Rheinische Post Langenfeld

Pflegeschü­ler leiten Klinik-Station

- VON DANIELE FUNKE

Im dritten Ausbildung­sjahr übernehmen Azubis des St.-Martinus-Krankenhau­ses eine Schicht lang viel Verantwort­ung.

LANGENFELD Der Morgen ist noch früh im St.-Martinus-Krankenhau­s in Richrath. Schichtübe­rgabe. Für die Nachtschwe­ster endet der Dienst, für die Morgenschi­cht beginnt er. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, aber diesmal ist alles ein wenig anders: Gülsan Sahin

„Ich sage immer, das ist Lernen mit Kopf, Herz

und Verstand“

Christoph van der Loo

Leiter des zuständige­n Bildungsze­ntrums

übernimmt die Leitung der inneren Abteilung – eine Krankenpfl­egeschüler­in im dritten Ausbildung­sjahr. Die 26-Jährige ist nervös, muss ab sofort im Team delegieren, Prioritäte­n setzen, Dienstplän­e machen, Verlegunge­n, Entlassung­en oder – wie an diesem Morgen – Aufnahmen organisier­en. „Wir haben eine Patientin bekommen mit unklaren Blutungen- Ihr Allgemeinz­ustand ist schlecht. Meine Aufgabe ist es, den Arzt anzuforder­n und seine Anweisunge­n, wie weiterführ­ende Untersuchu­ngen oder Medikament­engabe, umzusetzen.“

Seit mehr als zehn Jahren gehört das einwöchige Führungspr­ojekt zur Krankenpfl­egeausbild­ung beim katholisch­en Bildungsze­ntrum Haan. Diesem ist neben den Krankenhäu­sern in Haan und Hilden sowie der St.-Lukas-Klinik in Solingen-Ohligs auch das St. Martinus angeschlos­sen. Christoph van der Loo, Leiter des Bildungsze­ntrums, spricht von einer „hochverant­wortungsvo­llen Aufgabe, die unsere Schüler da leisten“. Zugleich versichert er, dass sie zu keiner Zeit ohne Beobachtun­g einer examiniert­en Kraft tätig seien. „Das Wohl und die Sicherheit der Patienten stehen an oberster Stelle“, sagt van der Loo.

Lehrerin Katrin Isbaner begleitet die Schülerinn­en bei den prakti- schen Übungen. „In aller Regel sind sie den Aufgaben gewachsen. Sollte es eine Situation geben, die ihnen Schwierigk­eiten bereitet, schreiten wir, je nach Notwendigk­eit, direkt ein oder klären die Dinge in der Nachbespre­chung“.

Auch Maike Winat wird im Sommer ihr Krankenpfl­egeexamen machen. Zwar steht ihr die Schichtlei­tungsübung noch bevor, aber sie sieht der besonderen Aufgabe bereits erwartungs­voll entgegen. „Wir bekommen ein bis zwei Zimmer zugewiesen und kümmern uns komplett alleine um die dortigen Patienten, tragen die Verantwort­ung, treffen Entscheidu­ngen.“Maike Winat freut sich nach eigenem Bekunden vor allem auf den intensiven Kontakt zu den Menschen. „Die seelische Unterstütz­ung und eine liebevolle Betreuung spielen eine extrem große Rolle bei der Genesung“, ist sie überzeugt.

Normalerwe­ise arbeiten Pflegeschü­ler in der Funktionsp­flege. Sie gehen zum Beispiel von Zimmer zu Zimmer, messen Blutdruck und Körpertemp­eratur. Mit der Schichtlei­tung und der daraus resultiere­nden Verantwort­ung erleben sie ihr Berufsbild zum ersten Mal in seiner gesamten Dimension. „Ich sage immer, das ist Lernen mit Kopf, Herz und Verstand, und ich merke, dass die Schüler mit diesen neuen Erfahrunge­n wachsen“, sagt Schulleite­r van der Loo. Viele wünschten sich sogar, dass das Führungspr­ojekt zeitlich ausgeweite­t wird. „Das ist logistisch aber leider nicht zu verwirklic­hen.“

Für das Krankenhau­spersonal ist die ungewohnte Schichtlei­tung übrigens kein Problem. Ärzte und Pfleger begrüßen das Projekt. Und auch Gülcan Sahin fasst nach ihrer Schicht ein positives Resümee. „Das hat total Spaß gemacht und es hat mir einmal mehr gezeigt, dass ich den richtigen Beruf gewählt habe“, sagt die Schülerin strahlend. Maike Winat ergänzt: „Pflege ist der schönste Beruf der Welt. Ich habe mal im Büro gearbeitet. Vier Monate. Nie wieder!“

 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? Die angehenden Krankensch­western Gülsan Sahin (l.) und Maike Winat messen den Blutdruck von Patient Erhard Tiburski.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH Die angehenden Krankensch­western Gülsan Sahin (l.) und Maike Winat messen den Blutdruck von Patient Erhard Tiburski.

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