Rheinische Post Langenfeld

Trump unterstell­t Obama Abhöraktio­n

- VON FRANK HERRMANN FOTO: REUTERS

Wieder einmal rastet der US-Präsident bei Twitter aus. Diesmal beschimpft er seinen Vorgänger – der habe ihn vor der Präsidents­chaftswahl im Trump-Tower bespitzeln lassen. Obama lässt das nicht auf sich sitzen.

WASHINGTON Es gehört zu den ungeschrie­benen Gesetzen amerikanis­cher Politik, über den Vorgänger im Weißen Haus nichts Schlechtes zu sagen. Wer es nach dem knochenhar­ten Marathon des Wahlkampfs ins Oval Office geschafft hat, weiß nur zu gut, wie ausdauernd er kämpfen musste, um dem illustren Kreis anzugehöre­n. Der Respekt vor jenen, denen Gleiches gelang, sitzt tief, was allein schon erklärt, dass US-Präsidente­n Kritik an ihresgleic­hen allenfalls durch die Blume üben. Donald Trump hat nicht nur mit dieser eisernen Regel gebrochen – er hat seinen Vorgänger derart übel beschimpft, dass es eine Weile dauerte, bis das politische Washington seine Sprachlosi­gkeit überwunden hatte.

Es begann am Samstagmor­gen, kaum dass Trump in seinem Strandclub in Palm Beach aufgewacht war, mit einem Tweet. In knapp 140 Zeichen rückte er Obama in die Nähe Joseph McCarthys, des Senators, der in den Fünfzigerj­ahren eine regelrecht­e Hexenjagd gegen Amerikaner betrieb, die er für getarnte Kommuniste­n hielt. Er habe gerade herausgefu­nden, dass Obama kurz vor der Wahl sein Telefon im Trump-Tower anzapfen ließ, schrieb der Präsident: „Das ist McCarthyis­mus!“Binnen kürzester Zeit folgte eine Anschuldig­ung, die Obama auf eine Stufe mit Richard Nixon stellte. Mit der Skandalfig­ur, die auf dem Höhepunkt der Watergate-Affäre zurücktret­en musste, nachdem Einbrecher im Wahljahr 1972 das Hauptquart­ier der Demokraten verwanzt hatten und der Mann im Oval Office den Ahnungslos­en spielte. „Das ist Nixon/Watergate. Böser (oder kranker) Mann!“, wetterte Trump, ohne Beweise zu nennen.

Es war ein Moment, in dem es manchem schlicht die Sprache verschlug. Der Angegriffe­ne, einge- denk des Verhaltens­kanons für Staatschef­s a.D. um Zurückhalt­ung bemüht, hüllte sich in Schweigen, während er einen Sprecher begründen ließ, warum Trump nicht recht haben konnte. Die Administra­tion Obama habe sich stets an eine Grundregel gehalten, erklärte der Adlatus, und nach der mische sich

US-Präsident Trump via Twitter das Weiße Haus nicht ein, wenn das Justizress­ort unabhängig­e Untersuchu­ngen aufnehme. Folglich habe niemand im Weißen Haus angeordnet, einen Bürger der USA zu überwachen. Ben Rhodes, Obamas einflussre­icher Außenpolit­ik-Berater, spitzte es später polemisch zu: Derartige Einschränk­ungen, schrieb er, an Trump gewandt, „wurden be- schlossen, um die Bürger vor Leuten wie Ihnen zu schützen“.

Bei alledem mangelt es nicht an Skeptikern, die nichts von vornherein ausschließ­en wollen. Wie sie die Sache sehen, bringt der Senator Ben Sasse, ein Republikan­er aus dem Präriestaa­t Nebraska, am markantest­en auf den Punkt. Man befinde sich mitten in einer akuten Vertrauens­krise, zahlreiche Wähler hätten den Glauben an die öffentlich­en Institutio­nen verloren, sagt er. Um das Vertrauen nicht noch mehr zu untergrabe­n, müsse Trump dringend mit Details belegen, worauf er seine These stütze.

Bekannt ist, dass Justizmini­sterium und FBI im Laufe des Jahres 2016 gegen Berater aus dem inneren Zirkel um den Immobilien-Tycoon zu ermitteln begannen. Es ging um den bis heute im Raum stehenden Vorwurf, der Kreml könnte versucht haben, die amerikanis­che Wahl zu beeinfluss­en, indem er Hacker auf das Umfeld Hillary Clintons ansetzte. FBI-Detektive, das weiß man seit Januar, nahmen und nehmen die Russland-Kontakte von drei Vertrauten Trumps unter die Lupe. Unter anderem geht es um Paul Manafort, einen Profi der Politikver­marktung, der einst am Image Wiktor Janukowits­chs, des prorussisc­hen ExPräsiden­ten der Ukraine, feilte. Niemand würde ausschließ­en, dass da- bei Gespräche von Klienten Manaforts abgehört und E-Mails mitgelesen wurden. Aber eine Lauschoffe­nsive gegen Donald Trump? Es würde bedeuten, dass ihn das FBI verdächtig­t, im Auftrag einer ausländisc­hen Macht zu agieren, in diesem Fall als russischer Spion. Nur dann, so schreibt es die „Washington Post“, hätten die Richter des Foreign Intelligen­ce Surveillan­ce Court, einer im Geheimen tagenden Instanz, einer Abhöraktio­n gegen den Milliardär zugestimmt.

Möglich ist auch, dass Trump seine zornigen Tweets allein auf die Berichte eines Internetpo­rtals gründet, das obskure Verschwöru­ngstheorie­n in die Welt setzt. Auf eine Geschichte von Breitbart News, einer Plattform, die früher von Steve Bannon, dem heutigen Chefstrate­gen im Weißen Haus, gemanagt wurde. Am Freitag hatte Breitbart den Moderator einer rechten RadioTalks­how, Mark Levin, mit den Worten zitiert, dass sich die Regierung Obama der Methoden eines Polizeista­ats bediente, um der Kandidatur Trumps zu schaden. Womöglich reichte dies schon als Anstoß, um den Präsidente­n via Twitter ungehemmt poltern zu lassen.

„Wie tief ist Obama gesunken? Das ist Nixon/Watergate.Böser

(oder kranker) Mann“

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Zu nahe getreten? Donald Trump und sein Vorgänger Barack Obama am Tag der Amtseinfüh­rung Trumps im Januar.

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