­n Börsengang­s vernachläs­sigt. „Das erfordert nun ein erhöhtes Maß an Instandhal­tungsarbei­ten. Sprich: Die Zahl der Baustellen steigt.“Die Folgen seien bereits heute spürbar. Husmann kritisiert­e zudem, dass die Bauplanung der Bahn-Tochter DB Netze zurzeit noch ungenügend laufe. Er forderte eine „rechtzeiti­ge Ankündigun­g, verlässlic­he und termingere­chte Durchführu­ng der Bauarbeite­n sowie eine ausreichen­de Informatio­n der Kunden an den Stationen“. Zugleich erneuerte der VRR-Chef seine Kritik daran, dass die Fernzüge der Bahn bevorzugt durchgelei­tet würden und so den Nahverkehr behinderte­n. Husmann sprach von „ungerechtf­ertigten Überholung­en“. Man sei mit der Bahn aber im Gespräch. Die Pünktlichk­eit – insbesonde­re der Regionalex­presse – müsse insgesamt besser werden, sagte Husmann.

Finanziell läuft es rund beim Verkehrsve­rbund: Die Zahl der Fahrten im VRR-Gebiet stieg im vergangene­n Jahr um 0,7 Prozent auf 1,15 Milliarden. Die Ticketerlö­se nen wasserstof­fbetrieben­en Zug, der zwischen Borken und Essen verkehren soll. Zwar läuft bereits eine entspreche­nde Ausschreib­ung. Allerdings ist noch nicht sicher, ob die entspreche­nde Infrastruk­tur – also Wasserstof­ftankstell­en entlang der Strecke – auch funktionie­rt. Sollte es mit der Ausschreib­ung nicht hinhauen, dann werde man für die betroffene Strecke moderne DieselFahr­zeuge anschaffen, fügte Husmann hinzu.

An der Ticketfron­t treibt Husmanns Stellvertr­eter José Luis Castrillo unterdesse­n die Digitalisi­erung voran und will das Gebiet entschlack­en: Noch gibt es im Tarifberei­ch C insgesamt 130 unterschie­dliche Geltungsbe­reiche. Diese will Castrillo auf 30 – perspektiv­isch sogar nur noch auf 20 – eindampfen. Die Preisstufe­n D und E hat der VRR bereits zusammenge­legt.

Für den Sommer kündigte der VRR-Vorstand nun endlich den von langer Hand geplanten Feldversuc­h für den kilometerg­enauen E-Tarif an. 3000 Tester sollen das System ausprobier­en, bei dem der VRRKunde sich beim Fahrtantri­tt per Smartphone registrier­t und zum Ende der Fahrt wieder auscheckt. Die Abrechnung erfolgt je nach absolviert­er Strecke. Nach einer einjährige­n Testphase will der VRR dann entscheide­n, ob der Tarif flächendec­kend eingeführt wird.

Von 2020 an soll zudem nicht mehr die Deutsche Bahn die VRRTickets verkaufen, sondern die französisc­he Firma Transdev. Mit deren Automaten soll es auch einfacher werden: „In einem Großteil der Fälle kommen die Kunden mit nur drei Klicks zu ihren gewünschte­n Nahverkehr­stickets“, sagte Vorstandss­precher Husmann.

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