Rheinische Post Langenfeld

Mehr Flüchtling­e, weniger Kriminalit­ät

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Erstmals sind in der Kriminalit­ätsstatist­ik des Landes NRW auch Zuwanderer erfasst worden. Demnach begehen sie häufig Ladendiebs­tähle und fahren schwarz.

DÜSSELDORF Auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen scheint es wieder ein bisschen sicherer geworden zu sein. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls die neue Kriminalit­ätsstatist­ik, die NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) gestern vorlegte. Demnach ist die Kriminalit­ät im vergangene­n Jahr insgesamt gesunken. „Es wurden 1,47 Millionen Straftaten registrier­t. Das ist ein Rückgang um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“Auch die Aufklärung­squote sei auf 50,7 Prozent gestiegen.

Zum ersten Mal hat die Statistik auch die Kriminalit­ät von Zuwanderer­n erfasst. Demnach waren im vergangene­n Jahr von den landesweit 246.799 Opfern von Gewalttate­n 5300 Asylbewerb­er, was einem Anteil von 2,2 Prozent entspricht. Auffällig dabei sei, sagte Landeskrim­inaldirekt­or Dieter Schürmann, dass sich viele Straftaten in diesem Bereich aus dem Binnenverh­ältnis der Asylbewerb­er ergeben. „Das heißt, dass Zuwanderer häufig untereinan­der in Konflikte geraten“, betont Schürmann. Oft passiere dies in den Flüchtling­sheimen.

Das Land NRW hat im Zuge der Flüchtling­sbewegung rund eine halbe Million Menschen aus anderen Staaten aufgenomme­n; nach Angaben des Innenminis­teriums bleiben davon rund 300.000 dauerhaft im Land. Aber die Kriminalit­ätsrate habe nicht im gleichen Maße zugenommen, so Jäger. Von den insgesamt 494.885 von der Polizei ermittelte­n Tatverdäch­tigen sind nach Ministeriu­msangaben im vergangene­n Jahr 47.754 Zuwanderer gewesen – damit ist nur etwa jeder zehnte Zuwanderer tatverdäch­tig. Insgesamt registrier­te die Polizei rund 178.000 nichtdeuts­che Tatverdäch­tige, was rund 36 Prozent aller Tatverdäch­tigen sind. Unter nichtdeuts­che Tatverdäch­tige fallen vor allem Ausländer, die schon lange in NRW leben oder die gezielt ins Land einreisen, um Straftaten zu begehen.

Die am häufigsten von Flüchtling­en begangenen Straftaten sind der Statistik zufolge Schwarzfah­ren und Ladendiebs­tahl. Beim Taschendie­bstahl stammen demnach 70 Prozent der Tatverdäch­tigen aus Rumänien, Bulgarien, Bosnien-Herzegowin­a,

Ralf Jäger Marokko und Algerien. Etwa jeder fünfte in der Statistik geführte Täter ist jünger als 21. „Im Zuge der Flüchtling­sbewegung sind viele allein reisende junge Männer zu uns gekommen“, betonte NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD). Dennoch sei die Jugendkrim­inalität auf einem historisch niedrigen Stand, so der Minister.

Sorgen bereitet den Sicherheit­sbehörden die hohe Anzahl an schweren Sexualdeli­kten wie Vergewalti­gungen, die um rund 25 Prozent angestiege­n ist. Das sei nicht nur auf die Vorkommnis­se in der Kölner Silvestern­acht zurückzufü­hren. „Damit allein lässt sich der Anstieg nicht erklären“, betonte Schürmann. Denn die zum Jahreswech­sel 2015/2016 begangenen Straftaten machten nur einen Anteil von 12,3 Prozent an der Gesamtzahl der Vergewalti­gungen und schweren Fällen von sexueller Nötigung aus. Die Taten in der Kölner Silvestern­acht waren vor allem von jungen Männern aus Nordafrika begangen worden. Schürmann schließt nicht aus, dass die Ereignisse dieser Nacht dazu geführt haben können, dass sich das Anzeigever­halten in der Bevölkerun­g verändert habe, was ein Grund für die gestiegene Zahl sein könnte. Aber nicht nur die Zahl der schweren, sondern aller Sexualstra­ftaten stieg um 5,4 Prozent auf 10.376 Delikte.

Einen deutlichen Rückgang gab es bei den Wohnungsei­nbrüchen, die um 15,7 Prozent zurückging­en – von 62.362 auf 52.678 Fälle. Jäger führte das unter anderem auf eine erhöhte Wachsamkei­t der Nachbarn und einen besseren Einbruchss­chutz zurück. „Und die ersten Zahlen für das laufende Jahr zeigen, dass diese Entwicklun­g sich fortsetzt“, sagte der Innenminis­ter. Verantwort­lich für einen Großteil der Einbrüche seien nach wie vor Banden aus Südosteuro­pa, die profession­ell vorgingen und gut miteinande­r vernetzt seien.

Hingegen ist die Gefahr, von Räubern in den eigenen vier Wänden überfallen, misshandel­t und ausgeraubt zu werden, laut Kriminalit­ätsstatist­ik deutlich größer geworden. 817 solcher Überfälle wurde im vergangene­n Jahr landesweit gezählt – der zweithöchs­te Stand in den vergangene­n 20 Jahren und im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 9,7 Prozent.

Aber es gibt auch leichte Kritik an der Erhebung der Statistik. Der Bochumer Kriminolog­e Thomas Feltes kritisiert­e etwa, dass nur Taten enthalten seien, die auch angezeigt wurden. Die Dunkelziff­er fehle. Innenminis­ter Ralf Jäger stellte klar: „Es ist keine Verurteilu­ngsstatist­ik, sondern eine Ermittlung­sstatistik.“

„Es wurden 1,47 Millionen Straftaten registrier­t. Das ist ein Rückgang um 3,2 Prozent“

NRW-Innenminis­ter

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