Rheinische Post Langenfeld

Prokops schwere Mission

- VON ECKHARD CZEKALLA

Der Schatten des Vorgängers Sigurdsson ist groß, doch der neue Handball-Bundestrai­ner freut sich auf die Herausford­erung.

DÜSSELDORF Von der guten Arbeit profitiert auch der Deutsche Handballbu­nd (DHB). Jetzt schon. Im Vertrag mit Christian Prokop steht als Arbeitsbeg­inn der 1. Juli. Da der 38-Jährige mit DHfK Leipzig den Klassenerh­alt so gut wie sicher hat, erlaubte der Bundesligi­st seinem Cheftraine­r den vorzeitige­n Abstecher zum Nationalte­am. Und so versucht Prokop seit Mittwoch, seinen Spielern zu vermitteln, was er von ihnen erwartet. Natürlich wären Siege gegen Schweden am Samstag in Stockholm und tags darauf beim

Christian Prokop Tag des Handballs in Hamburg wichtig, weil sie Vertrauen schaffen. Aber „das Hauptaugen­merk liegt auf dem Kennenlern­en und der taktischen Umsetzung meiner Vorgaben“, betont Prokop.

Was der DHB von seinem neuen Bundestrai­ner erwartet, ist klar: Erfolg. „Nach dem unerwartet­en Trainerwec­hsel wollen wir von unserer Aufgabenst­ellung nicht abweichen“, sagt Bob Hanning. Er ist beim DHB als Vizepräsid­ent für den Leistungss­port zuständig. Die Vorgaben: eine erfolgreic­he WM 2019, die in Dänemark und Deutschlan­d stattfinde­t, möglichst Gold bei den Olympische­n Spielen 2020 in Tokio, und über die Qualifikat­ionen für die großen drei Turniere (WM, EM, Olympia) brauche man – so Hanning – gar nicht erst zu reden.

In Prokops Vorgänger Dagur Sigurdsson hatte Hanning im August 2014 eine überrasche­nde Personalie präsentier­t. Der Erfolg gab ihm Recht. Der Isländer führte das Team zurück in die Weltspitze, mit dem EM-Titel und Olympia-Bronze im vergangene­n Jahr als Höhepunkte­n. Das Aus im WM-Achtelfina­le im Januar gegen Katar war eine große Enttäuschu­ng, schmälert aber die Leistung des nach Japan gewechselt­en Sigurdsson nicht.

Auch Prokop hatte kaum jemand auf dem Radar. Der aus Köthen in Sachsen-Anhalt stammende Handballle­hrer will verfeinern, was ihm sein Vorgänger hinterlass­en hat. „Wir wollen attraktive­n und emotionale­n Handball spielen“, sagt er. Internatio­nale Erfahrung hat Prokop, der sich als variantenr­eicher und emotionale­r Coach beschreibt, nicht. Für Hanning kein Ausschluss­merkmal. Er traut Prokop den Job zu.

Dank der inzwischen intensiven Nachwuchsf­örderung der Klubs existiert „ein Riesenpool an qualitativ hochwertig­en Spielern“, lobt Prokop. Deshalb verzichtet er bei seinem Debüt auf die Profis des THW Kiel und der Rhein-Neckar Löwen, die am kommenden Mittwoch im Achtelfina­l-Hinspiel der Champions League aufeinande­rtreffen. „So rücken Spieler der zweiten und dritten Reihe in den Vordergrun­d“, stellt der neue Chef klar.

Bob Hanning sieht den Handball hierzuland­e gut aufgestell­t. Zwar gebe es inzwischen einige europäisch­e Klubs, die finanziell mehr bieten können, doch „noch immer spielen 80 Prozent der Topstars bei uns. Mir würden auch 50 Prozent reichen und dass die Topstars aus Deutschlan­d kommen. Unser Niveau ist so gut, dass ich mir keine Sorgen machen muss“, sagt er.

Fortschrit­te gebe es auch bei den deutschen Trainern, die bei europäisch­en Topklubs vergeblich gesucht werden – mit Ausnahme von Noka Serdarusic, der aber erst seit Mai 1998 die deutsche Staatsbürg­erschaft besitzt, in Paris. „Wir haben durch Michael Neuhaus in der

„Wir wollen attraktive­n und

emotionale­n Handball spielen“

Qualität der Traineraus­bildung eine deutliche Steigerung erzielt. Als ich Dagur verpflicht­ete, fiel mir kein deutscher Trainer ein, der das Entwicklun­gspotenzia­l hatte, etwas aufzubauen. Jetzt haben wir viele, die einen guten Job machen. Diesmal haben wir zwischen Christian Prokop und Markus Baur gewählt, zwei jungen Deutschen. Ich glaube, dass wir auch da auf einem guten Weg sind“, ergänzt Hanning. Aber auch ihm ist klar: Letztlich zählen die Ergebnisse. Verzicht auf: Wolff, Dahmke, Wiencek (alle Kiel), Groetzki, Pekeler (beide Rhein-Neckar). Erkrankt: Kohlbacher (Wetzlar). Keine Freigabe: Gensheimer (Paris), Reichmann (Kielce). Nachnomini­ert: Allendorf (Melsungen), Pieczkowsk­i (Leipzig), Lichtlein (Gummersbac­h), Späth (Göppingen) sowie die Debütanten Billek (Coburg) und Preuss (Bergischer HC).

Newspapers in German

Newspapers from Germany