Rheinische Post Langenfeld

Der Weinanbau wandert in den Norden

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Die Qualität deutscher Weine legt auch wegen des Klimawande­ls weiter zu. Erste RP-Expertenze­it mit Weinprobe am Sonntag.

DÜSSELDORF Darüber lacht oder schmunzelt inzwischen kaum noch jemand – dass ein wirklich guter Bordeaux zum Ende unseres Jahrhunder­ts möglicherw­eise in Schottland angebaut werden könnte. Schon jetzt sind auf Weinmessen Länder wie Polen und Großbritan­nien vertreten. Der bedenklich­e Hintergrun­d der Pointe ist der Klimawande­l. Nach den Berechnung­en der Wissenscha­ftler wandert der Weinanbau mit jedem Grad etwa 180 Kilometer in Richtung Norden, also in kühlere Regionen.

Bis dahin müssen wir also mit dem vorlieb nehmen, was hierzuland­e an den Rebstöcken reift. Und das ist seit geraumer Zeit ein Wein von hoher Qualität. „Es ist, als habe Mitte der 1980er Jahre jemand ein- fach einen Schalter umgestellt und die Temperatur­en steigen lassen“, so Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstit­uts. Seitdem gibt es praktisch nur noch gute oder sehr gute Jahrgänge. Missernten werden so gut wie nicht mehr vermeldet.

Natürlich kommt es bei den zunehmende­n Wetterextr­emen auch zu Ausreißern – wie das Hitzejahr 2003, das eine sehr frühe Lese notwendig machte und Weine hervorbrac­hte, die mächtig schwer waren und einen hohem Alkoholgeh­alt hatten. Was den Rotweinen sehr gut tut, ist bei Weißweinen eher störend. Von der berühmten Leichtigke­it eines Mosel-Kabinett-Rieslings vor 20 Jahren etwa wird man sich endgültig verabschie­den müssen. Manche halten darum schon jetzt Ausschau nach hierzuland­e noch selten angebauten, aber großen weißen Rebsorten wie Sauvignon Blanc oder auch Chardonnay.

Das Ende des Rieslings – Deutschlan­ds Aushängesc­hild beim Weißwein – ist aber längst nicht eingeläute­t. Denn Rebsorten sind widerständ­ige und höchst anpassungs­fähige Pflanzen, so Professor Manfred Stoll, der an der Universitä­t von Geisenheim das Institut für allgemeine­n und ökologisch­en Weinbau leitet. Schließlic­h werde Riesling auch in Australien angebaut. Allerdings könnte sich mit veränderte­r Säureund Fruchtstru­ktur – auch durch die Abnahme kühler Nächte – nach seinen Worten die bislang typische Weinstilis­tik verändern.

Es mag sich zynisch anhören, aber: Noch profitiert der deutsche Weinanbau vom Klimawande­l. Er stellt die Winzer aber auch vor Herausford­erungen. Eine der größten ist die Wasservers­orgung am Weinberg. In besonders warmen und regenarmen Reifemonat­en kommt es dann nämlich zum sogenannte­n Trockenstr­ess, der die Trauben schneller als sonst reifen lässt. Gele-

Gelegentli­ch hören wir dieses Geräusch, wenn eine Katze im Garten Schreie von sich gibt, die durch Mark und Bein gehen. Man wünscht sich dann, das Tierchen könnte seine wie gequält klingenden Geräusche ein wenig harmonisch­er klingen lassen – so wie man etwa die sechs Saiten einer Gitarre vor der Bedienung erst einmal feinjustie­rt. Für diesen Vorgang gäbe es einen Begriff, den man sich allerdings zuvor aus einem anderen Bedeutungs­zusammenha­ngborgen müsste. Dort bezeichnet der Begriff einen Zustand, den man gelegentli­ch nach jenen ausschweif­enden Nächten erlebt, in denen allerlei hö- sen werden muss darum nicht nur früher, sondern auch schneller. „Das Zeitfenste­r der Lese wird immer kleiner“, sagt Stoll. So kann die Qualität der Reben – sollte man die optimalen Zeitpunkt verpassen – auch rasch umschlagen. Die frühe Lese kann bei Feuchtigke­it ein anderes Schreckges­penst der Winzer auf den Plan rufen – das ist unter anderem die Grauschimm­elfäule.

Die Wasservers­orgung im Weinberg wird künftig ein immer wichtigere­s Thema werden; bislang konnte man in Deutschlan­d darauf meistens verzichten. Im Vorteil sind ältere Reben, die auf ihrer Suche nach Wasser bis zu zehn Meter tief wurzeln können. Einst galt die Regel: Je mehr Wasser, desto größer der Ertrag. Demnächst wird es heißen: Je mehr Wasser, desto besser die Qualität.

Die Arbeit und Sorgfalt im Weinberg sowie im Keller wird nicht geringer werden. Und die Ergebnisse bisher bereiten den Winzern keine schlaflose­n Nächte – im Gegenteil: Der 2015er zählt zu den sehr guten, manche sagen auch großen Jahrgängen. Ein warmer Sommer und einsetzend­er Niederschl­ag kurz vor der Lese brachten einen gehaltvoll­en und schön ausgereift­en Wein in die Flasche. Trotzdem blieben die Erträge hoch: Mit fast 8,9 Millionen Hektoliter­n lag die Menge nur unwesentli­ch unter den Erträgen der Vorjahre in Deutschlan­d.

All das soll am kommenden Sonntag zur Sprache kommen, wenn die Rheinische Post zur Wein-Expertenze­it einlädt. Die beiden Pfälzer Winzer Oliver Gabel und Stephan Schwedhelm – die sich unter Weinbauern das Etikett der jungen Wilden erworben haben – werden kommen und ihre 2015er zur Weinprobe reichen. Moderiert und kommentier­t wird die Veranstalt­ung von Gerd Rindchen, der bereits mehrfach zum deutschen Weinhändle­r des Jahres gewählt worden ist.

Die sechs Saiten eines Tierchens

herprozent­ige Getränke konsumiert wurden. Die Sphinx fragt:

Welcher Begriff ist hier gesucht? Lösungen erbitten wir mit vollständi­ger Adresse bis 13. März an die Rheinische Post, Ressort Kultur, „Rätsel der Sphinx“, 40196 Düsseldorf. Die Mail-Adresse lautet: sphinx@rheinische-post.de – unter den richtigen Einsendung­en verlosen wir eine CD. w.g. Auflösung vom 1. März: Wir fragten nach dem Begriff „Osmose“. Gewonnen hat Peter Hübner aus Erkrath. Herzlichen Glückwunsc­h.

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