Warnsignale und Wütende
Schon Minuten nach den ersten Meldungen über den Düsseldorfer Axt-Angriff blühten im Internet die Theorien über islamistische Flüchtlinge, die Deutsche abschlachten wollen. Ein verstörendes Hobby der Wütenden im Netz. Fakten könnten hier weiterhelfen.
Also: Die Tat beging nach bisherigen Erkenntnissen ein Mann, nicht vier, wie es zeitweise im Netz hieß. Er stammt aus dem Kosovo, er lebt seit 2009 hier. Legal. Er hat eine Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen. Eine psychische Erkrankung ist der Grund dafür, dass dieser Mann nicht in seine Heimat zurückkehren muss. Das entscheiden unabhängige Instanzen, nicht naive Gutmenschen oder angeblich regierungstreue Medien, die Deutschland von Muslimen unterwandern lassen wollen. Der Mann ist offenbar krank. Er nahm Medikamente. Paranoide Schizophrenie, lautet die Diagnose. Wer dies als Konsens akzeptiert, kann diskutieren, ob, und wenn ja, wie eine solche Tat zu verhindern wäre. Die Antwort fällt schwerer, als es in einem 140-Zeichen-Tweet zu vermarkten wäre.
Ein psychisch labiler Täter, der sich in einer freien Gesellschaft ein Tatwerkzeug organisiert und Menschen in einem Bahnhof attackiert, ist kaum an der Tat zu hindern. Die Motive, die Hintergründe, die Sozialisierung solcher Amoktäter sind so vielfältig wie ihre Pässe. Die Aggressivität kann in religiösem Eifer begründet sein, muss sie aber nicht. Die Ermittler haben bisher solche Erkenntnisse nicht. Das ist zu akzeptieren. Amokläufe sind auch kein neues Phänomen. Der fatale Irrglaube, mit einer Bluttat aus der vermeintlichen Bedeutungslosigkeit zu entweichen und dem Leben „einen Sinn“zu geben, hat schon viele Verirrte radikalisiert. Das ist keine Entschuldigung für ihr abscheuliches Verhalten, es ist lediglich die Erklärung von Experten, die dies erforschen.
Was kann ein Staat und die ihn tragende Gesellschaft tun? Zumindest dies: wachsam sein. Hinsehen. Präventiv denken. Nach den Amokläufen an Schulen lernen Lehrer und Schüler, welche Zeichen jemand aussenden könnte, der in eine zerstörerische eigene Welt abdriftet. Wenn es zur Tat kommt, ist eine effektive Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden das Maß der Dinge. In Düsseldorf war dies offenbar der Fall. Ein Lob gilt allen beteiligten Stellen.
Die Gedanken müssen nun weg von der Täterfixierung. Überlassen wir den Experten die Motivanalyse. Überlassen wir den Gerichten die Bestrafung. Wenden wir uns den Opfern zu. Ihnen gebührt unser Mitgefühl. Ihnen müssen wir helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Für sie müssen wir da sein. In den nächsten Tagen und Wochen, aber vor allem dann, wenn keiner mehr über die Axt-Tat von Düsseldorf spricht. BERICHT AXT-TÄTER IST PSYCHISCH KRANK . . ., TITELSEITE
Geschmeidige Grüne
Die Grünen haben aus der Wahlschlappe von 2013 ihre Lehren gezogen: Ihr Wahlprogramm 2017 soll möglichst nicht wehtun. Traten sie vor vier Jahren mit einem linken KampfProgramm an, so kommt das neue Programm nun geschmeidiger und unkonkreter daher. Steuererhöhungen sind kaum enthalten und nur für sehr wenige. Eine Vermögensteuer wollen die Grünen zwar einführen, doch ist sie in Wahrheit nur eine Schimäre zur Beruhigung des linken Parteiflügels: Unter den strengen Bedingungen, die die Grünen dafür formulieren, wird sie niemals kommen.
Klarer und härter als 2013 ist die Partei dagegen beim Thema Umwelt: Die 20 dreckigsten KohleKraftwerke will sie sofort abschalten, Autos mit Verbrennungsmotor ab 2030 nicht mehr neu zulassen. Das ist folgerichtig, nimmt man Klimaschutz wirklich ernst. Dass sich die Grünen damit durchsetzen, ist aber mehr als fraglich: SPD und Union setzen auf die Kohle, so lange es geht. Beide möchten auch auf keinen Fall Millionen Autofahrer verprellen, die ihre PS-starken Verbrennungsmotoren ausfahren wollen. BERICHT