Rheinische Post Langenfeld

Wettlauf um Deutsche-Bank-Chefposten

- VON GEORG WINTERS

Marcus Schenck und Christian Sewing gelten nach ihrer Berufung zu stellvertr­etenden Vorstandsv­orsitzende­n als Kronprinze­n von John Cryan. Das kann gut gehen. Aber der Konkurrenz­kampf könnte der Bank auch schaden.

FRANKFURT Eine bevorstehe­nde Kapitalerh­öhung ist Gift für Aktionäre. Entweder sie nehmen Geld in die Hand und kaufen neue Aktien, damit ihr Anteil am Unternehme­n derselbe bleibt, oder sie tun nichts und nehmen damit in Kauf, dass ihr Anteil schrumpft. In dem Fall bekommen sie vom Gewinn anteilig auch weniger ab. Dieses Szenario ist am Wochenende wohl auch manchem Deutsche-Bank-Aktionär schmerzlic­h bewusst geworden. Der Aktienkurs brach gestern Morgen zum Handelssta­rt um fast sieben Prozent ein, nachdem die Bank am Sonntag ihre Pläne für eine Kapitalerh­öhung bestätigt hatte. Später erholte sich die Aktie, aber mit einem Minus von über drei Prozent war sie am Ende noch einer der großen Verlierer.

Und Verlierer zu sein, ist nie schön. Womöglich wird spätestens in drei Jahren diese Erfahrung auch einer der beiden Männer machen, die am Wochenende zu stellvertr­e- tenden Vorstandsv­orsitzende­n berufen wurden und damit als Kronprinze­n von Konzernche­f John Cryan gelten: Marcus Schenck und Christian Sewing. Auch wenn von Kronprinze­n noch niemand spricht, vorerst zumindest nicht. Die beiden sollten ihn entlasten, sagte Cryan. Sein Terminkale­nder sei randvoll: „Es gibt so viel zu tun.“Allerdings müsse man für eine Aufgabenve­rteilung nicht unbedingt die Hierarchie im Vorstand verändern, heißt es in Bankenkrei­sen. Wer zwei Manager zum Stellvertr­eter des Chefs mache, der habe sie offenbar für höhere Aufgaben vorgesehen.

Die beiden Hoffnungst­räger stehen für zwei der drei Kernbereic­he, in denen die Deutsche Bank nach dem x-ten Umbau der vergangene­n Jahrzehnte tätig ist. Schenck soll das wieder zusammenge­führte Investment­banking leiten, Sewing hat das Sagen im Privat- und Firmenkund­engeschäft. Dass beide zu Cryans Stellvertr­etern gekürt worden seien, mute an wie der Aufruf zum Zwei- kampf um den Chefposten ab 2020, heißt es – wenn nicht noch einmal eine Doppelspit­ze gewollt sei. 2020 läuft Cryans Vertrag aus, und niemand mag daran glauben, dass der als Sanierer ganz nach oben beförderte Brite seinen Vertrag noch einmal verlängert oder dass der Vertrag verlängert wird. Die Aufräumarb­eiten sollten dann beendet sein.

Zweikampf – das hieße Privatkund­engeschäft gegen Investment­banking. In den vergangene­n Jahren war das auch eine Frage des Paradigmas. Zu Hochzeiten von Anshu Jain wurden die Investment­banker mal als Regenmache­r gefeiert, mal als Hasardeure beschimpft. Mal bescherten sie Milliarden­gewinne, mal neunstelli­ge Verluste. Aber dem Privatkund­engeschäft ging es kaum anders. Mal durfte sich die Sparte als langweilig­es Anhängsel fühlen, mal als Ertragssta­bilisator.

Die Aussicht auf den Chefposten könnte beide Manager natürlich zu Höchstleis­tungen treiben, aber so ein Konkurrenz­kampf kann der Gesamtbank auch schaden – dann nämlich, wenn die Kandidaten in ihrem Bereich zu große Risiken eingehen, um die eigene Sparte möglichst erfolgreic­h zu machen. Was die reinen Zahlen angeht, birgt Schencks künftiges Ressort den größeren Glanz, aber auch mehr Risiko. Dafür wirkt Sewing, derzeit jüngstes Vorstandsm­itglied, ein bisschen wie der neue Jürgen Fitschen: Seit 1989 ist der Mann, der bei der Deutschen Bank eine Lehre machte, im Konzern. Ein Zeichen für Kontinuitä­t. Auch solche Leute kommen bisweilen ganz nach oben.

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FOTOS: EON, DEUTSCHE BANK Sie könnten an die Spitze der Deutschen Bank aufrücken: Marcus Schenck (l.), früher Eon-Finanzvors­tand, und Christian Sewing.
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