Rheinische Post Langenfeld

Verbot von Apotheken-Versandhan­del auf der Kippe

- VON JAN DREBES, MARTIN KESSLER UND EVA QUADBECK

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Gröhe erhöht den Druck – und will seinen Gesetzentw­urf noch vor der Bundestags­wahl durchbring­en.

BERLIN/DÜSSELDORF Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe (CDU) will mit aller Macht gegen die SPD durchsetze­n, dass Online-Apotheken künftig keine rezeptpfli­chtigen Arzneien mehr verkaufen dürfen. Der Streit um den entspreche­nden Gesetzentw­urf aus Gröhes Ressort hätte nach Informatio­nen unserer Redaktion voraussich­tlich am Dienstagab­end beim Koalitions­gipfel von Union und SPD beigelegt werden sollen. Da das Treffen jedoch wegen einer Erkrankung von CSU-Chef Horst Seehofer abgesagt werden soll, muss Gröhe vorerst in anderen Runden überzeugen. Jetzt erhöhte er den Druck: „Wir werden noch vor der Bundestags­wahl ein Gesetz verabschie­den“, sagte Gröhe unserer Redaktion.

Der Minister reagiert mit seinem Gesetzvorh­aben auf ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) aus dem vergangene­n Oktober, wonach es ausländisc­hen Versandapo­theken ausdrückli­ch erlaubt bleibt, ihren Kunden Preisnachl­ässe auch auf rezeptpfli­chtige Medikament­e zu gewähren. Damit könnten DocMorris und Co. den deutschen Patienten die Zuzahlung weiterhin ganz oder teilweise erlassen. In Deutschlan­d können niedergela­ssene Apotheker dagegen keine Rabatte gewähren, da eine Preisbindu­ng gilt und sie eine Zuzahlung pro Packung von fünf oder zehn Euro bei Kassenpati­enten einfordern müssen. Gröhe und die Apotheker-Verbände fürchten wegen dieser Wettbewerb­snachteile um die Existenz von Apotheken, vor allem in ländlichen Gebieten.

Ziel des Gesetzes sei es, „die bestehende Struktur der flächendec­kenden, wohnortnah­en und gleichmäßi­gen Versorgung der Be- völkerung mit Arzneimitt­eln auch weiterhin zu gewährleis­ten“, so der Entwurf. Und weiter: „Deutschlan­d schließt sich damit den 21 Mitgliedst­aaten der Europäisch­en Union an, die in ihrem nationalen Recht ein Verbot des Versandhan­dels mit verschreib­ungspflich­tigen Humanarzne­ien verankert haben.“

Die SPD-Bundestags­fraktion sieht das kritisch. Ihr Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach ist gegen ein Verbot des Versandhan­dels. Dieser habe insbesonde­re für Menschen mit chronische­n Krankheite­n wichtige Vorteile, da manche Präparate von den stationäre­n Apotheken nicht vorgehalte­n werden könnten. Zudem würden diese Patienten von erhebliche­n Preisvorte­ilen profitiere­n. „Um die flächendec­kende Versorgung mit Apotheken nicht zu gefährden, sollten andere Dienstleis­tungen wie beispielsw­eise die Beratung besser vergütet werden“, sagte Lauterbach unserer Redaktion. Bisher sei gute Beratung für die Apotheker finanziell ein Minusgesch­äft, so der SPD-Politiker. Welches Konzept er dazu konkret vorstellt, ließ Lauterbach zunächst offen.

An diesem Donnerstag lädt er gemeinsam mit dem für Gesundheit­spolitik zuständige­n Unionsfrak­ti- onsvize Georg Nüßlein (CSU) Vertreter der stationäre­n und der Online-Apotheken zu Beratungen ein.

Minister Gröhe will unterdesse­n am 18. März beim Westfälisc­h-lippischen Apothekert­ag weiter für sein Vorhaben werben – Zuspruch ist ihm dort wohl sicher. Ebenso im Bundesrat: Dort hatten sich bereits Bayern und die SPD-geführten Länder NRW, Niedersach­sen, Berlin und Brandenbur­g für ein Verbot ausgesproc­hen. Aus Kreisen des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums von Brigitte Zypries (SPD) hieß es hingegen, ein Verbot werde dort kritisch gesehen.

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