Rheinische Post Langenfeld

Zum Abschied ein Lächeln

- VON SEBASTIAN BERGMANN

Bayer 04 hat sich nach 978 Tagen von Trainer Roger Schmidt getrennt. Ein Nachfolger soll heute vorgestell­t werden.

LEVERKUSEN Ob Roger Schmidt von seiner bevorstehe­nden Entlassung gewusst hat? Falls ja, dann hat sich der Bayer-Coach nach dem Training im Schatten der BayArena gestern Morgen zumindest nichts anmerken lassen. Wie selbstvers­tändlich schrieb der 49-Jährige Autogramme, posierte mit Fans für Selfies – ein schnelles Lächeln für die Kamera, ein Klick und fertig. Drei Stunden später war für Schmidt das Kapitel

„Eine Trennung ist zwar schmerzhaf­t, aber für die Zielerreic­hung

unumgängli­ch“

Michael Schade

Klubchef Bayer 04

Bayer 04 beendet. „Angesichts der aktuellen sportliche­n Entwicklun­g sind wir nach sehr ausführlic­her Analyse und Beratung zu der Auffassung gelangt, dass eine Trennung zwar schmerzhaf­t, aber für die weitere Entwicklun­g und Zielerreic­hung von Bayer 04 unumgängli­ch ist“, sagte Geschäftsf­ührer Michael Schade.

Die Entscheidu­ng, den im Sommer 2014 mit vielen Vorschussl­orbeeren von Red Bull Salzburg verpflicht­eten Trainer zu entlassen, kommt nicht ohne Vorwarnung. Leverkusen spielt die schlechtes­te Bundesliga-Saison seit 14 Jahren und droht erstmals seit 2009 einen internatio­nalen Wettbewerb zu verpassen. In der aktuellen Champions-League-Saison steht die Werkself nach dem 2:4 im Achtelfina­le gegen Atlético Madrid vor dem Aus. Das über weite Strecken desolate 2:6 am Samstag beim Tabellendr­itten Borussia Dortmund hat das Fass zum Überlaufen gebracht.

Während Schmidt noch auf dem Fußballpla­tz Bälle und Hütchen einsammelt­e, fiel einige Meter entfernt in der BayArena hinter verschloss­enen Türen die Entscheidu­ng gegen den Trainer. Klubboss Schade, Sportdirek­tor Rudi Völler, Manager Jonas Boldt sowie Aufsichtsr­atschef Werner Wenning zogen die Notbremse. Vor allem Völler fiel der Beschluss schwer. Er hatte sich in den vergangene­n Monaten immer wieder wie ein Prellbock vor Schmidt gestellt und den Trainer auch nach wiederholt­en Ausrastern an der Seitenlini­e – Schmidt wurde in seiner Amtszeit insgesamt drei Mal auf die Tribüne verbannt – geschützt.

„Ich halte Roger Schmidt für einen absoluten Top-Trainer und habe mich deshalb immer und überall aus voller Überzeugun­g für ihn eingesetzt“, sagte der Weltmeiste­r von 1990. Aber Bayer musste „jetzt handeln, wenn wir unsere Ziele nicht vollends aus den Augen verlieren wollen“. Entscheide­nd sei jetzt, Konstanz in die Leistungen der Mannschaft zu bringen. Völler: „Unser Team hat große Qualitäten, die es allerdings viel zu selten in dieser Saison gezeigt hat. Die Spieler stehen nach der Trennung von Roger Schmidt mehr denn je in der Pflicht und in der Verantwort­ung, diese Qualitäten wieder freizuset- zen.“Bereits die Partien in Köln im Dezember sowie gegen Frankfurt im Februar wurden zu Schicksals­spielen für den mitunter eigenwilli­gen Trainer auserkoren. Doch immer wieder konnte er den Kopf aus der Schlinge ziehen. Jetzt traf es ihn doch.

Klubchef Schade hob noch einmal die positiven Aspekte von Schmidts Bayer-Karriere hervor. „In seiner Amtszeit haben wir uns dreimal für die Gruppenpha­se der Champions League qualifizie­rt. Außerdem hat er junge Spieler weiter- entwickelt und zu Nationalsp­ielern geformt“, sagte Schade. In Benjamin Henrichs, Jonathan Tah, Julian Brandt, Karim Bellarabi und Bernd Leno haben mehrere Spieler von Bayer 04 in Schmidts Ägide den Weg in die Nationalma­nnschaft gefunden – ein Verdienst, den er sich auf die Fahne schreiben kann.

Als mögliche Interimslö­sung wird Markus von Ahlen (46) gehandelt. Der ehemalige Trainer von 1860 München ist derzeit für Bayers U19 verantwort­lich. Heute will der Klub seinen neuen Coach vorstellen.

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FOTO: FIRO Der letzte Auftritt als Leverkusen­s Cheftraine­r: Roger Schmidt im Dortmunder Stadion.

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