Rheinische Post Langenfeld

Wachsam, wachsamer, Neuer

- VON PATRICK SCHERER

Der Bayern-Torhüter beweist aufs Neue seine Weltklasse. Beim FC Arsenal könnte er heute ausfallen.

KÖLN Der Kopfball war nahezu perfekt angesetzt: Mit möglichst viel Druck im Rückwärtsl­aufen, gegen die Laufrichtu­ng des Torhüters. Yuya Osako hatte alles in seiner Macht Stehende getan, um Köln in Führung zu bringen. Gegen die meisten Torhüter hätte das auch gereicht. Nicht aber gegen Manuel Neuer. Der Bayern-Torwart lenkte den Ball in unnachahml­icher Art mit seinen Fingerspit­zen der linken Hand doch noch über die Latte. Die Parade war eine abermalige Bestätigun­g dafür, dass der 30-Jährige im vergangene­n Jahr völlig zu Recht zum vierten Mal in Folge als Welttorhüt­er des Jahres ausgezeich­net wurde. Heute Abend, im Achtelfina­l-Rückspiel der Champions League beim FC Arsenal in London (Hinspiel 5:1), muss der Keeper vielleicht pausieren. Eine Wadenverhä­rtung zwang ihn gestern dazu, im Training kürzer zu treten.

Die Szene in Köln unterstric­h nicht nur Neuers außerorden­tliche athletisch­e Fähigkeite­n, sondern vielmehr noch seine mentale Stärke. Als Torhüter der Übermacht im deutschen Fußball wird er in der Regel nicht vom Gegner warmgescho­ssen. Nein, als Schlussman­n dieser Bayern-Mannschaft wird er meist nur ein, zwei, vielleicht drei Mal geprüft. In diesen Szenen gilt es, zur Stelle zu sein. Neuer ist auf dem Gebiet der andauernde­n Wachsamkei­t unantastba­r. Unvergesse­n ist sein Reflex gegen Karim Benzema kurz vor Ende des WM-Viertelfin­als 2014 gegen Frankreich (1:0).

Im Spiel zuvor gegen Algerien (2:1 nach Verlängeru­ng) hatte Neuer bereits eine seine weiteren herausrage­nden Qualitäten präsentier­t: das Mitspielen als quasi gleichwert­iger Feldspiele­r, als Ausputzer und spielstark­er Libero. Der „Kicker“taufte ihn daraufhin „falsche 5“. Diese Fähigkeite­n pflegt Neuer nicht nur, sie sind für ihn verpflicht­endes Stilmittel bei der Vereinswah­l. Als Neuer im vergangene­n Jahr seinen Vertrag beim FC Bayern bis 2021 verlängert hatte, sagte er kurz darauf: „Ich würde zu keinem Verein wechseln, bei dem ich jeden Ball lang schlagen muss.“

Mitverantw­ortlich für die Entwicklun­g des Weltmeiste­rs ist vor allem ein Mann, dessen Namen nur wenige auf dem Schirm haben: Toni Tapalovic, ehemaliger Bundesliga- Keeper bei Schalke und Bochum, jetzt Torwarttra­iner beim FC Bayern. „Er ist für mich im Profifußba­ll die wichtigste Figur“, sagt Neuer.

Längst ist die Abscheu vergessen, die Neuer entgegensc­hlug, als der damals 25-Jährige im Jahr 2011 vom FC Schalke 04 nach München wechselte. „Koan Neuer“-Plakate wurden in der Arena in Fröttmanin­g jedenfalls lange nicht mehr gesichtet. Auch die Bayern-Ultras, die Neuer damals seine Zugehörigk­eit zur Gelsenkirc­hener Ultraszene übelnahmen, stellten mit den Jahren ihren vermeintli­ch verletzten Stolz hinten an. Sie haben erkannt, dass es weit wertvoller ist, den besten Torhüter der Welt im Kasten zu wissen. Champions League, Achtelfina­le, Rückspiele: FC Arsenal - FC Bayern (Hinspiel 1:5), Neapel - Real Madrid (1:3) beide heute, 20.45 Uhr; Dortmund - Benfica Lissabon (0:1), Barcelona - Paris (0:4) beide morgen, 20.45 Uhr. Leicester - Sevilla (1:2), Juventus - Porto (2:0) beide Di. 14. März; Atlético Madrid - Leverkusen (4:2), Monaco - ManCity (3:5) beide Mi. 15. März.

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FOTO: DPA

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