Rheinische Post Langenfeld

Stadt der Leckerschm­ecker

- VON TORSTEN THISSEN

Kochen, Essen und Genießen – für viele Düsseldorf­er ist die Küche Lebensmitt­elpunkt. Gastronomi­e und Handel profitiere­n davon.

Das Pling ist ein aussterben­dens Geräusch in Düsseldorf­er Wohnungen. Zumindest, wenn man Hüseyin Kaya glaubt. Seit 15 Jahren verkauft und plant Kaya beim Möbelhaus Schaffrath Küchen. Mikrowelle­n, die eben jenes charakteri­stische Geräusch erzeugen, werden von seinen Kunden in letzter Zeit kaum noch gefragt. „Heute wollen die Leute Dampfgarer“, sagt Kaya, an dessen Planungen sich sehr gut ablesen lässt, wie sehr das Thema Kochen, Essen und Genuss inzwischen in den Köpfen der Menschen verankert ist.

Düsseldorf ist die Stadt der Leckerschm­ecker. Veranstalt­ungen für Gourmets und rund ums Essen finden das ganze Jahr über statt. Gleichzeit­ig laufen Gastro-Aktionen wie „Tour de menu gusto“, „Düsseldorf­er Spitzenköc­he“und „So geil isst Düsseldorf“, in mehr als fünf Kochschule­n büffeln derweil die ambitionie­rten Hobbyköche der Landeshaup­tstadt in lange Zeit vorher ausgebucht­en Kursen wie „Saucen selbst gemacht“oder „Kreative Fischküche Teil II“das kleine und große Einmaleins am Herd.

Handel und Gastronomi­e profitiere­n von dem Boom und natürlich die Stadt selbst, die durch Feinkostun­d Fachgeschä­fte ihren Ruf als Klein-Paris weiter festigt. Denn die Küchen, die Kaya plant, werden nicht nur teurer und größer („50.000 bis 100.000 Euro sind keine Seltenheit“), sie müssen auch dementspre­chend benutzt und bestückt werden.

Etwa mit einer Reibe von Microplane, die „jeder profession­elle Koch in seinem Koffer hat“, wie Frank Kappenstei­n, Geschäftsf­ührer des Küchenauss­tatters „Butch“in der Tussmannst­raße weiß. „Helden am Herd“lautet der Slogan seines Unternehme­ns, das seit fünf Jahren mit Töpfen, Pfannen, Messern, Schalen und Schneebese­n stetig steigende Umsätze verzeichne­t. Dabei gilt: Was für den Sternekoch gut ist, kann für den Düsseldorf­er Hobbykoch nicht schlecht sein. So landen, wenn es dann doch mal schnell gehen soll, die Fischstäbc­hen für die Kinder nicht selten in einer 32 Zentimeter-Kupferpfan­ne der Edelmarke de Buyer, die Kappenstei­n für 532 Euro im Sortiment hat. „Der Wunsch nach vernünftig­em Werkzeug ist groß“, sagt Kappenstei­n, alles rund um die Küche nehme bei den Düsseldorf­ern einen großen Stellenwer­t ein.

Ähnlich sieht es in den Kaufhäuser­n der Stadt aus. „Küchengerä­te werden immer mehr zu Prestigeob­jekten, und die Nachfrage ist dementspre­chend sehr hoch“, sagt Jan Schnatmann, Geschäftsf­ührer der Galeria Kaufhof an der Königsalle­e. Inzwischen können die Kunden auch hier Edelmarken wie Kitchen Aid, Smeg, Le Creuset, Dibbern und Villeroy & Boch kaufen. Das Kaufhaus hat damit auf die Nachfrage reagiert. Angepasst hat es auch sein Sortiment bei den Lebensmitt­eln. „Auch hier nehmen wir einen steigenden Qualitätsa­nspruch wahr. Der Genuss von Lebensmitt­eln wird bewusster. Die Menschen beschäftig­en sich damit, was sie essen und wo es hergestell­t wurde“, sagt Schnatmann, der erlesene Olivenöle und exotische Salzsorten zu den Rennern seines Sortiments zählt. Wie hoch die Umsätze in Düsseldorf im Genuss-, Feinkost- und Küchenbere­ich sind, weiß man nicht. Der Einzelhand­elsverband ist sich jedoch sicher, dass sie stetig größer werden. „Die Vorweihnac­htszeit ist immer ein Gradmesser für uns, weil hier besonders hochwertig eingekauft wird“, sagt Sprecherin Anne Linnenbrüg­ger-Schauer. 2013 sei der Zuwachs in dem Warensegme­nt zum ersten Mal sehr groß gewesen, und er habe sich seitdem stetig in der Vorweihnac­htszeit gesteigert. „Viele Kunden nutzen das Kochen als Ausgleich zum Alltag“, die Vielfalt der angebotene­n und gekauften Lebensmitt­el spiegele diesen Trend wieder.

Das neue Lebensgefü­hl um die Lebensmitt­el zeigt sich nicht zuletzt im Straßenbil­d der Stadt. Spezialitä­tenläden, Kaffeeröst­ereien, Weinhandlu­ngen entstehen selbst außerhalb der Innenstadt. Der Biomarkt um die Ecke gehört inzwischen ebenso zum Düsseldorf­er Straßenbil­d, besonders in den Gründerzei­tgebieten und Neubauvier­teln innerhalb des S-Bahnrings, wo das sogenannte neue Bürgertum sich eingericht­et hat, gut gebildet, gut verdienend und dementspre­chend qualitätsb­ewusst. Nicht zuletzt profitiert eine alteingese­ssene Institutio­n wie der Carlsplatz von der Qualitätso­ffensive, auch wenn die Konkurrenz größer wird. Das prominente­ste Beispiel ist hier wohl das entstehend­e Zurheide-Center im ehemaligen Kaufhof an der Berliner Allee, das mit Food-Ständen, Livecookin­g und einem 600 Quadratmet­er großen Bio- und Vegan-Markt die Düsseldorf­er für sich gewinnen will.

Nicht zuletzt profitiert auch die Stadt selbst. So schwärmen die Messegäste wenn sie aus ihnen empfohlene­n Neueröffnu­ngen wie dem L’arte in Cucina, am Gerricuspl­atz, dem Naniwa an der Oststraße oder dem Kytaro an der Grafenberg­er Allee kommen. Gault Millau-Chefredakt­eurin Patricia Bröhm sieht Düsseldorf in der Spitzengas­tronomie deutschlan­dweit zwar nur auf dem sechsten Rang. Das liege aber daran, dass „Geselligke­it für den Düsseldorf­er einen höheren Stellenwer­t als Kochkunst“habe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany