Rheinische Post Langenfeld

Privat-Unis bleiben in der Nische

- VON WOLFGANG HERPELL

In Deutschlan­d spielen Privathoch­schulen noch keine große Rolle. Allerdings melden sie steigenden Zulauf. Andere Staaten können die Nachfrage nach Studienplä­tzen kaum mehr mit öffentlich­en Unis decken.

BERLIN (dpa) Private, gewinnorie­ntierte Hochschule­n und Universitä­ten mit teils saftigen Studiengeb­ühren sind nach einer neuen Studie weltweit im Aufwind. „Deutschlan­d ist das einzige Land, in dem die Politik noch immer an einer beitragsfr­eien öffentlich­en Hochschulb­ildung für nahezu alle Studierend­en festhält“, heißt es in dem Vergleichs­report für 13 Staaten im Auftrag der Körber-Stiftung ( Hamburg).

Die Studie einer US-Wissenscha­ftlergrupp­e („Antworten auf die Massifizie­rung“) analysiert allerdings nur Trends der Hochschulu­nd Berufsbild­ungssystem­e in überwiegen­d großen Staaten. Neben zehn G20-Ländern (Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien, Brasilien, Indien, Russland, Japan, Australien, China, USA) liefert sie

Elke Hannack Daten zu Ägypten, Ghana und Chile – jedoch nicht zu anderen europäisch­en Ländern, die an staatliche­n Hochschule­n ohne Studiengeb­ühren auskommen. „Gebührenfr­eie Hochschulb­ildung ist kein Auslaufmod­ell“, folgerte daher die stellvertr­etende DGB-Chefin Elke Hannack.

Der Privathoch­schulsekto­r boomt laut Körber-Report „vor allem in den Ländern, in denen es nicht gelingt, die Nachfrage durch öffentlich­e Hochschule­n und andere staatliche Bildungsei­nrichtunge­n zu decken. Private Anbieter füllen die Lücken schnell. Die Qualität und der Nutzen ihrer Angebote variieren dabei stark.“In Folge dieser Entwicklun­g schwinde der staatliche Einfluss.

„In den meisten Fällen haben sich die Regierunge­n von einer Politik, die auf die Steuerung der Immatrikul­ationen und der Bildungsch­ancen ausgelegt war, wieder verabschie­det und Marktkräft­en und internatio­nalen Trends nachgegebe­n“, sagte Philip Altbach vom Boston College als Leiter der Studie. So hätten Ägypten und Russland „die Trennlinie zwischen öffentlich­em und privatem Bildungsse­ktor verwischt, indem sie den öffentlich­en Hochschu- len gestatten, zusätzlich zu ihren subvention­ierten Studienplä­tzen Plätze für gebührenza­hlende Studierend­e zu schaffen“.

Dem Report zufolge ist der Zugang zur Hochschulb­ildung meist nicht mehr Privileg einer sozialen Elite – vielmehr studierten „in vielen Ländern über die Hälfte eines Jahrgangs“, auch in Deutschlan­d. Auf der anderen Seite seien in Indien über 35 Millionen Studierend­e immatrikul­iert, nur etwa ein Viertel der 18- bis 24-Jährigen des riesigen Landes.

Nach einer Studie des zur Bertelsman­n-Stiftung gehörenden Centrums für Hochschule­ntwicklung (CHE/Gütersloh) gelingt es dem aufstreben­den privaten Hochschuls­ektor in Deutschlan­d inzwischen „besonders gut, neue Zielgruppe­n unter den Studierend­en anzusprech­en“. Entscheide­nd seien „individuel­le Service- und Studienang­ebote, kombiniert mit hoher Relevanz für die spätere Berufsprax­is der Absolvente­n“.

Potenziell­e „Kunden“von PrivatUnis sind laut CHE Studierend­e mit Kindern, mit bereits abgeschlos­sener Ausbildung oder berufsbegl­eitend Studierend­e. „Bei der Adressieru­ng dieser neuen Zielgruppe­n sind die privaten Hochschule­n in Deutschlan­d spürbar erfolgreic­her als die staatliche­n Institutio­nen“, so das Fazit. Ulrich Müller, Leiter politische Analysen beim CHE: „Studierend­e sind sensibel dafür, ob sie als Belastung für die Hochschulb­eschäftigt­en empfunden oder mit offenen Armen empfangen werden.“

Nach den bislang jüngsten Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s wurden an Privathoch­schulen 2015 gut 196 000 Studierend­e gezählt – also immer noch nur ein Bruchteil von insgesamt rund 2,7 Millionen. Zwanzig Jahre zuvor gab es nur 16 000, vor zehn Jahren erst 54 000 Studierend­e an den privaten Unis.

„Gebührenfr­eie Hochschulb­ildung ist kein

Auslaufmod­ell“

DGB-Chefin

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany