Rheinische Post Langenfeld

„Schwarze Witwen“in Luzern

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Der Luzern-„Tatort“hat einen Krieg ins Zentrum gerückt, der ein wenig in Vergessenh­eit geraten ist: Seit 1991 schwelt in Tschetsche­nien, einer autonomen russischen Republik, ein Konflikt zwischen muslimisch­en Separatist­en und Russlandtr­euen. Der Fall „Kriegsspli­tter“wurde dem Thema aber nicht gerecht. Eine unnötige Liebesgesc­hichte für Kommissar Reto Flückiger (Stefan Gubser), ein SchnellKur­sus über die Auseinande­rsetzung im Nordkaukas­us und eine Handlung, die von zu vielen Zufällen lebt. Zufällig bekommt der Kommissar eine Tür ins Gesicht, zufällig kann Tschetsche­nin Nura ihren Bruder Nurali dank einer Blackbox durchs fremde Luzern verfolgen. Besonders unsinnig wirkt die erste falsche Spur mit einer Fotografin, die unter Mordverdac­ht gerät. Gibt es schwarze Witwen? Nura wirft ihrem Onkel vor, ihre Mutter zu einem Selbstmord­kommando gezwungen zu haben. Er behauptet, sie habe es freiwillig gemacht und sei eine „schwarze Witwe“. So bezeichnet man tschetsche­nische Selbstmord-Attentäter­innen, deren Männer schon im Kampf gefallen sind und die sich am Feind rächen. In der streng patriarcha­lischen Gesellscha­ft ist es eigentlich unüblich, dass Frauen zu den Waffen greifen. „Schwarze Witwen“waren aber an mehreren verheerend­en Terroransc­hlägen wie in einer Schule in Beslan oder in einem Theater in Moskau beteiligt. Martina Stöcker

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