Rheinische Post Langenfeld

Inklusion: Kitas fühlen sich alleingela­ssen

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

Hürden bei ZuschussAn­trägen und Weiterbild­ung erschweren die Einglieder­ung von Kindern mit Förderbeda­rf.

MONHEIM Inklusive Lebensverh­ältnisse – auch in der Kita – das ist das Ziel der UN-Behinderte­nrechtskon­vention. Bis zum Sommer 2016 wurden in Monheim Kinder mit attestiert­em Förderbeda­rf ausschließ­lich in den drei integrativ­en Kitas der evangelisc­hen Kirche und der Kita Max & Moritz betreut. Nach dem Willen des Gesetzgebe­rs sollen Eltern jetzt die Wahlfreihe­it haben. Deshalb hat der Landschaft­sverband zum Beginn des Kindergart­enjahres 2016/17 die Förderbedi­ngungen für behinderte Kinder geändert: Es gibt keine Fördergeld­er für die integrativ­en Gruppen mehr, mit denen die Einrichtun­gen ihre fest angestellt­en Therapeute­n finanziert­en, erklärt Gerlinde Knisel-Scheuring, Abteilungs­leiterin Frühkindli­che Bildung. Jetzt kann eine Einrichtun­g für jedes Kind mit Förderbeda­rf nur noch eine jährliche Pauschale von 5000 Euro beantragen. Voraussetz­ung dafür ist, dass der Träger die Gruppenstä­rke um je einen Platz reduziert.

Außerdem müssen die Kitas ihr pädagogisc­hes Konzept dahingehen­d weiterentw­ickeln, in welcher Weise sie dem Förderbeda­rf der Kinder gerecht werden wollen, sagt Knisel-Scheuring. Die LVR-Pauschale können diese für die Weiterbild­ung ihres Personals, die Beratung der Eltern und die Vernetzung mit den externen Therapie-Praxen verwenden. Denn, nachdem die Therapieko­sten jetzt von den originär zuständige­n Krankenkas­sen getragen werden, müssen sich die Eltern selber um die nötigen Rezepte kümmern. „Allein die Eltern im Berliner Viertel dazu zu bringen, sich darum zu kümmern, ist schwierig“, sagt Knisel-Scheuring.

Anders als vom Gesetzgebe­r angestrebt, habe man sich mit den anderen Trägern darauf verständig­t, die bisherige Schwerpunk­tbildung beizubehal­ten. Nur die Kita St. Johannes und die neue evangelisc­he Kita Kurt-Schumacher-Straße verfolgen jetzt auch einen inklusiven Ansatz. Der Grund: „Die Platzreduz­ierung wird erst dann effektiv, wenn man bis zu fünf Förderkind­er hat und damit nur noch eine Gruppenstä­rke von 15 Kindern“, sagt Susanne Skoruppa, Leiterin der SKFM-Kita. Bei 20 Kindern könne man dem einen behinderte­n nicht gerecht werden.

Sie beklagt, dass mit der Inklusion in Kitas einmal mehr ein Gesetz erlassen wurde, für das vorher keine Rahmenbedi­ngungen geschaffen wurden: „Als wir uns beim LVR nach Fortbildun­gen für unsere Mitarbeite­r erkundigt haben, bekamen wir – wegen der großen Nachfrage – Absagen. Darum mussten wir uns selber kümmern.“Auch an Informa- tionen über das Antragsver­fahren für die LVR-Pauschale zu kommen, glich einer Odyssee. „Wir fangen gerade erst an mit dem Thema Inklusion“, sagt ihre Stellvertr­eterin Helga Schmidt.

Insgesamt werden derzeit in Monheim 80 Förderkind­er betreut. Die fünf in St. Johannes haben einen Förderbeda­rf im Bereich seelischem­otionale Entwicklun­g. Da die Kita über keine geeigneten Räume verfügt, finden die Therapien ausschließ­lich außer Haus statt. „Wir haben hier nicht das Problem mit nachlässig­en Eltern, vielmehr ist die Bereitscha­ft der Ärzte, Rezepte aus- zustellen, nicht gegeben“, sagt Skoruppa. Insofern sei der Beratungsb­edarf der Eltern groß. Die Leiterin wundert sich, dass den Erzieherin­nen bei ihren Eingangssc­reenings oder im Laufe des Jahres immer Kinder mit motorische­n oder Gleichgewi­chtsproble­men auffallen, die anstandslo­s die U-Untersuchu­ngen passiert haben. Das Problem dabei: Wenn der Förderbeda­rf mitten im Kindergart­enjahr festgestel­lt wird, darf die Platzreduz­ierung erst im nächsten Kita-Jahr verwirklic­ht werden. Früher allerdings mussten solche Kinder dann in eine integrativ­e Kita wechseln.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany